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Berlinale 2012: Goldener Bär für ausgesuchte deutsche Weine

Die Berlinale hatte es in den letzten Jahren nicht leicht, sich gegen die Festivalkonkurrenz in Cannes oder Venedig zu behaupten. Herausragende Filme laufen in Berlin schon seit längerem nicht mehr unbedingt im Wettbewerb, sondern immer öfter außer Konkurrenz, zuletzt der Eröffnungs-Western „True Grit“ von den Coen-Brüdern. Renommierte Regisseure wie Lars van Trier oder David Cronenberg schickten ihre Werke lieber ins Rennen um die Goldene Palme als um den Goldenen Bären. Über Qualität und Exklusivität der ausgewählten Wettbewerbsbeiträge mag man streiten. Fakt ist, dass die interessantesten Streifen mittlerweile in den zahlreichen Nebenreihen zu sehen sind.

Nicht nur beim Riesling sehr gut aufgestellt

Bei den ausschließlich deutschen Weinen, die zu den zahlreichen Galas, Empfängen und in den Lounges der 62. Filmfestspiele in Berlin ausgeschenkt werden, fehlen zwar ebenfalls die ganz großen Namen. Doch die auserkorenen Weine sind nicht nur vorzeigbar, sondern untermauern auch den Anspruch Deutschlands, nicht nur beim Riesling, sondern auch in anderen Weiß- und Rotweindisziplinen gut, ja sehr gut aufgestellt zu sein. Mancher der Weine, auch wenn sein Erzeuger namentlich nicht zu den A-Promis gehört, ist von einem Niveau, das im Einzelfall durchaus bestentauglich ist – die Genossenschaften eingeschlossen.

Bereits zum fünften Mal ist das Deutsche Weininstitut (DWI) offizieller Partner der Berlinale. Eine Jury, der Berliner Sommeliers, Mitarbeiter der Berlinale, Vertreter der beteiligten Anbaugebiete sowie die Deutsche Weinkönigin Annika Strebel angehörten, suchten die 18 Weiß- und Rotweine für die Filmstars und prominenten Gäste aus. Insgesamt verkostete das Gremium rund 60 vorausgewählte Weine. Weit mehr als 100 Weine und Erzeuger hatten sich laut DWI für die Berlinale-Weine 2012 beworben.

Festivalchef Kosslick als Weinliebhaber bekannt

Die qualitätsvollen Tropfen stammen aus unterschiedlichen Weinregionen Deutschlands. Sie werden mit Unterstützung der Landwirtschaftsministerien von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie den regionalen Weinwerbungen von Rheinhessen, Pfalz, Mosel, Baden und Württemberg bereitgestellt. Die Erzeuger dürfen ihre ausgewählten Weine ab sofort als „Offizieller Berlinale Wein 2012“ auszeichnen und vermarkten.

Dieter Kosslick, seit 2001 Berlinale-Direktor, ist als Weinliebhaber auch überregional bekannt. Im März zeichnete ihn das Magazin „Der Feinschmecker“ als „Weingourmet des Jahres“ aus. Unter seiner Ägide entstand die Berlinale-Sektion „Kulinarisches Kino“, die Filmgenuss und Gaumenfreuden miteinander verbindet. Der 63-Jährige würde wohl kaum dulden, dass sein Festival durch schlechte Weine Schaden nimmt.

Großer Zuspruch auch von internationalen Gästen

In den vergangenen Jahren jedenfalls kam die Wein-Auswahl aus deutschen Landen bei den nationalen und internationalen Gästen gut an. Nach einem Dinner im Berlinale Dining Club, unter anderem mit einem badischen Spätburgunder, gestand Mario Adorf, bekennender Liebhaber italienischer Weine: „Früher habe ich deutsche Rotweine gemieden, heute trinke ich sie gerne.“

Wer vom 9. bis 19. Februar über den roten Teppich schreiten wird, steht bis dato noch nicht fest; das vollständige Berlinale-Programm wird erst Mitte Januar veröffentlicht. Die Fans dürfen aber auf Tom Hanks und Bollywood-Ikone Shahrukh Khan hoffen. Auch die Jury ist wie immer prominent besetzt: Unter der Leitung des britischen Regisseurs Mike Leigh werden die Schauspielerinnen Charlotte Gainsbourg und Barbara Sukowa, der französische Filmemacher François Ozon, sein iranischer Kollege Asghar Farhadi, der niederländische Fotograf und Regisseur Anton Corbijn, der US-amerikanische Schauspieler Jake Gyllenhaal und der algerische Schriftsteller Boualem Sansal über die Vergabe des Goldenen und der Silbernen Bären befinden.

Und selbst wenn 2012 den Kritikern wieder etliche Wettbewerbsfilme nicht preisverdächtig erscheinen mögen – die Berlinale-Weine sind es allemal.


Die Berlinale-Weine 2012

BADEN

2009 Sasbacher Rote Halde, Spätburgunder Rotwein Spätlese trocken, Winzergenossenschaft Sasbach, Baden

2009 Spätburgunder Rotwein, Qualitätswein trocken, Weingut Villa Heynburg, Kappelrodeck, Baden

2010 Durbacher Plauelrain, Klingelberger (Riesling), Spätlese trocken, Durbacher Winzergenossenschaft,Baden

2010 Edition „Peter Steger“, Weißer Burgunder QbA trocken, Badischer Winzerkeller eG, Baden

2009 Oberbergener Bassgeige, Spätburgunder Rotwein trocken Edition TT, Winzergenossenschaft Oberbergen, Baden

 

MOSEL

2010 Bernkasteler Lay, Riesling Spätlese trocken,Weingut Stiftung St. Nikolaus-Hospital

2010 Lieserer Niederberg Helden, Riesling Kabinett trocken, „Goldschild“,Moselland eG, Mosel

 

RHEINHESSEN

2008 Ludwigshöher Honigberg; Spätburgunder trocken; Weingut Lamberth; Rheinhessen

2010 Saulheimer Silvaner trocken; Alte Reben; Winzerhof Thörle; Rheinhessen

2010 Siefersheimer Heerkretz; Silvaner trocken  Selection Rheinhessen; Weingut Alte Schmiede; Rheinhessen

 

WÜRTTEMBERG

2008 Spätburgunder trocken, Reserve, Collegium Wirtemberg, Württemberg

2009 Lemberger trocken, Signum II, Weingärtner Brackenheim, Württemberg

2009 Trollinger trocken ***, Weinmanufaktur Untertürkheim, Württemberg

2010 Riesling trocken ***, Weinmanufaktur, Untertürkheim, Württemberg

2010 Justinus K. trocken, Collegium Wirtemberg, Württemberg

 

PFALZ

2010 Weißburgunder trocken, Weingut Lucashof, Pfalz

2009 „Z“ Rotwein trocken, Oliver Zeter, Pfalz

2010 „1838“ Rotwein-Cuvèe trocken Creation,Weingut Bergdolt-Reif & Nett, Pfalz

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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