Großes Gewächs 2009 – And the winner is… Mosel

Etikett Dr. Loosen Erdener Prälat
Anfang September sind die Großen Gewächse des Jahrgangs 2009 auf den Markt gekommen: die trockenen Spitzenweine der VDP-Güter. Dem Jahrgang geht ein Ruf wie Donnerhall voraus – Bordeaux hat wohl mitgeholfen. Tatsächlich gibt es in 2009 viel Licht, aber auch viel Schatten. Weinkenner.de veröffentlicht ab heute in 5-tägigem Abstand die Probenotizen von Ulrich Sautter, Stephan Reinhardt und Jens Priewe. Den Beginn machen die Weine von der Mosel. Jens Priewe hat sie verkostet.

Noch vor 10 Jah­ren wäre ein Jahr­gang wie 2009 an der Mosel ein­stim­mig zum „gro­ßen“ Jahr­gang erklärt wor­den. Die Tem­pe­ra­tu­ren waren ab Spät­som­mer kon­stant hoch. Die Feuch­tig­keit reich­te aus, um Tro­cken­stress zu ver­mei­den. Die Trau­ben konn­ten auch in weni­ger guten Lagen voll aus­rei­fen. Fol­ge: vie­le Spät- und Aus­le­sen, wenig ein­fa­che Qua­li­täts­wei­ne. Die BILD-Zeitung, in Sachen Wein eigent­lich kei­ne Auto­ri­tät, titel­te zu Recht: „2009 ist ein Knüller.“

Doch es gab auch Leu­te, die die Stirn in Fal­ten leg­ten (ich mei­ne damit nicht die Win­zer, die wegen der gerin­gen Ern­te­men­ge – minus 20 Pro­zent – Grund zum Kla­gen hat­ten). Som­me­liers und Jour­na­lis­ten bemän­gel­ten bei der Vor­pre­mie­re der Gro­ßen Gewäch­se, zu der der Ver­band Deut­scher Prä­di­kats­wein­gü­ter (VDP) am 23./24. August 2010 nach Wies­ba­den ein­ge­la­den hat­te, immer wie­der, dass vor allem die tro­cke­nen Wei­ne zu schwer, zu üppig, zu unty­pisch sei­en. Die Kri­tik rich­te­te sich zum Bei­spiel gegen vie­le Moselweine.

Weinberg an der MoselTat­säch­lich kann man bei vie­len Mosel­wei­nen des Jahr­gangs 2009 von unty­pi­schen Wei­nen reden – aber unty­pisch im posi­ti­ven Sin­ne. Die Frucht ist in wei­chem Schmelz ver­packt, die Säu­ren sind wei­nig und reif, die Alko­hol­pe­gel nicht über­trie­ben hoch. Sicher, es gibt Wei­ne wie Cle­mens Buschs Mari­en­burg Rothen­pfad, der 13,5 Vol.% auf­weist. Aber sol­che Alko­hol­ge­hal­te (sogar höhe­re!) wie­sen auch die 2007er und 2006er auf. Wenn Spit­zen­wei­ne durch­gä­ren, kommt man – auch an der Mosel –  schnell auf „Dreh­zah­len“ wie bei Wach­au­er oder Elsäs­ser Rieslingen.

Unty­pisch mögen die­se Wei­ne für die­je­ni­gen sein, die gewohnt sind Kabi­nett zu trin­ken. Sie soll­ten bes­ser von Gro­ßen Gewäch­sen Abstand neh­men. Gro­ße Gewäch­se sind kon­zi­piert als rare Spit­zen­wei­ne: in der Regel hoch­ka­rä­ti­ge Spät­le­sen, wie sie an Mosel, Saar, Ruwer tra­di­tio­nell eigent­lich nicht erzeugt wer­den. Und es lässt sich treff­lich dar­über strei­ten, ob die Ries­ling­trau­be in die­sen, mit nur maxi­mal neun Gramm Rest­zu­cker aus­ge­stat­te­ten Wei­nen tat­säch­lich zu ihrem höchs­ten Aus­druck gelangt.

