Mittwoch, Dezember 11, 2024
2 C
München
spot_img

Wein und Kalorien: Wie viele hat der Wein?

Die allgemeine Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lautet: maximal 20 Gramm Alkohol täglich für die Frau und 30 Gramm für den Mann. Ein Gramm Alkohol entspricht etwa 7 Kalorien (kcal). So lässt sich schnell ausrechnen, wieviele Kalorien ein(e) Weintrinker/in zu sich nimmt, wenn er/sie sich an die WHO-Regeln hält: Frauen täglich 140 kcal, Männer 210 kcal. Davon wird niemand dick. Nur zum Vergleich: ein einziger Nuts-Schokoriegel schlägt schon mit über 200 Kalorien zu Buche.

Wieviel Glas Wein entspricht die von der WHO festgesetzte, maximale Alkoholdosis pro Tag? Wer einen normalen Wein mit 12,5 Vol.% Alkohol trinkt (egal ob rot oder weiß), nimmt mit einem Glas 9,6 Gramm Alkohol zu sich. Frauen können also bedenkenlos zwei Glas trinken, Männer gute drei. Allerdings dürfen die Gläser nur mit 0,1 l gefüllt sein. Aber wer etwas von Wein versteht, schenkt die Gläser sowieso nicht voll.

In größere Weinkelche darf natürlich auch 0,2 l eingeschenkt werden, damit nicht nur eine Pfütze im Weinglas ist. In diesem Fall dürfen Frauen nur ein, Männer nur anderthalb Glas Wein pro Tag trinken – die Hälfte.

Jede Weinsorte hat einen anderen Alkoholgehalt

Um es noch komplizierter zu machen: Die Zahl der Gläser, die man mit ärztlichem Segen trinken darf, hängt von der Weinsorte ab. Genauer gesagt: vom Alkoholgehalt des Weins. Ein einfacher Riesling hat meist nur 11 Vol.% Alkohol. Von ihm könnte folglich ein Schluck mehr getrunken werden. Hochwertige Rotweine, egal woher, weisen fast immer 13,5 Vol.% Alkohol auf – manchmal auch mehr. Bei solchen Weinen muss der Weintrinker seinen Konsum reduzieren, wenn er die WHO-Richtlinie einhalten will.

Wieviel Alkohol enthält der Wein? Leider ist den allgemeinen Hinweisen, die in Büchern oder Aufsätzen zu diesem Thema gegeben werden, nicht zu trauen. Wer sich beispielsweise ins Internet begibt und versucht, dort Antwort auf die Frage nach dem Alkoholgehalt zu bekommen, ist auf verlorenem Posten. Soviel Falschinformation, soviel Unsinn, auch von glaubwürdig anmutenden Institutionen, findet man selten zu einem Thema.

Wer im Internet sucht, ist meist verloren

Auf der Website meine-gesundheit.de, auf die Google seine User schnell leitet, versuchen sich eine Ärztin und eine Apothekerin an dem Thema. Ihnen zufolge haben Wein und Sekt zwischen 7 und 9 Vol.% Alkohol. Leider falsch. Die meisten Sekte weisen 11 Vol.% Alkohol auf, während die Weine größtenteils zwischen 11 und 14 Vol.% liegen.

„Südweine“, informieren die beiden Doktorinnen weiter, haben 15 bis 17 Vol.% Alkohol. Hoffentlich meinen sie Sherry oder Portwein. Die werden zwar kaum getrunken. Aber dann lägen sie nicht völlig daneben. Meinen sie mit „Südwein“ dagegen einen Sizilianer, hätten sie eine weitere Fehldiagnose gestellt. Die meisten sizilianischen Weine – egal ob weiß oder rot – haben nur zwischen 12,5 und 13 Vol.% Alkohol. Große Gewächse vom Riesling aus dem Norden, etwa der Pfalz, warten dagegen mit 13,5 Vol.% auf. Bei hochklassigen, trockenen Spätburgundern aus Deutschland steht nicht selten auch 14 Vol.% auf dem Etikett. Mit Norden und Süden hat der Alkoholgehalt nichts zu tun.

