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Studie der Universität Florenz: Chianti classico zu teuer?

Die Wissenschaftler der Universität Florenz haben die Kosten erhoben, die ein Chianti classico 2009 in der Herstellung durchschnittlich gekostet hat: von der Weinbergspflege über Kapsel und Korken bis zum bürokratischen Aufwand für die Qualitätsweinweinprüfung. Das Resultat überrascht: Die Preise für die Erzeugung sind höher als die Preise, zu denen viele Weine angeboten werden.

Chianti classicoEinbezogen in das Kostenkalkül wurde nahezu jedes Detail: die Weinbergsarbeit, die Abschreibungen für Maschinen, die Kosten für die Kapitalbindung während der Lagerzeit des Weins, die laufenden Zinsen, die Personalkosten der (ausufernden) Finanz- und Steuerverwaltung und der umfangreichen Dokumentation für die Qualitätsweinprüfung. Sogar der Wert der Arbeit von kostenlos mithelfenden Familienangehörigen wurde genau taxiert und in Rechnung gestellt. Resultat: für eine Flasche Chianti classico sind in 2009 genau 4,93 Euro an Gestehungskosten angefallen.

Das ist viel – gemessen an den Gestehungskosten von Qualitätsweinen anderer Anbaugebiete und Länder. Ob Spanien, Frankreich oder Deutschland, selten liegen die Herstellungskosten einfacher Qualitätsweine über 3 Euro, meistens deutlich darunter. Die Forschungsanstalt Geisenheim hat die durchschnittlichen Erzeugerkosten eines Rieslings in der Literflasche vor einigen Jahren mit 3,01 Euro berechnet. Werden auch noch die Kosten für die Vermarktung in Ansatz gebracht, kommen die Betriebswirtschaftler auf einen Gestehungspreis von 4,23 Euro – deutlich weniger als die Italiener.

Die Vermarktungskosten schlagen in Italien mit 43 Prozent allerdings deutlich höher zu Buche als in Deutschland. Während dort vor allem ab Kellertür oder im Umkreis von 200 Kilometer um das Weingut vermarktet wird, wird der Chianti classico über ein Heer von Vertretern und Agenten im ganzen Land vermarktet, die saftige Provisionen verlangen.

Wird der Wein exportiert, steigen die Kosten noch höher. Und die Gewinnspannen der Importeure in den Zielländern gehen zu Lasten der Weingüter. Auch die Kosten für professionelle Weinberatung, auf die in der Toskana praktisch kein Weingut verzichtet, verteuern den Wein. Dazu kommen die Barriques, in denen die meisten der Chianti classico ausgebaut werden. Sie machen einen Anteil von 19 Prozent an den Gesamtkosten aus.

Die Rechnung der Florentiner Wissenschaftler von der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität, basierend auf der Befragung von 40 Weingütern zwischen Florenz und Siena, ist insofern überraschend, als viele Chianti classico im Großhandel für deutlich unter 5 Euro angeboten werden. Würden die Weingüter korrekt fakturieren (also die Arbeitsleistung von Familienangehörigen entgeltlich honorieren), wäre die Weinerzeugung für sie ein Verlustgeschäft.

Der echte, kostendeckende Preis für eine Flasche Chianti classico müsste bei 6,46 Euro (inkl. MWSt) liegen.

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