Die 500 steht im Hause Von Winning für Holz. Neues Holz wohlgemerkt, denn alle 500er-Weine – derzeit sind es Chardonnay, Weißburgunder, Riesling und Sauvignon Blanc – reifen vollständig in erstmals belegten französischen Eichenfässern. Während jeder Winzer und jede Winzerin weiß, wie pudelwohl sich Chardonnay im neuen Barrique fühlt, ist Holz und Sauvignon Blanc keine unumstrittene Kombination. Viele verzichten auf Neuholz im Sauvignon Blanc aus Angst um die Rebsortentypizität. Vor allem an der Loire, dem Heimathafen der Rebsorte, sind neue Holzfässer rar. Doch kein Grund für Zweifel. Von Winning Betriebsleiter Stephan Attmann und das Team um Kellermeister Kurt Rathgeber beweisen, dass Holz und Sauvignon Blanc bestens miteinander harmonieren.
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Vorbild: weißer Bordeaux
Das Vorbild sei der weiße Bordeaux, heißt es seitens des Weinguts. In Bordeaux scheut niemand das Fass. Natürlich ist das Holz beim Winning-Wein spürbar, wie sollte es beim Ausbau in 100 Prozent neuen Tonneaux auch anders sein? Und natürlich drängt sich das Fass in den Vordergrund, anstatt sich mit einer Nebenrolle zufrieden zu geben. Aber ist es verwerflich, wenn ein erstklassiges Fass sein Aroma zeigen will? Man sollte bei holzstarken Weißweinen die Contenance wahren und nicht gleich laut „überholzt“ rufen, wenn man Vanille, Zigarrenkiste oder geräucherten Speck riecht. Einem jungen Margaux würde ja auch niemand sein Barriquefass vorhalten.
„Wir können keine Literware ins neue Holz füllen“
Keine Frage: es gibt überholzte Weine. Bei denen ist der kritische Punkt aber eher der schmalbrüstige Inhalt als das Gebinde. Wichtig ist, was im Fass landet. Und das ist im Fall des Sauvignon Blanc 500 kraftvoll genug, um nicht erschlagen zu werden. „Wir können keine Literware ins neue Holz füllen, das funktioniert einfach nicht“, sagt Florentine Baier, Marketing-Leiterin bei Von Winning. Die Trauben für den Spitzen-Sauvignon Blanc stammen aus einer Parzelle am Waldrand in der nach Osten exponierten Lage Paradiesgarten. Hier im Schatten des Pfälzerwalds ist es kühler als in den tieferen Lagen, was dem Wein eine stramme Säure verleiht und volles Ausreifen ohne zu hohe Mostgewichte ermöglicht.
Schmeckt nach Feuerstein, obwohl kein Feuerstein im Boden ist
Wie schmeckt also ein reifer Wein in neuem Holz? Auffallend ist der hohe Gehalt an Methoxypyrazinen, jenen Aromenverbindungen, die niedrig dosiert nach Paprika, höher dosiert nach Stachelbeere und Cassis, sehr hoch dosiert nach sogenanntem Katzenpipi duften. „Oberer Cassis- bis charmanter Katzenpipi-Bereich“, steht in meiner Verkostungsnotiz. Die bereits angesprochene stramme Säure erinnert an Limette und Passionsfrucht und lässt immer wieder einen Hauch Tropisches aufkommen, ohne dass es sich hier um einen tropisch-fruchtigen Wein handelt. Markant ist vor allem die Rauchigkeit, die vermutlich gleich doppelten Ursprungs ist. Einmal die toastige Rauchigkeit mit Aromen von Buttercroissant und frischem Feuerholz, aber auch eine andersartige kühlere Rauchigkeit, die an Platzpatronen und Feuerstein erinnert. Erstere ist wohl auf das Holz zu schieben, letztere auf die Traube, die während der Gärung den Aromastoff Benzylthiol bildet, ein Stoff der bei Sauvignon Blanc schnell entsteht. Deswegen kann der Sauvingon Blanc aus dem Paradiesgarten auch nach Feuerstein schmecken, obwohl dort kein Feuerstein im Boden zu finden ist.
Zartbitterschokolade und ungekochter Kaffee
Im Glas greifen diese beiden Raucharomen ineinander, schmecken nach Zartbitterschokolade mit 100 Prozent Kakaoanteil und nach hell geröstetem Hipster-Kaffee vor dem Brühen. Wem jetzt immer noch ein unterdrücktes „überholtzt“ im Kopf schwirrt, kann beruhigt sein: Nur weil das Fass in den Vordergrund tritt, heißt das nicht, dass der Wein im Hintergrund bleiben muss. Viel mehr liefert der Sauvignon Blanc 500 ein perfektes Spiel aus Wein und Fass, aus Vitis Vinifera und Quercus Robur. Man könnte das Verhältnis der beiden ausgewogen nennen, doch das wäre nur eine leere Worthülse. Was sollte das schon heißen? 50:50? 60:40? 30 Prozent Holz, 70 Prozent Wein? Wie auch immer: einer der besten Sauvignon Blancs Deutschlands.
2018 Sauvignon Blanc, Weingut Von Winning (Deidesheim)
Preis: 40 Euro
Bezug: www.von-winning.de