Bei feinherben und edelsüßen Weinen sitzen die Kalorien im Restzucker

Besser also, man nimmt selbst eine Flasche in die Hand und schaut aufs Etikett. Unten links oder rechts steht kleingedruckt der Alkoholgehalt – allerdings nur in Vol.% und nicht in Gramm. Man muss also wissen, dass

1 Vol.% Alkohol = ca. 8 Gramm Alkohol

entsprechen. Ein Sizilianer mit 12,5 Vol.% enthält also 100 Gramm Alkohol. Pro Liter! Da eine Weinflasche aber nur 0,75 Liter fasst, entspricht die Alkoholmenge in der Flasche nur 75 Gramm. Natürlich gibt es auch Weine, die nur 10 Vol.% aufweisen, einige sogar nur 7,5 Vol.%. Doch Vorsicht! Diese Weine sind restsüß. Meistens handelt es sich um feinherbe Kabinettweine oder edelsüße Auslesen. Bei denen sitzen die Kalorien nicht im Alkohol, sondern im Restzucker.

Damit die Gesundheitsbewussten unter den weinkenner.de-Besuchern nun nicht ständig einen Taschenrechner zur Hand nehmen müssen, bevor Sie ein Glas Wein trinken, haben wir alles Wichtige in einer Tabelle zusammengestellt (nächste Seite):

Alkoholgehalt
in Vol.%
Alkoholgehalt
in Gramm pro 0,75 l-Flasche
Kalorien
pro 0,75 l-Flasche
Anzahl
0,1 Liter-Gläser bei 20 gr Tagesdosis (Frauen)
Anzahl
0,1 Liter-Gläser bei 30 gr Tagesdosis (Männer)
Beispielweine
10 Vol.% 60 gr 420 kcal 2,5 3,7 Restsüße
Rieslinge, Vinho
Verde
11 Vol.% 66 gr 462 kcal 2,3 3,4 Sekt*,
Champagner*, Riesling halbtrocken*
12 Vol.% 72 gr 504 kcal 2,1 3,2 Dornfelder,
Riesling trocken, Pinot Grigio
13 Vol.% 78 gr 546 kcal 2 2,9 Südafrika
weiss, Bordeaux, Chianti u.a.
14 Vol.% 84 gr 588 kcal 1,8 2,7 Spätburgunder
Auslese, kalif. Cabernets u.a.
15 Vol.% 90 gr 630 kcal 1,7 2,5 Amarone,
Zinfandel, Primitivo, Fino Sherry

* Bei lieblichen und halbtrockenen Weinen kommt bei der Kalorienberechnung noch der Restzucker hinzu. Ein leichter Wein ist deshalb nicht zwangsläufig ein kalorienärmerer Wein. Das gilt auch für Sekte und Champagner. Alle Brut-Qualitäten weisen einen Zuckerrest auf, der im halbtrockenen Bereich liegt.

Zu guter Letzt: Das Problem mit dem Risiko

Übrigens: Was heißt eigentlich risikolos? Für Mediziner bedeutet es, dass auch Menschen mit geringem Körpergewicht und entsprechend kleinerer Leber, mit niedrigerem Körperumsatz oder ungesunder Lebensweise, durch den Weingenuss keinen Schaden nehmen. Was aber ist mit denen, die ein normales Körpergewicht haben, nicht rauchen und sich nicht nur von Mineralwasser, Magerjoghurt und Salat ohne Dressing ernähren? Dürfen die ein Glas mehr trinken? Die Antwort kann sich jeder selbst geben. Wer trotzdem unsicher ist, hier das Resumé einer repäsentativen Harvard-Studie zu diesem Thema: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine gesunde Frau mit moderatem Weinkonsum (bis 30 Gramm Alkohol täglich) innerhalb von acht Jahren fünf Kilogramm Gewicht zunimmt, ist geringer als bei Nichttrinkern. Erstaunt? Lesen Sie nach auf der Internetseite der  Deutschen Weinakademie. Es schadet also nicht, sich hin und wieder mal einen guten Tropfen zu genehmigen.

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img