Lamberto Frescobaldi und sein Libertà – die Freiheit nehm’ ich mir

Auf dem toskanischen Weingut Collazzi erzeugt Lamberto Frescobaldi teure Super Tuscans. Doch die teuersten Weine sind nicht immer die besten. Patrick Hemminger hat viel mehr Spaß an dem einfachen, preiswerten Einstiegswein des Gutes.

Manch­mal ist es ganz gut, wenn man nicht weiß, mit wem man spricht. So dach­te sich Alber­to Tor­el­li vor zwölf Jah­ren nicht viel dabei, als ihn ein freund­li­cher Herr auf einer Wein­mes­se im Süd­ti­ro­ler Meran immer wie­der nach sei­ner Mei­nung zu ver­schie­de­nen Wei­nen frag­te. Tor­el­li ant­wor­te­te ehr­lich und frei her­aus. Er war damals Mit­te 20, hat­te gera­de sein Wein­bau­stu­di­um in Flo­renz abge­schlos­sen und ers­te prak­ti­sche Erfah­run­gen auf Wein­gü­tern im Chi­an­ti gesam­melt. Die unkom­pli­zier­te Art des jun­gen Man­nes gefiel dem freund­li­chen Herrn, er bot Tor­el­li einen Job an und gab ihm sei­ne Kar­te. Als Tor­el­li den Namen las, fuhr ihm kurz der Schreck in die Glie­der: Lam­ber­to Fres­co­bal­di – einer der berühm­tes­ten Namen in der ita­lie­ni­schen Wein­bau­ge­schich­te. Seit Jahr­hun­der­ten spielt sei­ne Fami­lie eine wich­ti­ge Rol­le in Kunst und Kul­tur, im Han­del und in den Finan­zen Ita­li­ens, beson­ders in der Tos­ka­na. Zu ihrem Wein­guts­im­pe­ri­um gehö­ren so renom­mier­te Betrie­be wie Nipoz­za­no, Pomi­no, Cas­tel­gio­con­do, Ornellaia.

Die Sangiovese spielt nur eine untergeordnete Rolle

Lamberto Frescobaldi
Lam­ber­to Frescobaldi

Lam­ber­to Fres­co­bal­di hat­te gera­de die Ver­ant­wor­tung für ein Wein­gut über­nom­men, das zwar nicht sei­ner Fami­lie gehört, das aber über 25 Hekt­ar Reben vor den Toren Flo­renz’ ver­fügt, direkt an der nörd­li­chen Gren­ze des Chi­an­ti Clas­si­co. Der Name des Wein­guts: Col­laz­zi. Die Wein­ber­ge sind über­wie­gend bestockt mit Caber­net Sau­vi­gnon, Caber­net franc, Mer­lot und Petit Ver­dot. Die tos­ka­ni­sche Tra­di­ti­ons­sor­te San­gio­ve­se nimmt nur einen klei­nen Anteil der Reb­flä­che ein. Inmit­ten der Reben eine präch­ti­ge Vil­la, die aus dem 16. Jahr­hun­dert stammt und von kei­nem Gerin­ge­ren als Michel­an­ge­lo  Buo­na­rot­ti ent­wor­fen wur­de. Ein Glücks­fall für Tosel­li: Er wur­de der Öno­lo­ge auf Collazzi.

Der Libertà schont den Geldbeutel

Col­laz­zi ist ein pri­va­tes Wein­pro­jekt von Lam­ber­to Fres­co­bal­di, das er außer­halb der Wein­ge­schäf­te sei­ner Fami­lie betreibt. Pro­du­ziert wer­den fünf Wei­ne, davon vier rote. Die bei­den Top-Weine sind ein rein­sor­ti­ger Petit Ver­dot namens Fer­ro und eine klas­si­sche Bordeaux-Cuvée namens Col­laz­zi – bei­de hoch­prei­si­ge Super Tuscans, die sich durch Schwe­re und Opu­lenz aus­zeich­nen und auf den Geschmack eines inter­na­tio­na­len Publi­kums zie­len. Mich hat am meis­ten einer der bei­den ein­fa­che­ren Wei­ne beein­druckt, einer, der zwar San­gio­ve­se ent­hält, sich aber die Frei­heit nimmt, zum größ­ten Teil aus Mer­lot und Syrah gekel­tert zu wer­den: Liber­tà lau­tet sein Name. Ein herz­haf­ter, geschmacks­in­ten­si­ver Wein, der nicht viel mehr als eine Kino­kar­te kos­tet und von dem Tosel­li, der jun­ge Öno­lo­ge, sagt: „Unser Ziel ist es, einen Wein mit einer außer­or­dent­li­chen Balan­ce von Aro­men und Struk­tur zu machen, mit etwas Weich­heit durch eine kur­ze Rei­fe­zeit im Holzfass.“

Der Wein kos­tet so viel wie eine Kino­kar­te, und ich gebe zu: Für so wenig Geld habe ich schon lan­ge nichts mehr im Glas gehabt, was so viel Spaß gemacht hat. Scha­de, dass die bes­se­ren Qua­li­tä­ten von Col­laz­zi nicht die hohen Erwar­tun­gen erfül­len konn­ten, die ich nach die­sem tol­len Ein­stiegs­wein an sie hat­te – aber gut für mei­nen Geld­beu­tel und den ande­rer Weintrinker.


2014 Liber­tà | Tenu­ta I Collazzi
Preis: 13,95 Euro
Bezug: www.belvini.de


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