Während in Deutschland über Mindestlöhne gestritten wird, plant die britische Regierung, Mindestpreise für Alkohol einzuführen – Wein eingeschlossen. Wenn das Gesetz durchkommt, dürfte im Vereinigten Königreich künftig keine Flasche Wein mehr unter £ 2,03 verkauft werden. Das entspricht einem Preis von 2,39 Euro. Das Komische ist: Der Handel applaudiert.
Am Dienstag letzter Woche hat die konservativ-liberale britische Regierung einen Gesetzesentwurf angekündigt, der den Verkauf von Alkohol unterhalb eines festgelegten Mindestpreises unter Strafe stellt. Neben Bier und Spirituosen ist auch Wein betroffen. Während Bier für mindestens 45 Cent pro 0,44 l-Flasche, Whisky für mindestens 9,41 Euro und Wodka für mindestens 10,71 Euro (jeweils 0,7 l-Flasche) verkauft werden müssen, liegt der Mindestpreis für die 0,75 l-Flasche Wein bei 2,39 Euro kosten.
Hintergrund für die schon lange diskutierte Massnahme ist der zunehmende Alkoholmissbrauch im Vereinigten Königreich. Nach einer Statistik des National Institute for Health and Clinical Excellence (NIST) hat sich die Zahl der Alkoholtoten in den letzten 16 Jahren verdoppelt: auf 8000 Fälle pro Jahr. „Alkohol war nie so billig wie heute“, hatte Anne Ludbrook, Ökonomie-Professorin an der Universität Aberdeen, die Massnahme im Vorfeld erläutert. „Wenn Alkohol nur wenig kostet, werden die Menschen ihn häufig kaufen und mehr konsumieren, als sie es normalerweise täten.“
Erstaunlich ist allerdings, dass selbst die mächtige Wine & Spirit Trade Association (WSTA) nicht gegen den Gesetzentwurf protestiert. Die Ursache dafür dürfte der niedrig kalkulierte Mindestpreis sein. In England werden selbst in den Supermärkten nur selten Weine für unter £ 3 angeboten. Der Mindestpreis-Verordnung ist also eher ein Bann für solche Discounter, die Alkoholika zeitweise unter dem Einstandspreis anbieten, um Kunden anzulocken.
Entsprechend skeptisch sind die Gesundheitsverbände. Für sie geht das neue Gesetz nicht weit genug. Ein Sprecher des Royal College of Physicians gab gegenüber BBC zwar zu, dass das Gesetz „zwar ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber nur ein sehr kleiner“. Noch nüchterner sieht es die British Medical Association. Für sie macht das neue Gesetz keinen Unterschied zum beklagenswerten, jetzigen Zustand: Menschen, die ein Alkoholproblem haben, tun alles, um sich zu besorgen, was sie brauchen. Preisbarrieren hindern sie nicht, so niedrige schon gar nicht.