Castello di Radda: Chianti Classico in nie dagewesene Höhen gehievt

© Castello di Radda.
Die Weinerzeuger im Chianti Classico besinnen sich zunehmend auf alte Stärken. Das Resultat sind Weine, wie es sie so vorher noch nie gab. Beispiel: Castello di Radda

Tos­ka­na ist Wein­land, Ita­li­ens bedeu­tends­tes, viel­leicht auch schöns­tes. Und das Herz die­ses Wein­lands war und ist das Chi­an­ti Clas­si­co, eine sanft hüge­li­ge Land­schaft zwi­schen Flo­renz und Sie­na, über­zo­gen von einem grü­nen Tep­pich medi­ter­ra­ner Krüp­pel­eichen­wäl­der, in die mit­tel­al­ter­li­che Dör­fer wie ein Farb­tusch hin­ein­ge­tupft sind, dazwi­schen silb­rig glän­zen­de Oli­ven­hai­ne und immer wie­der Wein­ber­ge, Wein­ber­ge, Wein­ber­ge. Eine Land­schaft von magi­scher Schönheit.

Das Ziel: authentische Weine mit Charakter

Mit­ten­drin im Chi­an­ti Clas­si­co liegt das Cas­tel­lo di Rad­da, ein Wein­gut, das ent­ge­gen sei­nem Namen kein Schloss ist, son­dern ein Gebäu­de im Stil eines tra­di­tio­nel­len tos­ka­ni­schen Rusti­co aus hel­lem Natur­stein, wie er für das Chi­an­ti typisch ist. Ent­wor­fen hat es ein moder­ner Archi­tekt. Cas­tel­lo di Rad­da ist näm­lich kein altes Wein­gut. Es wur­de erst 2003 gegrün­det mit dem Ziel, den tra­di­tio­nel­len Wein der Gegend, also den Chi­an­ti Clas­si­co, in Höhen zu hie­ven, die er in sei­ner fast tau­send­jäh­ri­gen Geschich­te noch nie erreicht hat. Heißt: das Bes­te aus dem zu machen, was Böden und Reb­sor­te her­ge­ben, und dabei kei­nen Auf­wand zu scheuen.

Sangiovese-Trauben © Cas­tel­lo di Radda.

Aber was ist das Bes­te? Auf jeden Fall soll­te es ein authen­ti­scher Wein sein, der Cha­rak­ter besitzt, unver­wech­sel­bar ist und nicht ver­sucht, ande­re Wei­ne zu kopie­ren. Also kei­ner jener glatt geschlif­fe­nen Wei­ne im inter­na­tio­na­len Stil, wie sie lan­ge Jah­re in der Tos­ka­na Mode waren und von Kri­ti­kern und Händ­lern über­all auf der Welt gehypt wur­den. Gut schme­cken soll­te er natür­lich aus.

Schon der einfache Chianti Classico erhält hochrespektable 92 Punkte

Die­sem Ziel ist das Cas­tel­lo di Rad­da ande­ren Wein­pro­du­zen­ten in man­cher­lei Hin­sicht vor­aus. So ver­zich­tet das Wein­gut bei sei­nen drei Chi­an­ti Clas­si­co kon­se­quent auf „weich­ma­chen­de“ inter­na­tio­na­le Reben­sor­ten, obgleich die­se nach den Pro­duk­ti­ons­sta­tu­ten zu bis zu 20 Pro­zent erlaubt wären. Der 2019er Chi­an­ti Clas­si­co ent­hält neben San­gio­ve­se, der Haupt­sor­te, ledig­lich zehn Pro­zent der loka­len Sor­ten Canaio­lo und Colo­ri­no. Sie sol­len dem Wein, der dazu bestimmt ist, jung getrun­ken zu wer­den, Fri­sche geben. Er erstrahlt in einer durch­schei­nend rubin­ro­ten Far­be, bril­liert mit blitz­saube­rer Frucht.

