Weinkrise in Griechenland: Santorins Winzer spüren den Druck

Die Finanzkrise hat Griechenlands Weingüter in Schwierigkeiten gebracht. Eine griechische Supermarktkette bietet hochwertige Weine mit Nachlässen von bis zu 40 Prozent an. Markus Stolz, in Athen lebender Griechenland-Experte, ist schockiert über diese Dumpingpreise. Er fürchtet, dass das mühsam aufgebaute Image griechischer Weine wieder kaputt gemacht wird.

Die neu­es­te Rabatt­ak­ti­on der grie­chi­schen Super­markt­ket­te AB Vas­si­lo­pou­los hat mich scho­ckiert. Seit ver­gan­ge­ner Woche bie­tet sie zwei Weiß­wei­ne von der Insel San­to­rin im Son­der­an­ge­bot an. Bei­de sind aus der Sor­te Assyr­ti­ko gekel­tert. Sie ist eine der feins­ten grie­chi­schen Reb­sor­ten. Auf der Insel San­to­rin wer­den aus ihr unter schwie­ri­gen Bedin­gun­gen und in müh­sa­mer Hand­ar­beit erst­klas­si­ge Wei­ne pro­du­ziert, die das beson­de­re Ter­ro­ir der Insel ein­drucks­voll wider­spie­geln. Die­se Wei­ne gehö­ren zu den bes­ten Weiß­wei­nen Grie­chen­lands, viel­leicht sogar Europas.

Der ers­te Wein ist ein­fach als „Assyr­ti­ko San­to­ri­ni“ eti­ket­tiert. Er kommt von Greek Wine Cel­lars, einem der mäch­tigs­ten Pro­du­zen­ten des Lan­des und dem größ­ten Abfül­ler grie­chi­scher Reben­säf­te. Die­ser Wein wird der­zeit mit 40 Pro­zent Rabatt für 4,30 € inklu­si­ve Mehr­wert­steu­er angeboten.

Die Ver­brau­cher mögen sich über ein sol­ches Schnäpp­chen freu­en. Denn der Wein ist, obwohl er nicht zu den bes­ten Assyr­ti­kos gehört, typisch für die Reb­sor­te und das Anbau­ge­biet und mit Sicher­heit von wesent­lich bes­se­rer Qua­li­tät, als der Preis suggeriert.

Doch der Scha­den, den eine der­ar­ti­ge Dumpingpreis-Kampagne anrich­tet, ist enorm. Die hohen Kos­ten machen es den Wein­bau­ern von San­to­rin unmög­lich, ihre Reb­flä­chen zu bestel­len, wenn der Wein zu einem der­art nied­ri­gen Preis ange­bo­ten wird. Auch ande­re Kel­le­rei­en kön­nen mit dem Wein­rie­sen Greek Wine Cel­lars nicht mithalten.

Was mich aber noch stär­ker beun­ru­higt als das Ver­schleu­dern guter Wei­ne im Inland ist die Infor­ma­tio­nen, dass der­sel­be Assyr­ti­ko offen­bar auch in den USA zu einem ähn­li­chen Dum­ping­preis auf den Markt kom­men soll. Zu einer Zeit, in der grie­chi­sche Wei­ne end­lich begin­nen, inter­na­tio­nal aner­kannt zu wer­den, wür­de die­se Poli­tik alle Erfol­ge der Ver­gan­gen­heit zunich­te­ma­chen. Mit Dum­ping­prei­sen ist die grie­chi­sche Wein­wirt­schaft noch nie in der Lage gewe­sen, ihre Expor­te anzu­kur­beln. Im Gegen­teil: Nied­ri­ge Prei­se haben das Image des grie­chi­schen Weins eher nach unten gezogen.

Flaschen Assyrtiko SantoriniMomen­tan gibt Grie­chen­land viel Geld aus, um das Image der grie­chi­schen Wei­ne im Aus­land zu ver­bes­sern. Gan­ze Berater-Stäbe wer­den enga­giert, Wein­jour­na­lis­ten und Blog­ger ins Land geflo­gen, gro­ße Degus­ta­tio­nen orga­ni­siert. Doch all die­se Anstren­gun­gen sind nutz­los, wenn der Assyr­ti­ko von der Insel San­to­rin, eine der Per­len grie­chi­scher Wein­kul­tur, von den Dis­coun­tern zu Dum­ping­prei­sen auf den Markt gewor­fen wird.

Der zwei­te preis­lich her­ab­ge­setz­te Weiß­wein aus der Assyrtiko-Traube ist der Thalas­si­tis vom renom­mier­ten Wein­gut Gaia. Die­ser Wein, der in der letz­ten Aus­ga­be von Robert Parker’s Wine Advo­ca­te 91 Punk­te erhal­ten hat, wird der­zeit mit 15% Rabatt für 9,99 € ange­bo­ten, Mehr­wert­steu­er inklu­si­ve. Er ist einer der bes­ten Assyr­ti­kos überhaupt.

Ist die­ses Son­der­an­ge­bot etwa der Vor­bo­te für einen neu­en Preis­krieg? Ich weiß, dass Gaia hart dar­an arbei­tet, in den Export­märk­ten emp­foh­le­ne Mini­mum­prei­se durch­zu­set­zen. Die Tat­sa­che, dass sei­ne eige­nen Wei­ne in Grie­chen­land mit Preis­nach­läs­sen ange­bo­ten wer­den, mach­te die­se Bemü­hun­gen zunichte.

Sicher, die anhal­ten­de Finanz­kri­se in Grie­chen­land for­dert ihren Tri­but. Das ver­füg­ba­re Ein­kom­men der Ver­brau­cher schmilzt zusam­men. Beson­ders die Wein­gü­ter durch­le­ben har­te Zei­ten. Der Cash­flow ist zum kom­plet­ten Still­stand gekom­men. Ich schät­ze, dass die Ver­kaufs­zah­len in den letz­ten Mona­ten zwi­schen 30 und 50 Pro­zent zurück­ge­gan­gen sind. Die Export­märk­te ver­har­ren zwar noch auf sta­bi­lem Niveau. Doch in Anbe­tracht der Tat­sa­che, dass rund 90 Pro­zent des Weins im eige­nen Land ver­kauft wird, bie­tet das wenig Trost.

Mar­kus Stolz ist ein Exper­te für grie­chi­sche Wei­ne und ver­ant­wort­lich für das Inter­net­por­tal www.elloinos.com. Es ist eine der zuver­läs­sigs­ten Infor­ma­ti­ons­quel­len über grie­chi­sche Weine.

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