Dienstag, Februar 11, 2025
3.5 C
München
spot_img

Großes Gewächs 2009 – And the winner is… Mosel

Noch vor 10 Jahren wäre ein Jahrgang wie 2009 an der Mosel einstimmig zum „großen“ Jahrgang erklärt worden. Die Temperaturen waren ab Spätsommer konstant hoch. Die Feuchtigkeit reichte aus, um Trockenstress zu vermeiden. Die Trauben konnten auch in weniger guten Lagen voll ausreifen. Folge: viele Spät- und Auslesen, wenig einfache Qualitätsweine. Die BILD-Zeitung, in Sachen Wein eigentlich keine Autorität, titelte zu Recht: „2009 ist ein Knüller.“

Doch es gab auch Leute, die die Stirn in Falten legten (ich meine damit nicht die Winzer, die wegen der geringen Erntemenge – minus 20 Prozent – Grund zum Klagen hatten). Sommeliers und Journalisten bemängelten bei der Vorpremiere der Großen Gewächse, zu der der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) am 23./24. August 2010 nach Wiesbaden eingeladen hatte, immer wieder, dass vor allem die trockenen Weine zu schwer, zu üppig, zu untypisch seien. Die Kritik richtete sich zum Beispiel gegen viele Moselweine.

Weinberg an der MoselTatsächlich kann man bei vielen Moselweinen des Jahrgangs 2009 von untypischen Weinen reden – aber untypisch im positiven Sinne. Die Frucht ist in weichem Schmelz verpackt, die Säuren sind weinig und reif, die Alkoholpegel nicht übertrieben hoch. Sicher, es gibt Weine wie Clemens Buschs Marienburg Rothenpfad, der 13,5 Vol.% aufweist. Aber solche Alkoholgehalte (sogar höhere!) wiesen auch die 2007er und 2006er auf. Wenn Spitzenweine durchgären, kommt man – auch an der Mosel –  schnell auf „Drehzahlen“ wie bei Wachauer oder Elsässer Rieslingen.

Untypisch mögen diese Weine für diejenigen sein, die gewohnt sind Kabinett zu trinken. Sie sollten besser von Großen Gewächsen Abstand nehmen. Große Gewächse sind konzipiert als rare Spitzenweine: in der Regel hochkarätige Spätlesen, wie sie an Mosel, Saar, Ruwer traditionell eigentlich nicht erzeugt werden. Und es lässt sich trefflich darüber streiten, ob die Rieslingtraube in diesen, mit nur maximal neun Gramm Restzucker ausgestatteten Weinen tatsächlich zu ihrem höchsten Ausdruck gelangt.

Gerade in 2009 zeigt sich jedoch, dass die Reife, die Fülle und der Extraktreichtum der Weine diese für die trockene Ausbauweise besonders prädestiniert. Sie sind stoffig, besitzen Struktur und eine natürliche Balance. Die mitunter rohe Säure, die manche 2008er auszeichnete, findet man in 2009 überhaupt nicht. Fazit: Die Mosel ist 2009 der Gewinner unter den deutschen Anbaugebieten – typisch hin und her.

Einstraube auf einer WeinflascheÜbrigens: Keineswegs alle Weine von den Ersten Lagen weisen in 2009 hohe Alkoholwerte auf. Für Roman Niewodniczanski von Van Volxem besteht die Besonderheit dieses Jahrgangs gerade darin, dass er Weine mit reifer Frucht und Säure, aber niedrigen Alkoholwerten hervorgebracht hat. Die 12 Vol.%, die seine Spitzenweine aufweisen, sind allerdings durch erhöhte Restsüße erkauft. Sie liegt in seinem Fall sogar über der für Große Gewächse liegenden Grenze. Die Van Volxem-Spitzen können in 2009 deshalb nicht als Große Gewächse, sondern nur als Erste Lagen auf den Markt gebracht werden. Gleiches gilt für Heymann-Löwenstein und eine Reihe anderer Weingüter.