Er war­tet mit dem ver­füh­re­ri­schen Charme der San­gio­ve­se auf, ist dicht gewo­ben, aber nicht über­la­den. Das Bou­quet ist von zar­tem Veil­chen­duft geprägt, dazu kommt das Par­füm der wil­den, medi­ter­ra­nen Machia mit sei­nen Wacholder-, Lorbeer-, Thymian- und Pini­en­h­arz­no­ten: kein kra­chen­der, son­dern ein sub­li­mer Wein, der viel­schich­tig ist und Tie­fe besitzt. Die eng­li­sche Wein­fach­zeit­schrift Decan­ter ver­lieh ihm hoch­respek­ta­ble 92 Punk­te (von 100 mög­li­chen), vom maß­geb­li­chen ita­lie­ni­schen Wein­füh­rer Gam­be­ro Rosso erhielt er sogar die begehr­ten 3 Glä­ser (Höchst­wer­tung) – Spit­zen­be­wer­tun­gen in Anbe­tracht der Tat­sa­che, dass es sich „nur“ um den Basis-Chianti Clas­si­co des Wein­guts han­delt (12,60 Euro, www.superiore.de).

2016 Chianti Classico Riserva – eine Bank

Sti­lis­tisch gehen die bei­den ande­ren Chi­an­ti Clas­si­co des Cas­tel­lo di Rad­da in die glei­che Rich­tung: die Riser­va und die Gran Sele­zio­ne „Vigna Il Cor­no“. Bei­de sind hun­dert­pro­zen­tig aus Sangiovese-Trauben gewon­nen, sind ins­ge­samt aber anspruchs­vol­ler, for­dern den Kon­su­men­ten ein biss­chen mehr. Die Trau­ben für die Riser­va kom­men von den ältes­ten Reben des Gutes, sind streng ver­le­sen (am Stock und auf dem Lese­brett) und wer­den – ganz alt­mo­disch – lan­ge drei bis vier Wochen auf der Mai­sche ver­go­ren, um anschlie­ßend 20 Mona­te im Holz­fass aus­ge­baut zu wer­den und nach ins­ge­samt drei Jah­ren in den Ver­kauf zu kommen.

Eine Riser­va ver­langt vom Wein­trin­ker über­all auf der Welt etwas mehr Geduld, auch die­se, zumal der Jahr­gang 2016, der jetzt in den Han­del gekom­men ist, ein gro­ßer war. Er hat Wei­ne mit rie­si­ger Tann­in­struk­tur, hohen Extrak­ten und vibrie­ren­der Säu­re her­vor­ge­bracht, die dafür sorgt, dass sie auch noch nach vie­len Jah­ren frisch sind. Ein „heiß geschmie­de­tes Eisen“, meint die eng­li­sche Wein-Queen Jan­cis Robin­son in der Finan­cial Times. Sicher ist: Die­se Riser­va ist eine Bank (22,90 Euro, www.superiore.de).

2016 Chianti Classico Gran Selezione „Vigna Il Corno“ – das i-Tüpfelchen

Der Spit­zen­wein des Cas­tel­lo di Rad­da ist der Chi­an­ti Clas­si­co Gran Sele­zio­ne „Vigna Il Cor­no“ – das i-Tüpfelchen der gesam­ten Pro­duk­ti­on. Gran Sele­zio­ne bedeu­tet: die bes­te Lage des Gutes. Die Trau­ben­er­trä­ge dort wer­den extrem nied­rig gehal­ten (in die­sem Fall bei 35 Hektolitern/Hektar) die Trau­ben selbst wei­sen einen höhe­ren Rei­fe­grad auf. Dass sie – wie übri­gens alle Trau­ben auf Cas­tel­lo di Rad­da – in klei­nen Körb­chen von Hand gele­sen wer­den, ist selbstverständlich.

Der dar­aus resul­tie­ren­de Wein ist noch kom­ple­xer, noch rei­cher, noch packen­der und prunkt mit viel Brom­beer­kon­fi­tü­re, Würz­a­ro­men sowie einem Hauch Mok­ka. Auch er wird sich lan­ge auf der Fla­sche ver­fei­nern, wobei die natür­li­che Balan­ce, mit der der Jahr­gang 2016 auf­war­tet, es viel­leicht mög­lich macht, ihn auch schon frü­her zu einer Bis­tec­ca Fio­ren­ti­na zu genies­sen (35 Euro ab Wein­gut, www.castellodiradda.com).

Kommentar hinzufügen

Antwort schreiben