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Ski Amadé: Wo auf den Hütten die Korken ploppen

Ski Amadé ist das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs. Es umfasst rund 270 Skilifte in den Bundesländern Salzburg und Steiermark. Auch Schladming, wo die Ski-WM 2013 stattfindet, gehört zu diesem Skiparadies. 356 Pisten, die von unzähligen Hütten, Bettenstationen und Hoteldörfern gesäumt werden – alle warten auf Gäste zum Einkehrschwung. Und die lassen nicht auf sich warten. Mindestens 60.000 sind es täglich, die die Hänge herunterbrettern, sich ab 13 Uhr dann langsam ein gemütliches Plätzchen suchen, um Hunger und Durst zu stillen, an den Wochenden sogar leicht 120.000.

Ski Amadé mit seinen 19 weinzertifizierten Hütten
Ski Amadé mit seinen 19 weinzertifizierten Hütten

Da geht es aber immer seltener um Speckteller, Kaiserschmarrn oder Skiwasser. Längst hat die gute Küche auf den Hütten Einzug gehalten, teilweise sogar die Sterneküche. Und mit ihnen die guten Weine. Auf Initiative der Österreichischen Weinmarketing-Gesellschaft wurde ein Programm aufgelegt, mit dem die Weinkompetenz der Hütten gestärkt werden soll. Heute sind 19 Hütten des Skigebiets Amadé weinzertifiziert. Sie müssen wenigstens drei offene Weiß- und Rotweine anbieten und ein ebenso großes Flaschenweinsortiment vorhalten. Dazu kommen adäquate Gläser und eine in Weinfragen geschultete Serviceperson.

Mehr Kulinarik am Berg als im Tal

Kartoffeleintopf Lisa Alm
Kartoffeleintopf Lisa Alm

Tatsächlich sind die meisten dieser 19 Skihütten weit besser bestückt. Einige besitzen Weinkarten mit über hundert Positionen und leisten sich einen eigenen Hüttensommelier. Andere legen großen Wert auf eine zum Niveau des Weins passende Küche. Diese reicht von regionalen Gerichten wie Pongauer Bladln mit Kraut und Steirischem Wurzelfleisch bis zu Flusskrebsravioli und Steinbuttfilet. Dass österreichische Etiketten auf den Weinkarten dominieren, überrascht nicht. Für die Zertifizierung ist es unerheblich. Da haben Spanier, Franzosen oder Italiener das gleiche Recht. Kontrolliert wird die Weinauswahl und –pflege vom Salzburger Sommelierverband.


Die Hütten im Überblick


Schnepf’n Alm, Pichl an der Enns

Schnepf’n Alm

Auf 1200 Meter gelegenes Restaurant, das inmitten des Hoteldorfs Almwelt Austria an der Skipiste  der Reiteralm liegt. Sie ist auch mit dem Auto erreichbar. Moderne, in hellem Zirbelholz gehaltenen Gaststube, gehobene regionale Küche, die besser als in den meisten Talrestaurants zwischen Radstadt und Schladming ist. Ambitionierte Weinkarte mit vielen der großen Namen aus der österreichischen Weinwelt, eigener Sommelier. Fazit: Hier komm’ ich auch ohne Ski rauf, um einen schönen Abend zu verleben.


Schüttalm, Kleinarl

SchüttalmDirekt an der Abfahrtspiste nach Flachauwinkl gelegen, ist die Schüttalm ein Treffpunkt für Wein- und Fischfreunde geworden. Jurtschitsch, Fred Loimer, Erwin Sabathi, Tement, Heinz Bauer, Scheiblhofer, Hans und Anita Nittnaus – das sind nur einige Namen, die man hier droben auf 1750 Meter auf der Weinkarte findet. Wenn die Schlagermusik aus den Lautsprechern nicht so grässlich wäre, würden die Weine noch besser schmecken. Außerhalb der Fischwoche (9.-16. März) gibt’s natürlich auch Kasspatz’n, G’rösteltes und den ganzen anderen Hüttenzauber. Wer dann nicht mehr abfahren mag, übernachtet in einem der 40 Zimmer.


Burgstallhütte, Flachauwinkl

BurgstallhütteDas ist eine der urtümlichsten, echtesten Skihütten im Salzburgerland. Dunkel, nicht zu groß, überwiegend noch in den alten Gemäuern (bzw. Holzstrukturen) und von auffälliger Herzlichkeit im Gästekontakt. Schweinsrippchen, Kasnocken und das Schoko-Dessert „Moar in der Pfoad“ (nach dem Pfefferschiff in Salzburg) sind dringend zu empfehlen. Mit dem O-Power-Suppentopf (nach einem Rezept des 2-Sterne-Kochs Rudi Obauer aus dem benachbarten Werfen) schafft man auch die letzte Abfahrt zurück zur Talstation nach Flachauwinkl. Weinkarte: nicht immer dieselben Verdächtigen, sondern neben Skoff, Gesellmann und Leth auch viele gute Betriebe aus der zweiten Reihe.


Oberforsthofalm, St. Johann im Pongau

OberforsthofalmRummelige, folkloristisch überladene „Hütte“ in Almdorf oberhalb von St. Johann im Pongau, die eigentlich ein Großrestaurant für 250 Personen ist. Sie liegt zwar an der Skipiste, aber auch am Parkplatz, damit jene Gäste, die mit dem Auto von St. Johann heraufkommen, ebenfalls empfangen werden können. Die Schmankerl-Karte ist weitgehend Standard bzw. Convenience, die Weinkarte dagegen eine der umfangreichsten in der ganzen Region. Was Österreich angeht, enthält sie alles, was Rang und Namen hat. Großflaschen inklusive. Eigener Sommelier.


Lisa Alm, Flachau

Lisa AlmEine der spektakulärsten und lifestyligsten Hütten im Salzburgischen, gebaut und designed vom besten österreichischen Hüttendesigner, und vom Flachauer Hotelier Erich Tiefenthaler, dem Besitzer, zu einer „Ski-Lounge“ ausgebaut, wobei dessen Vorbild mehr Ibiza als Österreich war. Schon um 12 Uhr fließt der Champagner – und mit Dom Perignon nicht der preiswerteste. Die jungen Bedienungen tragen Dirndl mit russischer Fellmütze, Bänke und Barhocker sind mit grauem Loden bezogen, unter den Bänken scheint violettes Licht. Die Küche ist auf Sterne-Niveau, die Produkte sind aus der Region. Trotz hohem Aufwand extrem moderate Preise. Eigene Patisserie. Die Weinkarte ist ein Who is Who des österreichischen Weinkosmos. Der Sommelier weiß kleinste Details und behält selbst im größten Trubel einen kühlen Kopf. Der Weg zurück nach Flachau  ist auch mit einigen Glas Wein intus keine unlösbare Aufgabe: Die Piste ist breit, eben und gerade wie eine Autobahn, sodass die Bretter fast von selbst zu Tale rutschen. Man muss nur auf ihnen stehen.


Ski Amadé hat eine Broschüre zusammengestellt mit Namen und Lage der 19 weinzertifizierten Almhütten. Sie kann hier heruntergeladen werden.


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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