Unterwertig gegenüber den Großen Gewächsen sind die Ersten Lagen deswegen nicht. Im Gegenteil: Sie besitzen ein ausgeprägteres Süße-Säure-Spiel, sind langlebiger und – vielleicht – „typischer“ im traditionellen Sinne. Gastronomisch sind sie trotzdem genauso gut einsetzbar wie die trockenen Weine: „Sie passen besser zu würzigen, auch scharfen Speisen, selbst zu Kalbfleisch-Gerichten“, sagt Hans-Joachim Zilliken aus Saarburg.

Leider hat es in 2009 an der Mosel nur wenige Weingüter gegeben, die trockene Große Gewächse produziert haben. Viele Winzer haben es vorgezogen, aus den Spitzenlagen halbtrockene oder feinherbe Weine zu keltern – oder gleich in Richtung Auslese zu gehen (ab Auslese dürfen Große Gewächse auch süß sein). So sind am Ende nur zwei Dutzend trockene Weine zusammengekommen, auf die sich die Weinfreunde in aller Welt nun stürzen werden.

2009 Mosel Großes Gewächs

WeingutGemeinde und Erste LageCharakteristikPunkteca. Preis
St. Urbans-HofLeiwen,
Laurentiuslay
Reife Beere mit Aprikosen- und Orangennoten, reich, fast opulent, getragen von süßem Schmelz und pikanter Frucht: großer, für viele sicher untypischer Riesling. Restsüße an der oberen Grenze93€ 24,00
Schloss LieserBrauneberg,
Juffer-Sonnenuhr
Strahlende Säure, aber gleichzeitig reife Beere und üppiger Körper, dazu feinste mineralische Noten: filigraner, vibrierender Wein93€ 23,00
Fritz HaagBrauneberg,
Juffer-Sonnenuhr
Sehr sauberer, gradliniger Wein mit reifer Beerenfrucht, gut eingebettete Säure, klare Frucht: jetzt noch verhalten und fast banal wirkend, aber mit riesigem Potenzial93€ 24,95
Forstmeister Geltz-ZillikenSaarburg,
Rausch
Schmelzig, rassig, rund, Säure gut verpackt in viel Extrakt: seltene Fülle, große Klasse92€ 24,00
Reinhold HaartPiesport,
Goldtröpfchen
Viel Mineralik in der Nase, satte, fast buttrig-schmelzige Frucht am Gaumen: hochfeiner, mitreißender Wein92€ 23,00
Dr. LoosenWehlen,
Wehlener Sonnenuhr
Üppiger, schiefriger Duft, fein ziselierte Frucht, reiche Struktur: grandioser Wein92€ 16,00
Dr. LoosenErden,
Prälat
Herb-fruchtig mit vielen Bodennoten: stoffiger, ungemein reifer Wein mit Noten von Mango und Orangen, feines Säurespiel, praktisch eine trockene Auslese92€ 49,00
von OthegravenKanzem,
Altenberg
Viel Pfirsich, feinste Mineralik, sehr reife Säure: runder und fülliger als sonst91€ 27.90
Schloss LieserLieser,
Niederberg Helden
Traubig-reif mit kühler Mineralik, tiefgründig, eigenwillige Lagenprägung: überzeugender, spannungsgeladener Wein91€ 21,50
Reichsgraf von KesselstattKanzem,
Scharzhofberger
Kühle Schiefercharakteristik, Zitrus, hohe kristallin-klare Säure: eher geschmeidig denn voll. Ein Klassiker für Fans ausgeprägter Mineralik91€ 20,00
KarthäuserhofEitelsbach,
Karthäuserhofberg
Traubig, saftig, schön abgerundet, perfekte Balance,91€ 26,50
Reichsgraf von KesselstattKasel,
Nies’chen
Schnörkellos, mineralisch-herb, sehr trocken, Riesling pur90€ 21,90
Dr. LoosenÜrzig,
Würzgarten
Relativ voller, fast pikanter Wein mit Apfel-/Holundernote: eigenwillig, aber gut gelungen90€ 23,00
Clemens BuschPünderich, Marienburg „Rothenpfad“Urtümlich-kraftvoller Wein, reife Beere, saftiger Kern, ganz eigener Stil90€ 23,00
S. A. PrümGraach
Domprobst
Karger, fast sehniger Wein, der von seiner feinen Mineralik lebt: anspruchsvoller Riesling89€ 28,50
Grans-FassianLeiwen,
Laurentiuslay
Kerniger Wein mit schöner Frucht und herzhafter Säure, nicht elegant, aber charaktervoll89€ 21,00
Dr. LoosenErden,
Treppchen
Mineralisch schlanker Wein, mehr Zitrus als Pfirsich, elegant, brave Säure89€ 23,00
Clemens BuschPünderich,
Marienburg
Rustikal- saftiger Wein mit leicht stieliger Komponente, toller Duft, durch weiche Säure runder als gewöhnlich89€ 22,00
S. A. PrümWehlen,
Sonnenuhr
Solider, gut gebauter Wein, durchaus mit Spannung88€ 21,50
S. A. PrümBernkastel,
Lay
Reife Pfirsichfrucht mit zitrigen Noten und milder Säure, etwas brav88€ 21,50
Reichsgraf von KesselstattWehlen,
Wehlener Sonnenuhr
Weich, rund, saftig, eingebettet in viel süßen Schmelz, fast ein bisschen zu gefällig88€ 21,50
Reichsgraf von KesselstattGraach,
Josephshöfer
Kräftiger, würziger Wein mit viel Saft, reifer Säure, guter Balance88€ 21.90
Reichsgraf von KesselstattPiesport,
Goldtröpfchen
Saftiger, komplex-fruchtiger Riesling mit schönem Spiel und viel Schmelz, hinten etwas stark abgerundet87€ 19,50
Grans-FassianDhron,
Hofberg
Reife Frucht, kraftvolle Säure, etwas auseinanderstrebend87€ 25,00