Gera­de in 2009 zeigt sich jedoch, dass die Rei­fe, die Fül­le und der Extrakt­reich­tum der Wei­ne die­se für die tro­cke­ne Aus­bau­wei­se beson­ders prä­de­sti­niert. Sie sind stof­fig, besit­zen Struk­tur und eine natür­li­che Balan­ce. Die mit­un­ter rohe Säu­re, die man­che 2008er aus­zeich­ne­te, fin­det man in 2009 über­haupt nicht. Fazit: Die Mosel ist 2009 der Gewin­ner unter den deut­schen Anbau­ge­bie­ten – typisch hin und her.

Einstraube auf einer WeinflascheÜbri­gens: Kei­nes­wegs alle Wei­ne von den Ers­ten Lagen wei­sen in 2009 hohe Alko­hol­wer­te auf. Für Roman Nie­wod­nicz­an­ski von Van Vol­xem besteht die Beson­der­heit die­ses Jahr­gangs gera­de dar­in, dass er Wei­ne mit rei­fer Frucht und Säu­re, aber nied­ri­gen Alko­hol­wer­ten her­vor­ge­bracht hat. Die 12 Vol.%, die sei­ne Spit­zen­wei­ne auf­wei­sen, sind aller­dings durch erhöh­te Rest­sü­ße erkauft. Sie liegt in sei­nem Fall sogar über der für Gro­ße Gewäch­se lie­gen­den Gren­ze. Die Van Volxem-Spitzen kön­nen in 2009 des­halb nicht als Gro­ße Gewäch­se, son­dern nur als Ers­te Lagen auf den Markt gebracht wer­den. Glei­ches gilt für Heymann-Löwenstein und eine Rei­he ande­rer Weingüter.

Unter­wer­tig gegen­über den Gro­ßen Gewäch­sen sind die Ers­ten Lagen des­we­gen nicht. Im Gegen­teil: Sie besit­zen ein aus­ge­präg­te­res Süße-Säure-Spiel, sind lang­le­bi­ger und – viel­leicht – „typi­scher“ im tra­di­tio­nel­len Sin­ne. Gas­tro­no­misch sind sie trotz­dem genau­so gut ein­setz­bar wie die tro­cke­nen Wei­ne: „Sie pas­sen bes­ser zu wür­zi­gen, auch schar­fen Spei­sen, selbst zu Kalbfleisch-Gerichten“, sagt Hans-Joachim Zil­li­ken aus Saarburg.

Lei­der hat es in 2009 an der Mosel nur weni­ge Wein­gü­ter gege­ben, die tro­cke­ne Gro­ße Gewäch­se pro­du­ziert haben. Vie­le Win­zer haben es vor­ge­zo­gen, aus den Spit­zen­la­gen halb­tro­cke­ne oder fein­her­be Wei­ne zu kel­tern – oder gleich in Rich­tung Aus­le­se zu gehen (ab Aus­le­se dür­fen Gro­ße Gewäch­se auch süß sein). So sind am Ende nur zwei Dut­zend tro­cke­ne Wei­ne zusam­men­ge­kom­men, auf die sich die Wein­freun­de in aller Welt nun stür­zen werden.

