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Mainstream auf hohem Niveau: Der Blanc de Blancs von Charles Heidsieck

Der Blanc de Blancs Brut von Charles Heidsieck ist neu aufgelegt. 1949 zum ersten Mal erschienen, haben die neuen Eigentümer dieses Champagnerhauses den einst revolutionären Klassiker wieder aufleben lassen: ein seidiger, ja cremiger Champagner aus verschiedenen 100%-Chardonnay-Lagen in Vertus und Oger, der ganz anders schmeckt, als man es von einem Blanc de Blancs erwartet – viel üppiger mit Zitrus-Geleefrucht und Haselnuss-Anklängen im Bouquet, am Gaumen weich mit einer „zivilisierten Säure“, wie Cyril Brun, der Chef de Cave, es vornehm formuliert. Will sagen: mit einer moderaten Säure. Jedenfalls ganz anders als man sich einen puren Chardonnay-Champagner vorstellt.  Der Wein stammt überwiegend aus dem Jahrgang 2012 (plus 25 Prozent Réserve-Weine aus den fünf davor liegenden Jahrgängen), wurde 2013 auf die Hefe gelegt und 2019 degorgiert. Also ein distinguierter Non Vintage-Champagner für verwöhnte Gaumen, der jetzt, nach sechs Jahren, ausgesprochen gut zugänglich ist und großes Trinkvergnügen bereitet.

Die Legende ist das Eine, die Realität das Andere

Wie die meisten der großen Champagnerhäuser blickt auch Charles Heidsieck auf eine glorreiche Geschichte zurück, die viele Legenden hervorgebracht hat, die aber alle mit der Gegenwart wenig zu tun haben. Besser: hatten. Als die französische Luxusgüter-Holding EPI im Jahre 2011 Charles Heidsieck von Rémy Cointreau übernommen hatte, war das Champagnerhaus völlig heruntergewirtschaftet. Gerade mal 100.000 Flaschen wurden verkauft, obwohl Charles Heidsieck große eigene Rebflächen besitzt. Zum Vergleich: Der Firmengründer Charles-Camille Heidsieck, Typ Abenteurer und Frauenheld,  hatte 1860 bei seiner ersten Amerikareise in wenigen Monaten 300.000 Flaschen an den Mann (besser: an die Frau) gebracht, was ihm in den USA den Spitznamen „Champagner-Charlie“ einbrachte (unter diesem Titel wurde das Leben von Charles-Camille 1989 verfilmt mit Hugh Grant in der Hauptrolle).

Die EPI-Holding (andere Luxusmarken: Piper-Heidsieck, Biondi Santi) hat die Champagnerproduktion-Produktion Charles völlig neu geordnet (einschließlich neuem Chef de Cave) und verkauft inzwischen die zehnfache Menge von 2011. Vor allem aber hat sich das Image gebessert. „Charles Heidsieck ist heute wieder zurück im hochklassigen Mainstream“, schrieb die englische Journalistin Jancis Robinson kürzlich in der Financial Times über das Champagnerhaus. Das stimmt. Charles’ Blanc de Blanc ist kein exzentrisch-spektakulärer Champagner, aber ein sicheres Mainstream-Produkt auf hohem Niveau.

Champagne Brut Blanc de Blancs NV,  Charles Heidsieck

Preis: 64,50 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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