2009 ist der dritte Jahrgang vom Spätburgunder, den die Edition Fritz Keller im Auftrag von Aldi Süd erzeugt und der zum Preis von 5,99 Euro pro Flasche in den knapp 1800 Filialen des Discounters in Süd- und Westdeutschland angeboten wird.
Vorweg gesagt: Der Wein schmeckt. Das Bouquet erinnert an rote und dunkle Kirschen, verströmt die erdige Würze von Rote Bete und hat eine feine Röstnote. Durchaus delikat. Wer gerne Pinot trinkt, egal ob Baden, Burgund, Burgenland oder Bündener Herrschaft, für den ist die Nase dieses Weins so aufschlussreich wie für den Arzt das Blutbild: An ihr erkennt man alles. An diesem Duftbild Wein lässt sich nichts Besorgniserregendes erkennen. Der Wein ist sauber und gehaltvoll. Am Gaumen macht er sogar richtig Druck: samtiges Tannin, milde Säure, im Abgang Mon Chérie. Kein Weinchen, sondern ein richtiger Wein.
Schätzungsweise 500.000 Flaschen
Chapeau! Fritz Keller und seinen Leuten ist es gelungen, aus dem Jahrgang 2009, dem die Weintrinker mit hohen Erwartungen entgegen sehen, etwas Seriöses zu machen. Und wenn man bedenkt, dass von diesem Wein schätzungsweise 500.000 Flaschen gefüllt wurden (Aldi macht keine Angaben zur genauen Menge), kann man das Ergebnis sogar als respektabel bezeichnen.
Wer ist Fritz Keller? Zunächst einmal ein Winzer. Sein Weingut – nach seinem Vater Franz benannt – ist mit 55 Hektar Reben am Kaiserstuhl begütert. Daneben ist der 55-Jährige Wirt des Gasthauses Schwarzer Adler in Vogtsburg-Oberbergen, das sich mit einem Michelin-Stern und 17 Gault-Millau-Punkten schmücken kann (auf der über 2500 Positionen umfassenden Weinkarte findet sich übrigens auch der Aldi Spätburgunder).
Daneben führt er einen florierenden Weinhandel nicht nur mit deutschen, sondern auch mit besten französischen Weinen. Ganz nebenbei ist er noch Präsident des Bundesliga-Fußballklubs SC Freiburg.
500 Winzer machen beim Vitis-Projekt mit
An dem Vitis-Projekt, aus dem die Aldi Süd-Weine hervorgehen, arbeitet er seit 2005. Rund 500 Winzer aus allen Teilen Badens machen mit und beugen sich seinen Qualitätsvorschriften (beispielsweise Ertragsreduzierung, Handlese etc.).
Die Trauben werden in verschiedenen lokalen Kellereien vinifiziert und in Kirchhofen im Markgräflerland zentral ausgebaut. Der Spätburgunder und ein Weißburgunder sind Dauerartikel im Sortiment von Aldi Süd. Als Aktionsartikel der Edition Fritz Keller werden zusätzlich eine Spätburgunder Reserve, eine Rotwein Cuvée, ein Sekt, ein Riesling und ein Pinot Noir erzeugt, als Saisonartikel ein Rosé. Sie findet man zeitweise auch bei Aldi Nord.
Alkoholgeschwängertes Bouquet
Natürlich gäbe es auch an dem 2009er Spätburgunder etwas zu nörgeln. Zum Beispiel, dass er etwas locker gewoben, vielleicht nicht ganz präzise und auch etwas alkoholisch ist. Auf dem Etikett steht zwar 13 Vol.%, was im Normalbereich liegt, aber die ätherischen Noten sind ein bisschen alkoholgeschwängert. Daher die Mon-Chérie-Note. Aber man darf nicht vergessen: Es handelt sich bei diesem Wein um eine Einstiegsqualität, kein Hochgewächs. Wer Finesse will, muss ins Burgund gehen. Wer Frucht liebt, ist mit diesem Wein gut bedient.
Für Aldi-Verhältnisse ein teurer Wein
Die 5,99 Euro, die er kostet, sind für Aldi-Verhältnisse viel Geld. Für badische Verhältnisse bleibt der Preis im Rahmen. Zwar verlangen die privaten badischen Weingüter für ihre Eingangs-Spätburgunder zwischen 7 und 9,50 Euro, doch die Genossenschaften langen deutlich weniger zu. Die WG Ssasbach bietet ihre Einstiegsqualität beim Spätburgunder für 5,65 Euro an, die Oberkircher Winzer, die WG Wasenweiler und die WG Achkarren für 5,90 Euro, die WG Britzingen für 5,95 Euro, Hex von Dasenstein für 6 Euro und die WG Königschaffhausen für 6,45 Euro – die Literflasche. Der Badische Winzerkeller hat den Preis für seinen einfachsten Spätburgunder sogar auf 4,10 Euro gesenkt.
Mehr als Einstiegsqualität
Allerdings hebt sich der Spätburgunder der Edition Fritz Keller von diesen Weinen, die nicht mengenreduziert erzeugt, teilweise mit dem Vollernter gelesen, aus Restpartien zusammengestellt und nicht selten mit 13 Gramm Restzucker abgerundet sind, wohltuend ab. Er hat Kabinettqualität. Diese Qualität schlägt bei den meisten anderen Genossenschaften durchschnittlich mit 6,50 Euro zu Buche. Das wären 51 Cent pro Flasche mehr. Ein Schnäppchen? Wenn überhaupt, dann kein großes.
Faire Traubenpreise für die Winzer
Und das ist gut so. Denn es geht bei dem Vitis-Projekt auch darum, den badischen Winzern einen fairen Preis für ihre Trauben zu bieten. Sie sollen einen Anreiz haben, bessere Qualitäten zu produzieren. In den 1990er Jahren waren sie auf Empfehlung des Badischen Weinbauverbandes und seiner Berater förmlich in den Spätburgunder getrieben worden – mit fatalen Folgen. Die plötzliche Überproduktion führte zum Preisverfall, der Preisverfall zu weiterer Überproduktion und immer bescheideneren Qualitäten.
Noch heute hat sich Baden von dieser Fehlentwicklung nicht vollständig erholt. Viele Winzer pflanzen inzwischen sogar wieder Müller-Thurgau an, jene Sorte, die sie damals zugunsten des Spätburgunders gerodet hatten. Ohne kostendeckende Erlöse lässt sich auf Dauer kein guter Wein erzeugen. Fritz Keller weiß es, Aldi dämmert es.