Die Flasche ist mit schwarzem Wachs versiegelt und steckt in einem schwarzen Leinenbeutel. Das Etikett besteht nur aus einer Halskrause, die ebenfalls schwarz und mit glänzenden Lackelementen verziert ist. Darauf stehen die Worte „Blanc des Blancs“ und „Vintage 2008“. Mehr nicht. Guter Wein macht nicht viele Worte. Und gut ist, was sich in der Flasche befindet.
„Neues Baby“ des jungen Winzer-Ehepaars
Es ist eine Große Reserve (nach der neuen österreichischen Sekt-Qualitätspyramide), die Manfred und Marion Ebner-Ebenauer, das junge Winzer-Ehepaar aus dem Weinviertel, da auf den Markt gebracht haben, zu hundert Prozent aus Chardonnay-Trauben gekeltert, völlig ungeschwefelt, sieben Jahre auf der Hefe gelagert.
Der 2008er ist der dritte Jahrgang, den sie lancieren, und er ist der bisher beste: farblich ins Goldgelb tendierend, gut strukturiert, kräftig gebaut, cremig-weich, trotzdem von einer bissigen Säure durchzogen, in der Nase viel Zitronentarte und Karamell sowie ein Hauch von Nougat und weißer Schokolade. Die US-amerikanische Weinfachzeitschrift Wine Enthusiast verleiht ihm 95 Punkte. Wein & Co., Österreichs größte Weinladenkette, stellt ihn in eine Reihe mit Dom Pérignon und Roederers Cristal. Und Willi Klinger, Chef der Österreichischen Weinmarketing Gesellschaft, bescheinigt ihm „Weltklasse“.
Letzterem ist nicht zu widersprechen. Österreich hat zwar bereits exzellente Sekte (Willi Bründlmayer, Steininger, Schlumberger, Hannes Harkamp, Stift Göttweig, Malat u. a.), aber dieser setzt Maßstäbe, stilistisch und preislich (50 bis 60 Euro). Viele Méthode Classique-Schaumweine springen nicht über die Messlatte, die die beiden mit ihrem „neuen Baby“, wie sie es nennen, gelegt haben, auch international nicht.
Eher Essensbegleiter als Aperitif
2008 Blanc de BlancsAllerdings verwenden Manfred und Marion Ebner-Ebenauer nicht den biederen Ausdruck „Sekt“ für das Baby. Sie nennen es – siehe oben – Blanc des Blancs. Die Wortwahl zeigt, welche Nähe sie suchen. Mit Billigprodukten, die aus wild zusammengekauften Säften erzeugt und gerade mal neun Monate auf der Hefe gelegen haben, hat ihr Schaumwein nichts zu tun. Zum Anstoßen zu Silvester eignet er sich nicht, als Aperitif ist er zu schade. Dieser Blanc des Blancs ist ein Essensbegleiter für die feine Küche. Er ist ohne Dosage abgefüllt worden, also knochentrocken und passt besser zu einem Geflügel-Cassoulet oder – um in Österreich zu bleiben – zu einem Kalbstafelspitz als zu irgendwelchen Crackern oder Lachsröllchen.
Spontan vergoren
Die Trauben für ihn kommen von den kalkhaltigen Lössböden um Poysdorf, einem Städtchen, das eine knappe Autostunde von Wien und nur ein paar Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt liegt. Dort befindet sich das Weingut Ebner-Ebenauer. Bekannt ist Poysdorf vor allem für seinen Grünen Veltliner, den nahezu jeder im Ort, der ein Stück Land besitzt, anbaut. Das kühle Klima, das die Gegend auszeichnet, macht, dass die Weine von dort vergleichsweise leicht sind und jenes „Pfefferl“ besitzen, das die Österreicher am Grünen Veltliner so lieben.
Chardonnay ist eigentlich keine Sorte, die im Weinviertel zu Hause ist. Sie braucht wärmere Standorte, um ausreifen zu können. Wer die Chardonnay-Trauben aber nutzt, um Sekt zu erzeugen, könnte mit dieser Sorte einen guten Griff getan haben. Der Grundwein wurde übrigens spontan vergoren, wie es bei allen Weinen der Ebner-Ebenauers die Regel ist.
„Ohne Nutten-Restzucker“
Versiegelte AgraffeDie Entscheidung für eine Zero Dosage hatte lange gedauert. Von den ersten beiden Jahrgängen 2006 und 2007 wurden Teilpartien versuchsweise noch mit drei beziehungsweise sechs Gramm Fülldosage versehen. Nicht, dass das Ergebnis enttäuschte. Aber die Ebner-Ebenauers wollten die härtere Gangart: „Wer braucht schon den Nutten-Restzucker bei richtig gut gelagertem Zeug auf der Hefe?“, hat Marion ungeniert der Presse in den Block diktiert. Fast tausend Flaschen haben die beiden durch die Fülldosage-Experimente verloren – bei rund zweitausend Flaschen, die pro Jahrgang erzeugt werden, keine kleine Menge. Aber die Entscheidung war richtig: Bei lange gereiften Schaumweinen erübrigt sich die Dosage.
Warum sieben Jahre auf der Hefe?
Logo Ebner-EbenauerApropos Dom Pérignon, Roederer Cristal und andere Jahrgangs-Champagner: Derartige Vergleiche sind barer Unsinn. Außer den Bläschen hat Ebner-Ebenauers Blanc des Blancs nichts mit den französischen Edelschäumern gemein. Und bei allem Respekt: Ich habe mich beim Verkosten manchmal gefragt, ob dieser Sekt unbedingt sieben Jahre auf der Hefe liegen muss. Vielleicht ist der Grundwein nicht immer stark genug, um so lange zu reifen. Vielleicht hätten vier oder fünf Jahre genügt. Zwar präsentiert sich das „Zeug“ hefefrisch. Aber Tertiäraromen wie Nougat, weiße Schokolade und Karamell sind stark ausgeprägt – viel ausgeprägter als bei vergleichbaren Champagnern gleichen Alters. Leichte Oxydationsnoten sind ebenfalls nicht zu leugnen – geschuldet vielleicht der schwefelfreien Behandlung? Kurz: Man könnte sich durchaus vorstellen, dass noch an einigen Stellschrauben gedreht wird.
Der Wein
2008 Blanc des Blancs „Zero Dosage“ | Weingut Ebner-Ebenauer
Bezug: www.broeding.de (57 Euro), www.meinlamgraben.at (69,90 Euro)