Aus der Krise nach oben. Das war der Weg der Südtiroler Weinwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten. Erträge runter, Qualität rauf hieß die Devise, die die kleine Region dahin gebracht hat, wo sie heute steht. Es waren und sind Winzer mit einer Vision und Überzeugungskraft, Vorreiter, die ihren Weinen besonderen Stellen erarbeitet haben und die hier vorgestellt werden. Teil I: die Weißweine
Chardonnay Lafoa, Kellerei Schreckbichl, Girlan
Der Lafoa-Weinberg war gewissermaßen eine Keimzelle der Südtiroler Qualitätsoffensive der 1980er Jahre. Hier machte Luis Raifer, seinerzeit Obmann der Schreckbichler Genossenschaft, fast alles anders. Er pflanzte auf dem schottrigen Plateau Chardonnay und andere internationale Sorten, reduzierte die Erträge, damals ein Sakrileg, und baute die Weine in kleinen Eichenholzfässern aus, wie er es in Kalifornien gesehen hatte. Auch das Jugendstil-Etikett der Lafoa-Weine war seiner Zeit weit voraus. Der Erfolg gab dem Pionier und seinen Mitstreitern recht. Bis heute steht gerade der Chardonnay Lafoa in der ersten Reihe der Weine, die Südtiroler Weingeschichte geschrieben haben. Komplex in der Aromatik und anhaltend im Geschmack verbindet er tiefgründige Ernsthaftigkeit mit der typischen Trinkfreudigkeit Südtiroler Weine. Um 26 Euro.
Bezug: www.koelner-weinkeller.de/
Gewürztraminer Nussbaumer, Kellerei Tramin
Willi Stürz, Kellermeister der Kellerei Tramin, wird auch gerne als Mister „Gewürztraminer“ bezeichnet. Zu recht. Ihm gelang es, aus der Vorzeigesorte einen großen Klassiker zu kreieren, den Gewürztraminer Nussbaumer. Der heimst seit über 20 Jahren national wie international eine Auszeichnung nach der anderen ein. Die Rebe hat gern warme Füße, wofür die sonnigen Lagen um und oberhalb der Gemeinde Tramin sorgen, dazu einen kühlen Kopf, was die nächtlichen Fallwinde von den Bergen übernehmen. So entsteht ein Wein mit opulenter, facettenreicher Aromatik von tropischen Früchten, Kräutern und Gewürzen. Der saftig-weiche Geschmack mit mineralischen Anklängen geht in einen langen Abgang über. Aktueller Jahrgang 2019; um 24 Euro.
Bezug: www.superiore.de/
Gewürztraminer Epokale, Kellerei Tramin
Den Traminer Winzergenossen unter Leitung von Willi Stürz ist es sogar gelungen, auf den Nussbaumer einen noch spektakuläreren und noch enthusiastischer gefeierten Wein draufzusetzen. Der „Epokale“ stammt von bis zu 30 Jahre alten Rebstöcken. Das absolut Außergewöhnliche: Der Wein reift nach seiner Gärung und Abfüllung in Flaschen rund sechs Jahre auf über 2000 Metern Höhe in einem aufgelassenen Bergwerk im Ridnauntal nahe dem Alpenhauptkamm bei konstanten 11 Grad Celsius und einer Luftfeuchte von 90 Prozent. Der Wein mit deutlicher Restsüße, die von Jahrgang zu Jahrgang variiert, ist „von symphonischer Fülle – nicht laut,aber vielstimmig“, schreibt Weinkenner-Chefredakteur Jens Priewe in einem großen Bericht. Der Epokale vom Jahrgang 2009 war der erste italienische Weißwein, der mit 100 Parker-Punkten bewertet wurde. Aktueller Jahrgang 2013, um 150 Euro.
Bezug: www.superiore.de/
Weissburgunder Vorberg, Kellerei Terlan
Es gab Zeiten, da galt die Regel, dass Südtiroler Weine jung getrunken werden müssen. Ein Wein, der kräftig mitgeholfen hat, diese Regel vergessen zu lassen, ist der Vorberg der Kellerei Terlan. Eine Urgewalt von einem Weißburgunder, wie er wohl nur hier entstehen kann. Er wächst auf quarzhaltigem Gestein vulkanischen Ursprungs, geringe Niederschlagsmengen tragen zu einer natürlichen Mengenreduzierung bei, große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht fördern die Aromenausbildung. Vergoren und gereift im großen Holzfass, bringt er eine außergewöhnliche Mineralität ins Glas und an den Gaumen, die sich am schönsten nach einigen Jahren der Flaschenreife entfaltet. Aktueller Jahrgang 2017; um 28 Euro.
