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Adi Schmid über Kollwentz: „Österreichs bestes Weingut“

Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster: Das Weingut Kollwentz aus Großhöflein im Burgenland ist nach meiner Meinung das beste Weingut Österreichs. Seine Weine können sich mit den größten dieser Welt messen. Die Weißweine – vorwiegend Chardonnay und Sauvignon Blanc – haben Weltniveau. Die Rotweine sind von unglaublicher Tiefgründigkeit, die Süßweine vom allerfeinsten – wenn der Jahrgang mitspielt. Das ist nicht nur meine Meinung. Das ist Fakt. Was die Familie Kollwentz geleistet hat und leistet, ist vorbildlich.

Kollwentz stand schon früh für Qualität und Innovation

Doch von Anfang an. Anton Kollwentz wuchs in einem Betrieb mit gemischter Landwirtschaft auf mit Äckern, Wiesen, Tierhaltung und Wein. Ihn interessierte aber nur der Weinbau. Schon mit 18 Jahren – also 1958 – übernahm er den Keller. Er absolvierte die Weinbauschule in Eisenstadt und stieg 1966 mit seiner Frau Margarete den elterlichen Betrieb ein. Sein Bruder übernahm die landwirtschaftlichen Flächen und ist heute einer der größten Agrarunternehmer im Burgenland. Anton Kollwentz konzentrierte sich auf den Weinbau. Als Weinbauer stand er von Anfang an für Qualität und Innovation. Er war einer der ersten, der den Zweigelt auf ein hohes Qualitätsniveau hob und schon früh im Blaufränkischen die wichtigste rote Rebsorte des Burgenlands erkannte.

Andi und Anton Kollwentz, © Weingut Kollwentz

Chardonnay statt Weißburgunder

Dabei erwies sich Kollwentz schon in seinen frühen Jahren als ein Marketinggenie. Er hat nicht auf Kunden gewartet, sondern ging auf diese zu. Er hat Weine aus dem großen Jahrgang 1969 in sein Auto gepackt und begab sich gen Westen. Die großen Häuser am Arlberg waren sein Ziel. Schon auf seiner ersten Station in Saalbach hatte er Erfolg und konnte – überwiegend Süßweine – platzieren. In weiterer Folge hat er auch am Arlberg reüssiert und stand mit seinen Weinen bald auf den Weinkarten der besten Restaurants – anfangs halt nur mit seinen Süßweinen. Doch er hatte den Fuß in der Tür. Und bald griff er mit seinen trockenen Weinen an. Er hatte frühzeitig erkannt, dass er mit dem Weißburgunder nicht reüssieren würde und setzte auf Chardonnay. Bingo! Auf den kühlen Kalkböden des Leithagebirges war der Chardonnay genau die richtige Wahl.

Seine Liebe gilt dem Blaufränkisch, aber auch dem Cabernet Sauvignon

Bei den Rotweinen galt und gilt seine Liebe dem Blaufränkisch. Überhaupt interessierten ihn Rotweine mit Tannin und Körper. So kam er auch auf den Cabernet Sauvignon, den er mittels einer Sondergenehmigung des Landes auspflanzen durfte, quasi als Versuchswein. Die erste Ernte gab es 1983: ein warmer Jahrgang, klimatisch eine Sensation in der damaligen Zeit. Folglich ein toller Wein, der in jenem Jahr aus dieser Sorte entstand. Gegen Mitte der 1980er Jahre – also zu Beginn des österreichischen Rotweinbooms – reiste Kollwentz nach Bordeaux. Sein Interesse galt dem biologischen Säureabbau, den man in Österreich bis dato nicht kannte. Auch in den Weinbauschulen war der BSA damals noch kein Thema. In den darauffolgenden Jahren entwickelte Kollwentz dann den Steinzeiler, eine Rieden-Cuvée aus Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon, Zweigelt und bis heute einer der größten Rotweine Österreichs, mittlerweile auch von internationaler Reputation.

1971er Steinzeiler: ein historischer Wein

Ich hatte heuer Gelegenheit, einen 1971 Blaufränkisch Steinzeiler zu trinken (als Erzeuger stand auf dem Etikett noch Römerhof/Groß Höflein). Natürlich war es schon ein etwas zerbrechlicher Wein mit dezenten Anklängen an Dörrzwetschgen, Himbeeren, Rauch & Tabak, Rosenblüten. Aber der Gerbstoff tänzelte noch ziemlich behände auf der Zunge, das Säurespiel war fein, der ganze Wein subtil und elegant: ein weingeschichtliches Erlebnis.

Präsident der Renommierten Weingüter Burgenland

Im Jahr 1995 wurde der Verein Renommierte Weingüter Burgenland gegründet, dem Anton Kollwentz zehn Jahre lang als Präsident vorstand. Ich habe ihn in so mancher Weinverkostung in dieser Zeit erlebt. Auch wenn seine Weine nicht immer auf den vordersten Plätzen landeten, gratulierte er fairerweise seinen Mitbewerbern zum Erfolg. Neid ist ein Charakterzug, den man bei Kollwentz nicht antrifft.  Übrigens war er auch ein passionierter Waidmann. Nach der Jagd kehrte die Jagdgesellschaft meist in ein Gasthaus ein. Es gab Wild. Die meisten seiner Kollegen tranken Bier dazu, er trank natürlich Rotwein. Einmal hat er mir sein Leid geklagt. Die Natur, sagte er, liefere ihm nur einmal im Jahr Trauben. Sollte es aus irgendwelchen Gründen nicht klappen, einen guten Wein hinzukriegen, müsse er ein ganzes Jahr lang warten, um es besser zu machen. Ein Koch hätte es da leichter. Wenn ein Gericht nicht so gelungen ist, macht er es halt noch einmal. Vom überaus großen Jahrgang 1997 gab es erstmals einen Rotwein namens PRIVAT, erzeugt von den ältesten Reben seines Besitzes und besten Fässern im Keller: ein herrlicher Wein, der bei Kritikern höchste Belobigungen erfuhr.  Dennoch verfolgte Kollwentz dieses Projekt nicht weiter. Das  Schielen nach 100/100 Punkten war ihm fremd.

