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Gambero Rosso 2016: die 3-Gläser-Weine des Piemont

Die Zahl 75 wäre nicht zustande gekommen, wenn sich die Gambero-Rosso-Tester auf Barolo und Barbaresco konzentriert hätten, die beiden wichtigsten Rotweine der Region. Sie stellen den Löwenanteil der ausgezeichneten Weine, zumal 2011 und 2012 wieder sehr gute bis große Jahrgänge waren.

Mehr als nur Barolo und Barbaresco

Die Gambero-Rosso-Tester haben die Augen aufgemacht und registriert, dass sich auch außerhalb der etablierten Anbaugebiete etwas getan hat, etwa bei den Timorasso-Winzern. Gleich vier Weinen dieser neuen Weißwein-Appellation bei Tortona wurden die höchsten Ehren zuteil. Aus Sicht derer, bei denen der Riesling vor der Haustür wächst wie bei uns, mag das übertrieben erscheinen. Doch in einem Land, das reich an mittelmäßigen, aber arm an wirklich großen Weißweinen ist, sieht man das naturgemäß anders.

Auch Gattinara und Ghemme bekommen etwas von den Goldmedaillen ab. Selbst die vom Aussterben bedrohte Weinkultur in Carema am Eingang zum Aostatal darf sich der Wertschätzung der roten Genossen aus Rom gewiss sein, obwohl die Weine, wenn man die absolute Qualität heranzieht, nie einem Barolo das Wasser reichen können, auch nicht einem Zwei-Gläser-Barolo.

Matteo Corregia ist wieder nicht unter den Siegern

Das jenseits des Tanaro-Flusses gelegene Roero, das dritte Nebbiolo-Anbaugebiet um Alba, wurde ebenfalls gebührend berücksichtigt, wobei auffällt, das Matteo Correggia, der Star der Appellation, zum wiederholten Male nicht berücksichtigt wurde. Ich kann, ehrlich gesagt, nicht erkennen, dass dessen Rocche d’Ampsej in 2011 und 2010 abfällt gegenüber 2009, als er aufs Treppchen kam. Auch Giovanni Almondo musste sich diesmal mit zwei roten Gläsern zufrieden geben.

Etikett Barolo CannubiKommen wir zu den Barolo. Von den anerkannt großen Erzeugern fehlt (außer Roberto Voerzio und Aldo Conterno, die gar nicht gelistet sind) eigentlich keiner. Mit 35 Weinen, denen Drei-Gläser-Status zugesprochen wird, haben die Tester ihren Segen allerdings mit der Gießkanne verteilt. Sie wollten wohl niemandem wehtun.

Der erfahrene Barolo-Trinker wird  jedoch schnell feststellen, dass die Qualitätsunterschiede zwischen den Siegerweinen enorm sind. Zwischen Brezza, Bovio, Mauro Molino und Giovanni Conterno, Bruno Giacosa, Vietti liegen Lichtjahre.

Auch Elio Grasso diesmal leer ausgegangen

Dass bei Vietti der einfache Barolo Castiglione prämiert wird und nicht die majestätischen Lagenweine, ruft leichte Verwunderung hervor. Ähnliches gilt für Paolo Scavino, Azelia und Elvio Cogno. Bei allen Dreien sind – das behaupte ich forsch – die Zwei-Gläser-Weine besser als die Drei-Gläser-Weine. Elio Grasso, der in den letzten Jahren immer eine beeindruckende Kollektion gezeigt hat, die internationalen Weinkritikern bis zu 99 Punkte wert war, muss sich diesmal mit zwei roten Gläsern bescheiden (bedeutet: Teilnahme am Finale der Besten, aber dort nicht unter den besten). Richtig ist, dass Grassos 2011er nicht ganz die Qualität der famosen 2009er und 2010er besitzen. Aber sie gehören immer noch zu den Top 10 des Anbaugebiets.


Nur ein Wein pro Produzent darf die drei Gläser erhalten

Weinberg in BaroloAuch Cavallotto, der Meister der traditionellen Barolo, dessen Riserve überragend sind, wurde nicht berücksichtigt. Dass Elio Altare nur mit seinem Barbera Larigi in der Siegerliste steht, ist allein der Tatsache geschuldet, dass jeweils nur ein Wein pro Produzent die drei Gläser erhalten kann. Für den Leser ist das verwirrend: Altares Barolo Arborina und Ceretta hätten eigentlich vier Gläser verdient.