2009 Mosel Großes Gewächs

Wein­gutGemein­de und Ers­te LageCha­rak­te­ris­tikPunk­teca. Preis
St. Urbans-HofLei­wen,
Laurentiuslay
Rei­fe Bee­re mit Aprikosen- und Oran­gen­no­ten, reich, fast opu­lent, getra­gen von süßem Schmelz und pikan­ter Frucht: gro­ßer, für vie­le sicher unty­pi­scher Ries­ling. Rest­sü­ße an der obe­ren Grenze93€ 24,00
Schloss Lie­serBrau­ne­berg,
Juffer-Sonnenuhr
Strah­len­de Säu­re, aber gleich­zei­tig rei­fe Bee­re und üppi­ger Kör­per, dazu feins­te mine­ra­li­sche Noten: fili­gra­ner, vibrie­ren­der Wein93€ 23,00
Fritz HaagBrau­ne­berg,
Juffer-Sonnenuhr
Sehr sau­be­rer, grad­li­ni­ger Wein mit rei­fer Bee­ren­frucht, gut ein­ge­bet­te­te Säu­re, kla­re Frucht: jetzt noch ver­hal­ten und fast banal wir­kend, aber mit rie­si­gem Potenzial93€ 24,95
Forst­meis­ter Geltz-ZillikenSaar­burg,
Rausch
Schmelzig, ras­sig, rund, Säu­re gut ver­packt in viel Extrakt: sel­te­ne Fül­le, gro­ße Klasse92€ 24,00
Rein­hold HaartPie­sport,
Goldtröpfchen
Viel Mine­ra­lik in der Nase, sat­te, fast buttrig-schmelzige Frucht am Gau­men: hoch­fei­ner, mit­rei­ßen­der Wein92€ 23,00
Dr. Loo­senWeh­len,
Weh­le­ner Sonnenuhr
Üppi­ger, schief­ri­ger Duft, fein zise­lier­te Frucht, rei­che Struk­tur: gran­dio­ser Wein92€ 16,00
Dr. Loo­senErden,
Prälat
Herb-fruchtig mit vie­len Boden­no­ten: stof­fi­ger, unge­mein rei­fer Wein mit Noten von Man­go und Oran­gen, fei­nes Säu­re­spiel, prak­tisch eine tro­cke­ne Auslese92€ 49,00
von Othe­gra­venKan­zem,
Altenberg
Viel Pfir­sich, feins­te Mine­ra­lik, sehr rei­fe Säu­re: run­der und fül­li­ger als sonst91€ 27.90
Schloss Lie­serLie­ser,
Nie­der­berg Helden
Traubig-reif mit küh­ler Mine­ra­lik, tief­grün­dig, eigen­wil­li­ge Lagen­prä­gung: über­zeu­gen­der, span­nungs­ge­la­de­ner Wein91€ 21,50
Reichs­graf von KesselstattKan­zem,
Scharzhofberger
Küh­le Schie­fer­cha­rak­te­ris­tik, Zitrus, hohe kristallin-klare Säu­re: eher geschmei­dig denn voll. Ein Klas­si­ker für Fans aus­ge­präg­ter Mineralik91€ 20,00
Kart­häu­ser­hofEitels­bach,
Karthäuserhofberg
Trau­big, saf­tig, schön abge­run­det, per­fek­te Balance,91€ 26,50
Reichs­graf von KesselstattKasel,
Nies’chen
Schnör­kel­los, mineralisch-herb, sehr tro­cken, Ries­ling pur90€ 21,90
Dr. Loo­senÜrzig,
Würzgarten
Rela­tiv vol­ler, fast pikan­ter Wein mit Apfel-/Holundernote: eigen­wil­lig, aber gut gelungen90€ 23,00
Cle­mens BuschPün­de­rich, Mari­en­burg “Rothen­pfad”Urtümlich-kraftvoller Wein, rei­fe Bee­re, saf­ti­ger Kern, ganz eige­ner Stil90€ 23,00
S. A. PrümGraach
Domprobst
Kar­ger, fast seh­ni­ger Wein, der von sei­ner fei­nen Mine­ra­lik lebt: anspruchs­vol­ler Riesling89€ 28,50
Grans-FassianLei­wen,
Laurentiuslay
Ker­ni­ger Wein mit schö­ner Frucht und herz­haf­ter Säu­re, nicht ele­gant, aber charaktervoll89€ 21,00
Dr. Loo­senErden,
Treppchen
Mine­ra­lisch schlan­ker Wein, mehr Zitrus als Pfir­sich, ele­gant, bra­ve Säure89€ 23,00
Cle­mens BuschPün­de­rich,
Marienburg
Rustikal- saf­ti­ger Wein mit leicht stie­li­ger Kom­po­nen­te, tol­ler Duft, durch wei­che Säu­re run­der als gewöhnlich89€ 22,00
S. A. PrümWeh­len,
Sonnenuhr
Soli­der, gut gebau­ter Wein, durch­aus mit Spannung88€ 21,50
S. A. PrümBern­kas­tel,
Lay
Rei­fe Pfir­sich­frucht mit zit­ri­gen Noten und mil­der Säu­re, etwas brav88€ 21,50
Reichs­graf von KesselstattWeh­len,
Weh­le­ner Sonnenuhr
Weich, rund, saf­tig, ein­ge­bet­tet in viel süßen Schmelz, fast ein biss­chen zu gefällig88€ 21,50
Reichs­graf von KesselstattGraach,
Josephshöfer
Kräf­ti­ger, wür­zi­ger Wein mit viel Saft, rei­fer Säu­re, guter Balance88€ 21.90
Reichs­graf von KesselstattPie­sport,
Goldtröpfchen
Saf­ti­ger, komplex-fruchtiger Ries­ling mit schö­nem Spiel und viel Schmelz, hin­ten etwas stark abgerundet87€ 19,50
Grans-FassianDhron,
Hofberg
Rei­fe Frucht, kraft­vol­le Säu­re, etwas auseinanderstrebend87€ 25,00