2009 Mosel Erste Lage

WeingutGemeinde und Erste LageCharakteristikPunkteca. Preis
Forstmeister Geltz-ZillikenSaarburg,
Rausch „diabas“
Relativ üppiger Wein mit reifer Beere, (noch) etwas bonbonhafter, aufgesetzt wirkender Süße, aber strahlender, durchdringender Säure: toller, spannungsreicher Wein zum späteren Genuß93€ 30,00
van VolxemWawern, Scharzhofberger „Pergensknopp“Vollmundig und gleichzeitig hochelegant: Aromensprektrum von Apfel über Aprikosen bis Orangen reichend, zarte Blauschiefernoten, stramme Säure: ein nahezu perfekter Wein93€ 32,00
Heymann-LöwensteinWinningen, Uhlen „Laubach“Exotisch-voller Wein mit Fruchtnoten, die von Grapefruit bis Passionsfrucht reichen, trotz seiner Fülle zupackend, mit reifer Säure kühner Mineralität93€ 28,00
Heymann-LöwensteinWinningen,
Röttgen
Opulenter Wein mit vielen exotischen Anklängen, Birne, Lychees, Teeblüten: majestätisch und doch finessereich, allerdings außerhalb der üblichen Stilistik92€ 20,00
Heymann-LöwensteinWinningen, Uhlen „Blaufüßer Lay“Hochfeiner Riesling mit Traminer- und Sauvignon-Anklängen, barocke Fülle mit frecher, pikanter Frucht: großartig, aber sehr in die Breite gehend92€ 24,00
van VolxemKanzem,
Altenberg
Feinste Beere, hohe Reife, großer Saft: schlank mit strammer Säure, fast trocken schmeckend91€ 32,00
van VolxemWiltingen, Braunfels „Volz“Rauchig-mineralisch mit exotischen Untertönen: eigenwilliger Wein, der aus der Spannung von reifer Frucht und seiner Mineralität lebt.91€ 24,50
Heymann-LöwensteinHatzenport,
Kirchberg
Wild, saftig, reif und doch nervig: sehr stoffiger, gleichwohl mitreißender Wein90€ 21,00
Heymann-LöwensteinHatzenport,
Stolzenberg
Wie der Kirchberg, nur kerniger, bissiger und noch substanzreicher90€ 21,00
van VolxemWawern,
Goldberg
Schlanker, mineralisch-saftiger Wein mit viel Innenleben: spielerisch-leicht und doch mit satter Frucht90€ 17,00
- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img