In Barbaresco ist Gaja aus diesem Grunde nicht unter den Siegern. Sein Sperss (der eigentliche Barolo, obwohl zum Langhe Nebbiolo deklassiert) hat die drei Gläser erhalten, und die Lagenweine aus dem Anbaugebiet von Barbaresco – Sorì Tildin, Costa Russi und San Lorenzo des Jahrgangs 2011 – sind noch nicht freigeben. Gajas normaler Barbaresco muss sich mit zwei roten Gläsern bescheiden. Angelos Gaja wird es verschmerzen. Nächste Woche werde ich diesen Wein probieren. Dann sehe ich besser, ob die Einstufung plausibel ist.

Gajas Barbaresco nur mit zwei roten Gläsern

Das Anbaugebiet von BarbarescoAn der Wahl der prämierten Barbaresco ist ansonsten wenig auszusetzen. Mit Sottimano, Roagna, Busso, Cigliuti und Ca’del Baio sind unstrittig die Top-Winzer der Zone ausgezeichnet worden. Überrascht hat mich auch nicht die Prämierung von Rizzi, dessen 2010er Riserva erstmals auf dem Treppchen steht. Ich verfolge das Weingut schon lange und war immer sehr beeindruckt von den schnörkellosen, rassigen Weinen (die übrigens zu den preiswertesten des Anbaugebiets gehören).

Nächste Woche werde ich nach dem Besuch bei Gaja gleich dorthin fahren, um die 2011er zu probieren. Auch freut mich, dass ein Barbaresco von Castello di Neive es mal wieder geschafft hat, die drei Gläser abzuräumen. Meiner Meinung nach ist dieses Weingut, das mit besten Lagen gesegnet ist, deutlich unterschätzt.

Dämpfer für den Barbera-Spezialisten Braida

Paukenschlag in Asti: Keiner der Barbera von Braida ist diesmal ausgezeichnet worden: weder der Bricco dell’Uccellone noch der Bricco Bigotta. Das Weingut, das den modernen Barbera erfunden hat, sollte wohl einen Dämpfer erhalten. Na ja. Ansonsten sind der Pomorosso von Coppo und der Barbera Superiore Nizza von Olim Bauda dabei. Sie rücken das Bild wieder etwas zurecht und können sich zuprosten – zum Beispiel mit dem Brut von Serafino. Hoch oben in der Alta Langa, die bisher nur für ihre Haselnüsse und Gockel berühmt war, wird jetzt vermehrt Schaumwein produziert. Offenbar sogar auf Drei-Gläser-Niveau.


Die 3-Gläser-Weine des Gambero Rosso 2016*


*Der Gambero-Rosso-Führer erscheint im Januar/Februar auf Deutsch und ist im Buchhandel erhältlich.


