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Franciacorta von Ferghettina: In der quadratischen Flasche vergoren

Matteo Gatti ist 38 Jahre alt. Dafür dass er im Weingut Ferghettina eine leitende Position hat, ist das junges Alter. Als er die Idee mit den quadratischen Flaschen hatte, war er noch viel jünger, nämlich Ende 20. Er dachte sich damals, dass der Hefekontakt eines flaschenvergorenen Schaumweins in einer Flasche mit flachen Seiten größer ist als in einer runden Flasche. Probehalber ließ er ein paar solcher Flaschen produzieren, die oben rund und unten quadratisch sind und dadurch flache Seiten haben. Die Kontaktfläche von Hefe und Wein ist, rechnete er aus, in diesen Flaschen zweieinhalbmal größer als in der Normalflasche. „Quadratur des Kreises“, nannte er das Phänomen.

Tausend Tage auf der Hefe

Soweit die Theorie. Die Praxis folgte auf dem Fusse. Matteo ließ einen seiner besten Franciacorta in eine solche Flasche füllen, um ihn darin zu vergären und drei Jahre auf der Hefe liegen zu lassen – über tausend Tage lang. „Milledì“ wie es im lombardischen Dialekt heißt. Das Resultat war stupende: ein auch nach so langer Zeit extrem frischer Schaumwein mit intensivem Brotkrustenaroma, typisch für Weine, die lange einen intensiven Hefekontakt gehabt haben.

Matteo und Laura Gatti, © Ferghettina

Inzwischen werden auch der Rosé und Satèn in quadratischen Flaschen vergoren

Aus dem Experiment wurde Ernst. Der Blanc de Blancs von Ferghettina macht seitdem regulär die zweite Gärung in Flaschen mit quadratischer Grundfläche durch. „Milledì“ heißt dieser Franciacorta Brut seitdem ganz offiziell. Er wird nur aus Chardonnay-Trauben gewonnen wird und kommt immer mit Jahrgang auf den Markt, derzeit der 2015er. Ich habe neulich den 2008er Milledì getrunken und war begeistert. Der Wein steht perfekt im Glas, zeigt keinerlei Altersnoten, ist noch immer hefefrisch. Die Perlage ist superfein und intensiv, die Mousse stabil. Bei der Lagerung auf der Hefe werden Mannoproteine freigesetzt, die den Schaumweinen eine größere Fülle und den delikaten Geschmack von Brioche, Gebäck oder Brotkuste geben – je länger, desto intensiver. Nach dem erfolgreichen Start mit Ferghettinas Blanc de Blancs Brut wurden auch der Rosé Milledì und der Satèn in den quadratischen Flaschen vergoren.

© Ferghettina

Die Eltern sind der Boss, die Kinder die Chefs

Ferghettina ist ein Familienbetrieb, wie er typisch für Italien ist. Es gehört Matteos Eltern. Sein Vater war jahrzehntelang Kellermeister auf dem bekannten Franciacorta-Weingut Bellavista, bevor er sich 1991 selbstständig machte. Heute sitzt er am liebsten auf seinem Traktor und fährt durch die Weinberge. 200 Hektar sind es inzwischen, die Ferghettina teils besitzt, teils zugepachtet hat. Den Wein machen die Kinder: Matteo zusammen mit seiner jüngeren Schwester Laura. Vater und Mutter sind also der Boss, sie sind die Chefs.

Ferghettina auch in Deutschland gut vertreten

Die Franciacorta, eine liebliche Hügelgegend südlich des Iseo-Sees zwischen den Städten Brescia und Bergamo, ist Italiens bestes und berühmtestes Schaumwein-Anbaugebiet.  Produziert wird nur nach der traditionellen Methode. Also der Flaschengärung. Die Rebsorten sind dieselben wie in der Champagne: Chardonnay und Pinot Noir (in Italien Pinot Nero genannt). Nur Pinot Meunier wird in der Franciacorta nicht angebaut. Einige Qualitätsparameter sind sogar strenger als in der Champagne, etwa die Höchsterträge im Weinberg und die Mindestdauer des Hefelagers. Ferghettina gehört zu den erfolgreichsten Neugründungen in der Franciacorta. Ihre Schaumweine erhalten in den einschlägigen Weinführern regelmäßig hohe und höchste Noten, die 3 Gläser im Gambero Rosso eingeschlossen. Auch in Deutschland ist Ferghettina mit seinen Schäumern gut vertreten, am häufigsten mit dem einfachen Brut, der Basisversion, aber auch mit dem Satèn, dem Extra Brut, der Riserva (die alle in der runden Flasche zweitvergoren werden) und den beiden oben erwähnten Milledì-Franciacorta.

Preis: je nach Typologie zwischen 19 und 60 Euro

Bezug: www.garibaldi.de, www.shop-elenaaltare.com, www.tannico.com, www.perbaccowein.de, www.enzo.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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