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Rotweincuvée von Christian Hirsch: großer Erfolg mit Großem Geweih

Eigentlich ist Württemberg für farbschwache, halbtrockene Rotweine bekannt. Stichwort: Trollinger, Schwarzriesling. Christian Hirsch aus Leingarten bei Heilbronn geht einen anderen Weg. Der 37-jährige Schwabe hat sich auf dunkle, kräftige Rotweine mit fruchtig-würzigen Aromen spezialisiert: Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Syrah, Merlot, Pinot Noir. Die besten keltert er reinsortig, baut sie in Barriques aus und nennt sie, mit Bezug auf seinen „tierischen“ Namen, Großes Geweih.

„Großer Stoff“ sagt der Winzer über seine Spitzenweine

Sechs Grosse Geweihe hat Hirsch im Sortiment. Die meisten kosten zwischen 24 und 30 Euro, die Reserve-Qualitäten sogar knapp 40 Euro. Sie sind seine Topweine . Bevor ein sparsamer Schwabe sich einen Wein dieser Preisklasse einschenkt, schluckt er zweimal, zumal Christian Hirsch erst seit 2013 voll ins elterliche Weingut eingetreten ist und sich immer noch „Jungwinzer“ nennt. Damals lag die „Exportquote“, wie die Schwaben den Teil des Weins nennen, der außerhalb Württembergs verkauft wird, noch bei Null. Doch mehrere Prämierungen und der Titel „Aufsteiger des Jahres“ in Württemberg, den ihm der neue VINUM-Weinführer gerade verliehen hat, hat die Neugier seiner Landsleute auf die Großen Geweihe gesteigert. Seitdem sind sie bereit, ihre Portemonnaie fast so weit aufzumachen wie für die Topweine der Schwegler, Schnaitmann, Aldinger und Neipperg, den Stars der Württemberger Rotweinseinszene. Gleichwohl weiß Hirsch die traditionellen Württemberger Rotweinsorten durchaus zu schätzen. Deshalb zählt auch ein Lemberger zu den Großen Geweihen und – festhalten! – ein Trollinger: beide aus extrem ertragsreduzierten Weinbergen in besten Lagen, in Barriques aus schwäbischer Eiche ausgebaut, die von einem schwäbischen Küfer hergestellt wurden. „Großer Stoff“ schwärmt der Winzer.

 

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In Kalifornien hat er sich „den Gaumen verzogen“

Das Faible für dunkle Rebsorten und kräftige Weine ist durch zwei längere Kalifornien-Aufenthalte entstanden, die Hirsch während und nach seiner Ausbildung an der Hochschule Geisenheim absolviert hatte. „Dort habe ich mir den Gaumen verzogen“, ironisiert er. Nach seiner Rückkehr pflanzte er gegen alle Widerstände und trotz Abratens von allen Seiten als einer der Ersten im Ländle dunkle internationale Rebsorten. Am Ende war er selbst überrascht, wie „wahnsinnig gut“ diese rund um den Leingartener Grafenberg gedeihen. In das Sortiment des elterlichen Weinguts konnte und wollte er die Weine allerdings nicht integrieren. Die Weine waren weder auf den Württemberger Geschmack noch auf den schwäbischen Geldbeutel zugeschnitten. So kreierte er seine eigene Weinlinie „Hirsch ist wild“ und koppelte sie aus dem Sortiment der elterlichen Privatkellerei aus, indem er ein eigenes Kellerbuch anlegte. Sein „Hirsch ist wild“-Sortiment reicht vom Trollinger Gutswein über Riesling, Sauvignon blanc, diversen Lembergern und Lemberger-Cuvées bis zu den Geweihen. „Man muss sich zu hundert Prozent mit seinen Weinen identifizieren können,“ erklärt er.

Die „Hirsch ist wild“-Linie wächst von Jahr zu Jahr

Den Einstieg in die Welt der Geweihe bildet eine Cuvée, zusammengestellt aus Lemberger, den beiden Cabernets, Merlot und Pinot Noir. Cuvée Hirsch heißt sie offiziell, abgekürzt CH. Ein toller Wein, dessen würzige Nase an Lemberger erinnert. Mit etwas Luft kommen dunkle Beeren hinzu, von Brombeeren, über reife Maulbeeren, bis hin zu Cassis. Auch die erdigen, leicht ledrigen Noten werden intensiver und verbinden sich mit Lakritz und Unterholz. Die Tannine sind weich und seidig, die Säure moderat – ein Wein, der nicht nur zu Käsespätzle und schwäbischem Zwiebelfleisch passt, sondern auch zu Burger, Burritos oder Spaghetti Bolognese.

Mit seinen 2,9 g/l Restzucker ist die Cuvée Hirsch, wie sie offiziell heißt, trocken, bringt aber viel Extraktsüße mit, die dem Glycerin geschuldet ist, ein bei der Gärung entstehendes Nebenprodukt. Wer den Wein atmen lässt, wird erstaunt sein, wie er sich innerhalb kurzer Zeit verändert: Er zeigt deutlich mehr Wumms, wobei Kirsche und Brombeere den kräuterigen, rauchigen Noten Platz machen. Luft tut diesem Wein gut, macht ihn spannender, zeigt, dass er Komplexität besitzt. 25.000 Flaschen füllt Hirsch von dem Wein inzwischen, was es möglich macht, dieses Große Geweih für unter 13 Euro anzubieten. Die Cuvée Hirsch hat mittlerweile eine Fangemeinde, die ständig wächst. Vor einem Jahr hatte der Deutsche Fußballbund diesen Wein aus 450 anderen deutschen Rotweinen ausgewählt, um bei allen Heimspielen der Fußball A-Nationalmannschaft sowie der U21 im VIP-Bereich ausgeschenkt zu werden – übrigens auch beim DFB Pokalfinale am 13. Mai in Berlin, sollten wieder Zuschauer ins Olympiastadion kommen dürfen. Inzwischen „exportiert“ Christian Hirsch zwei Drittel seiner Weine in andere Bundesländer, zum größten Teil Rotweine. Nach dem DFB hat letztes Jahres auch die Deutsche Bahn seinen Powerseller Rot und Wild, den kleinen Bruder der Cuvée Hirsch, für die Bordrestaurants in allen IC und ICE ausgewählt. „Für mich Gänsehaut pur“ bekennt Hirsch.

Die Cuvée Hirsch ist ein Jahrgangsverschnitt

Die Cuvée Hirsch kann aufgrund des hohen Lemberger-Anteils ihr schwäbisches Herz nicht verleugnen. Die Trauben stammen von radikal ertragsreduzierten Reben (2.900 bis 3.600 Liter pro Hektar), die auf schweren Keupersteinböden stehen. Nach einer langen Maischegärung und dem Saftabzug kommt der Jungwein in Barriques, die zu einem Drittel aus neuem Holz bestehen. In Vergleichstests hat sich herausgestellt, dass schwäbische Eiche und Lemberger bestens zusammenpassen. Betrachtet man das Etikett, fällt auf, dass der Wein ohne Jahrgang auf den Markt kommt. Auf dem (offiziellen) Rücketikett steht dafür Aged Reserve. Was sich nach einem Marketing-Gag anhört, ist in Wirklichkeit ein Jahrgangverschnitt. Zwei Drittel der aktuellen Füllung stammen aus dem Jahr 2018, der Rest aus den Reservejahrgängen 2015, 2016 und 2017, die Christian Hirsch in seinem Sandsteingewölbekeller gereift sind.


Rotwein Cuvée trocken „Aged Reserve“, Christian Hirsch

Preis: 12,99 Euro

Bezug: www.genuss7.de

 

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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