Bezug: www.gute-weine.de/
Terlaner Grande Cuvée, Kellerei Terlan
Die traditionelle Terlaner Cuvée besteht zur Hälfte aus Weißburgunder bzw. Chardonnay, dazu kommen Sauvignon blanc und/oder andere weiße Rebsorten. So gesehen ist die Grande Cuvée der Kellerei Terlan ein Terlanissimo, ein Maximum des Möglichen. „Wir waren auf der Suche nach einem Wein, der unsere über hundertjährige Tradition verkörpern und die Größe unserer besten Reben und Weinberglagen in sich vereinen würde“ erklärt Kellermeister Rudi Kofler die Entstehung seiner prestigeträchtigen Kreation aus weit überwiegend Weißburgunder dazu kommen Chardonnay und Sauvignon, je nach Jahrgang in variablen Anteilen. Niedrige Erträge von alten Reben auf besten Standorten, selektive Handlese, Gärung und Reife im großen Holz, eine Vermählung der einzelnen Partien über ein Jahr nach der Lese erbringen einen Wein von faszinierender Komplexität und großem Potenzial, einen Wein, der auf dem Weg ist, eine Ikone zu werden. Aktueller Jahrgang 2017; um 200 Euro.
Bezug: www.superiore.de/
Weissburgunder Sirmian, Nals Margreid
Gerade im Etschtal zeigt der Weißburgunder sein Talent für Spitzenqualitäten. Zu denen gehört zweifellos der Sirmian, der Paradewein der kleinen, feinen Genossenschaft Nals-Margreid. Er ist benannt nach seiner Herkunft, dem Weiler Sirmian, wo die Reben auf vielfältigem Untergrund aus Porphyr, Marmor, Gneis, Glimmer und Kalk stehen. Aromatische Komplexität und geschmeidig-fülliger, aber zugleich frischer, anhaltender Geschmack zeichnen den Wein aus, der zuverlässig national und international hohe Bewertungen erzielt. Aktueller Jahrgang 2019; um 20 Euro.
Bezug: www.hawesko.de/
Feldmarschall von Fenner, Müller-Thurgau, Weingut Tiefenbrunner, Entiklar
Müller-Thurgau? Ja, aus dieser oft belächelten Rebsorte wird einer der prominentesten Weine Südtirols gekeltert. Auf den Standort kommt es an, und der ist beim „Feldmarschall“ tatsächlich außergewöhnlich. In tausend Metern Seehöhe, hoch über dem Südtiroler Unterland liegt der Fennberg, ein sanft abfallendes, nach Süden ausgerichtetes Plateau. Hier stehen die Reben in kühler Luft. Das Mikroklima sorgt für einen langsamen Reifeprozess, aus dem tiefe Aromatik (Pfirsich, Aprikose, mineralische Noten) und eine belebende dabei reife Säure resultieren sowie ein Reifepotenzial für gut zehn Jahre. Aktueller Jahrgang 2018; um 38 Euro.
Bezug: www.weinfurore.de/
Chardonnay Löwengang, Alois Lageder
Alois Lageder stand immer vorne und war oft einen Schritt voraus. Davon zeugt besonders der Chardonnay Löwengang, wohl der erste Weißwein Südtirols, der in den 1980ern auch international für Furore sorgte. Die bis zu 72 Jahre alten Rebstöcke stehen auf kalkigem Boden um den Ansitz Löwengang im Südtiroler Unterland. Sie werden biodynamisch kultiviert, der Most vergärt spontan mit den weinbergseigenen Hefen in Barriques und großen Holzfässern, in denen eranschließend auf der Feinhefe reift und vor dem Verkauf noch ein Jahr in der Flasche verbringt. Ein Wein, der in sich selbst ruht und dabei eine enorme Spannung vermittelt, die über lange Jahre der Reife anhält. Er zeigt Kraft, Komplexität und Harmonie, alles Attribute eines großen Weins. Aktueller Jahrgang 2017; um 45 Euro.
Bezug: www.bergwein-shop.com/
Sauvignon St. Valentin, Kellerei St. Michael, Eppan
Mit seinem Antritt als Kellermeister in St. Michael wurde Hans Terzer zu einem Antreiber der Qualitätsrevolution in Südtirol, die Ende der 1980er Jahr an Fahrt aufnahm. Mit dem Weißburgunder Schulthauser setzt er erstmals Maßstäbe. Der ganz große Wurf wurde im Jahr 1989 der Sauvignon blanc aus der damals neuen Premium-Linie „St. Valentin“. Mit seinem intensiven aber nicht lauten Duft und mineralischer Tiefe ist der Wein seither auf Höchstbewertungen geradezu abonniert und weltweit auf den Weinkarten von Spitzenrestaurants zu finden. Aktueller Jahrgang 2019; um 23 Euro.
Bezug: www.belvini.de/