2009 Mosel Erste Lage

Wein­gutGemein­de und Ers­te LageCha­rak­te­ris­tikPunk­teca. Preis
Forst­meis­ter Geltz-ZillikenSaar­burg,
Rausch „dia­bas“
Rela­tiv üppi­ger Wein mit rei­fer Bee­re, (noch) etwas bon­bon­haf­ter, auf­ge­setzt wir­ken­der Süße, aber strah­len­der, durch­drin­gen­der Säu­re: tol­ler, span­nungs­rei­cher Wein zum spä­te­ren Genuß93€ 30,00
van Vol­xemWawern, Scharz­hof­ber­ger “Per­gens­k­nopp”Voll­mun­dig und gleich­zei­tig hoch­ele­gant: Aro­men­sprek­trum von Apfel über Apri­ko­sen bis Oran­gen rei­chend, zar­te Blau­schie­fer­no­ten, stram­me Säu­re: ein nahe­zu per­fek­ter Wein93€ 32,00
Heymann-LöwensteinWin­nin­gen, Uhlen “Lau­bach”Exotisch-voller Wein mit Frucht­no­ten, die von Grape­fruit bis Pas­si­ons­frucht rei­chen, trotz sei­ner Fül­le zupa­ckend, mit rei­fer Säu­re küh­ner Mineralität93€ 28,00
Heymann-LöwensteinWin­nin­gen,
Röttgen
Opu­len­ter Wein mit vie­len exo­ti­schen Anklän­gen, Bir­ne, Lychees, Tee­blü­ten: majes­tä­tisch und doch fines­se­reich, aller­dings außer­halb der übli­chen Stilistik92€ 20,00
Heymann-LöwensteinWin­nin­gen, Uhlen “Blau­fü­ßer Lay”Hoch­fei­ner Ries­ling mit Traminer- und Sauvignon-Anklängen, baro­cke Fül­le mit fre­cher, pikan­ter Frucht: groß­ar­tig, aber sehr in die Brei­te gehend92€ 24,00
van Vol­xemKan­zem,
Altenberg
Feins­te Bee­re, hohe Rei­fe, gro­ßer Saft: schlank mit stram­mer Säu­re, fast tro­cken schmeckend91€ 32,00
van Vol­xemWil­tin­gen, Braun­fels “Volz”Rauchig-mineralisch mit exo­ti­schen Unter­tö­nen: eigen­wil­li­ger Wein, der aus der Span­nung von rei­fer Frucht und sei­ner Mine­ra­li­tät lebt.91€ 24,50
Heymann-LöwensteinHat­zen­port,
Kirchberg
Wild, saf­tig, reif und doch ner­vig: sehr stof­fi­ger, gleich­wohl mit­rei­ßen­der Wein90€ 21,00
Heymann-LöwensteinHat­zen­port,
Stolzenberg
Wie der Kirch­berg, nur ker­ni­ger, bis­si­ger und noch substanzreicher90€ 21,00
van Vol­xemWawern,
Goldberg
Schlan­ker, mineralisch-saftiger Wein mit viel Innen­le­ben: spielerisch-leicht und doch mit sat­ter Frucht90€ 17,00

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