80 Jahre alt und immer noch in den Reben

Im Juni 2020 hat Anton Kollwentz seinen 80. Geburtstag gefeiert. Das Weingut hatte er bereits 2001 seinem Sohn Andreas überschrieben. Andi, wie er überall in Österreich gerufen wird, hat sich ein stupendes Wissen über die Weine dieser Welt angeeignet und das Weingut in neue Höhen katapultiert. Inzwischen steht Andis Tochter Christina, Absolventin der Weinbauschule Klosterneuburg, schon in den Starlöchern. Und Anton Kollwentz selbst geht nach wie fast täglich in die Weingärten, um sie in Schuss zu halten – immerhin 25 Hektar. Um die Zukunft der Kollwentzschen Weine muss einem also nicht bange sein.

Ich habe die Weine der Jahrgänge 2019, 2018 und 2017 verkostet, die jetzt im Handel sind. Hier sind meine Kommentare:

2019 Sauvignon Blanc Steinmühle
Eine Granate, in diesem Jahrgang floss der Methusalem-Part – die ältesten Reben – in diesen Wein ein. Ein Sauvignon Blanc von unglaublicher Finesse. Preis: ca. 25 Euro

2018 Sauvignon Blanc Steinmühle „Methusalemreben“
Ein mächtiger, kompakter Wein mit einen Hauch Restzucker, der ihm eine verführerische Opulenz verleiht, von uralten Rebstöcken, gewachsen auf kargen Flintstein- und Silexböden. Enormes Lagerpotenzial. Preis: ca. 41 Euro

2019 Chardonnay Leithakalk
Schon Kollwentz einfachster Chardonnay vom Leithaberg ist ungemein pointiert, besitzt eine cremige Textur, einen Hauch Vanille und eine ausgeprägte kalkige Salzigkeit. Preis: ca. 22 Euro

2018 Ried Neusatz
Dieser Chardonnay aus Kollwentz’ wärmster Lage am Leithaberg besticht durch vibrierende Frische, ist straff und dicht gewoben, besitzt eine außerordentliche mineralische Feinstrahligkeit, Duft und Geschmack erinnern an gelbe Früchte. Preis: ca. 45 Euro

2018 Ried Tatschler
Ein kraftvoller Chardonnay voller Würze und mit tollem Körper, perfekt strukturiert. Gewachsen auf kalkhaltigen Schieferverwitterungsböden in einer besonderen Lage, die schon im Spätmittelalter urkundlich erwähnt wurde. Preis: ca. 52 Euro

2018 Ried Katterstein
Ein beeindruckender Chardonnay, in vielen kleinen, hoch gelegenen Parzellen auf Kalkboden gewachsen, voller Spannkraft, dunkle Mineralität ausstrahlend, von enormer Tiefe. Burgund lässt grüßen. Preis: ca. 54 Euro

2018 Ried Gloria
Ein Chardonnay voller Finesse und Eleganz, aus den am höchsten gelegenen und kühlsten Weinbergen am Leithaberg kommend, viele Facetten zeigend, von burgundischer Exotik. Muschelkalkböden. Preis: ca. 58 Euro

2017 Blaufränkisch Leithakalk
Ein ungemein animierender Rotwein von den warmen Südhängen des Leithaberges, wo ihm die Böden eine unglaubliche Frische und Rasse verleihen. Preis: ca. 21 Euro

2017 Eichkogel
Eine Cuvee aus Blaufränkisch (70%) und Zweigelt (30%): feinste Fruchtwürze, dunkelbeerig, Waldbeeren, Tabaknoten, Extraktsüße, sehr nuanciert. Preis: ca. 31 Euro

2017 Blaufränkisch Ried Setz
Ein zart strukturierter Wein aus einer warmen Riede am Leithaberg: feine Würze, große Eleganz, hochkomplex. Preis: ca. 55 Euro

2017 Blaufränkisch Ried Point
Die Südlage und der kalkige Lehmboden haben einen vollmundigen, ausdrucksstarken Wein geschaffen: würzig mit Nougatnoten, perfekter Holzeinsatz, mundfüllend. Preis: ca. 55 Euro

2017 Cabernet Sauvignon’
Reich strukturierter Wein, der im warmen Klima des Burgenlandes zu beeindruckender Größe reift, strahlendes Fruchtspiel, viele Cassis-Noten, feste Tannine, tolle Länge, große Zukunft.

2017 Steinzeiler (BF, CS, ZW)
Hochkomplexer Rotwein von internationaler Klasse, enorm dicht gewoben mit Nougat-, Kräuter-, Tabak- und Schwarzkirsch-Aromen, saftige Fülle, betörend charmant. Weltklasse.

 

Die Kollwentz-Weine gibt es in Deutscland bei www.bremer-weinkolleg.de, www.wein-baule.de, www.weinfurore.de, www.weingrube.de u.a., in der Schweiz bei www.vonsalis.ch, in Österreich bei www.weinco.at, www.weinshop24.at und natürlich beim Weingut selbst: www.kollwentz.at

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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