  • 2009 Alta Langa Brut Zero Cantina Maestra – Enrico Serafino
  • 2012 Barbaresco Albesani Santo Stefano – Castello di Neive
  • 2012 Barbaresco Asili  – Ca’ del Baio
  • 2012 Barbaresco Asili – Bruno Giacosa
  • 2010 Barbaresco Boito Riserva – Rizzi
  • 2006 Barbaresco Crichët Pajé  – I Paglieri – Roagna
  • 2011 Barbaresco Gallina – Piero Busso
  • 2012 Barbaresco Marcorino  – Cantina del Glicine
  • 2010 Barbaresco Riserva – Sottimano
  • 2011 Barbaresco Serraboella – F.lli Cigliuti
  • 2012 Barbera d’Asti Pomorosso  – Coppo
  • 2012 Barbera d’AstiSuperiore Genio – Gianni Doglia
  • 2013 Barbera d’Asti Superiore La Mandorla – Luigi Spertino
  • 2012 Barbera d’Asti Superiore Nizza- Tenuta Olim Bauda
  • 2012 Barbera d’Asti Superiore Nizza A Luigi Veronelli – Brema
  • 2012 Barbera d’Asti Superiore Nizza La Court – Michele Chiarlo
  • 2012 Barbera del Monferrato Superiore Bricco Battista – Giulio Accornero e Figli
  • 2013 Barbera del Monferrato Superiore Le Cave – Castello di Uviglie
  • 2011 Barolo – Bartolo Mascarello
  • 2011 Barolo Acclivi – G. B. Burlotto
  • 2011 Barolo Bric dël Fiasc – Paolo Scavino
  • 2011 Barolo Bricco Rocche – Ceretto
  • 2011 Barolo Broglio  – Schiavenza
  • 2011 Barolo Brunate – Mario Marengo
  • 2011 Barolo Brunate – Giuseppe Rinaldi
  • 2011 Barolo Bussia – Giacomo Fenocchio
  • 2011 Barolo Cannubi – Poderi Luigi Einaudi
  • 2011 Barolo Cannubi – Marchesi di Barolo
  • 2011 Barolo Cannubi  – E. Pira & Figli – Chiara Boschis
  • 2011 Barolo Cannubi Boschis – Luciano Sandrone
  • 2010 Barolo Cerviano – Abbona
  • 2011 Barolo Gallinotto – Mauro Molino
  • 2011 Barolo Gattera – Gianfranco Bovio
  • 2011 Barolo Giachini – Giovanni Corino
  • 2011 Barolo Gramolere – F.lli Alessandria
  • 2010 Barolo Liste – Giacomo Borgogno & Figli
  • 2011 Barolo Marenca – Luigi Pira
  • 2008 Barolo Monfortino Riserva – Giacomo Conterno
  • 2010 Barolo Monprivato – Giuseppe Mascarello e Figlio
  • 2011 Barolo Ornato – Pio Cesare
  • 2011 Barolo Parafada – Massolino
  • 2011 Barolo Prapò – Ettore Germano
  • 2011 Barolo Rapet  – Ca’ Rome’
  • 2011 Barolo Ravera – Elvio Cogno
  • 2011 Barolo Resa 56 – Brandini
  • 2011 Barolo Rocche dell’Annunziata – Renato Corino
  • 2011 Barolo Rocche di Castiglione – Vietti
  • 2011 Barolo San Rocco – Azelia
  • 2011 Barolo Sarmassa – Giacomo Brezza & Figli
  • 2010 Barolo Sottocastello di Novello – Ca’ Viola
  • 2011 Barolo Vigna Lazzairasco – Guido Porro
  • 2011 Barolo Vigna Rionda Ester Canale Rosso – Giovanni Rosso
  • 2011 Barolo Villero – Brovia
  • 2011 Carema Etichetta Bianca Riserva – Cantina dei Produttori
  • 2011 Nebbiolo di Carema Carema Etichetta Nera – Ferrando
  • 2012 Colli Tortonesi Timorasso Filari di Timorasso – Luigi Boveri
  • 2013 Colli Tortonesi Timorasso Il Montino – La Colombera
  • 2013 Colli Tortonesi Timorasso Pitasso – Claudio Mariotto
  • 2012 Dogliani Superiore San Bernardo – Anna Maria Abbona
  • 2012 Dolcetto di Ovada Superiore Du Riva  – Tacchino
  • 2011 Gattinara Osso San Grato – Antoniolo
  • 2014 Gavi del Comune di Gavi Minaia – Nicola Bergaglio
  • 2014 Gavi Minaia – Franco M. Martinetti
  • 2012 Ghemme dei Mazzoni – Tiziano Mazzoni
  • 2010 Ghemme Vigna Pellizzane – Torraccia del Piantavigna
  • 2013 Langhe Larigi – Elio Altare
  • 2011 Langhe Nebbiolo Sperss – Gaja
  • 2013 Ovada Convivio – Gaggino
  • 2011 Roero Gepin – Stefanino Costa
  • 2011 Roero Mombeltramo Riserva – Malvirà
  • 2012 Roero Mompissano Riserva – Cascina Ca’ Rossa
  • 2011 Roero Printi Riserva – Monchiero Carbone
  • 2012 Roero Sudisfà Riserva – Negro Angelo e Figli
  • 2012 Roero Valmaggiore Riserva – Cascina Chicco
  • 2013 Sterpi – Vigneti Massa
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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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