Alles begann mit einem süffigen Rot- und einem simplen Roséwein. Wahrscheinlich hätte kein Mensch von ihnen Notiz genommen, wenn sie nicht unter dem Namen „Pornfelder“ auf den Markt gekommen wären. Portugieser und Dornfelder – das sind die Sorten, aus denen diese Weine gekeltert waren. Der zweideutige Namen katapultierte Lukas Krauß vor fünf Jahren ganz nach oben in der Jungwinzerszene der Pfalz – zumindest was die Beachtung angeht. In den sozialen Netzwerken wurde gelobt und geschimpft. Aber auch seriöse Zeitungen nahmen sich des Bürschchens mit dem zerbeulten Hut an und zollten ihm Respekt für seine Namensidee. Krauß hat dem Pornfelder also viel zu verdanken.
Nach „Pornfelder“ nun „geile Weine“
Die Pornfelder sind sauber gemachte mainstream-Weine. Aber Lukas Krauß, inzwischen 29, nervt es, dass er immer noch auf diese Weine reduziert wird. Er will mehr. Er will aus eigentlich uninteressanten Lagen, die er bewirtschaftet, „geile Weine“ rausholen. Die Lagen befinden sich in der flachen Rheinebene bei Lambsheim, 20 Kilometer von Ludwighafen entfernt. Viel Sand ist da, ein wenig Löß, kein Kalk oder Schiefer oder Vulkangestein wie in den Toplagen an der Weinstraße. „Mit Terroir können wir nicht punkten“, gibt er unumwunden zu.
Weinberge neben Kartoffeläckern
Trotzdem gelingt es ihm, aus Riesling, Silvaner, Grauem Burgunder „schwerst gute“ Weine zu erzeugen, wie Andreas Barth, Günter Jauchs Kellermeister an der Saar, nach dem Verkosten der Krauß’schen Tropfen einmal anerkennend auf Facebook schrieb. Sie paaren Kraft mit Struktur, Frucht mit Würze, sind dabei nie hoch im Alkohol und können durchaus mal ein paar Jahre im Keller liegen. Dabei sind sie alle leicht zugänglich und überfordern niemanden. Laut Krauß liegt das an den Böden. „In Lambsheim liegen die Weinberge neben den Kartoffeläckern, wir haben keine Superböden. Das heißt, dass die Weine nie zu krass werden, auch wenn ich abgefahrenes Zeug mit ihnen anstelle.“
Das „ß“ ist sein Logo, der Hut sein Markenzeichen
Außer dem Hut ist das „ß“ sein Markenzeichen. Er pflegt es nicht nur in seinem Namen. WEIßWEINE UND SÜßWEINE schreibt er auch konsequent mit diesem altmodischen Buchstaben, den es in keiner anderen Schriftsprache der Welt gibt. Auf dem Etikett seiner Weine ist das „ß“ sogar sein Logo. Statt nach Prädikaten klassifiziert er seine Weine nach eigenem Gusto. Als Symbol benutzt er den Hut. Ein Hut steht für viel Spaß für kleines Geld: etwa die Weißweincuvée „Chapeau krauß“ für 5,50 Euro. In sie kommt alles rein, was er an Müller-Thurgau, Kerner und anderen weißen Sorten hat, die sich sonst nur schwer vermarkten lassen. Aber auch saftige, saubere Gutsweine vom Riesling und vom Silvaner, die trotz des Spaßfaktors ernsthaft sind.
Lagenweine ohne Lagen
Weine mit zwei Hüten sind im Holzfass ausgebaut und standen vor Gärbeginn oftmals auf der Maische – also das, was er „abgefahren“ nennt. Lagenweine nennt er sie, weil sie lange auf der Hefe lagen. Und die Drei-Hut-Weine? An denen bastelt Krauß noch. Obwohl er schon seit neun Jahren Weine erzeugt, hat er bis jetzt noch nicht ganz die Kurve gekriegt. Aber wenn jemand freiwillig so lange darauf verzichtet, einen Topwein abzufüllen, zeigt das, dass er hohe Ansprüche hat.
Keine Lust auf Schule
Dabei sah es im Leben von Krauß lange nicht nach einer Laufbahn als Winzer aus. Dass er mit einer Winzerlehre begann, hatte einen ganz pragmatischen Grund: keine Lust mehr auf Schule. Die Abneigung ging so tief, dass er am liebsten vom Gymnasium auf die Hauptschule gewechselt wäre, um mit möglichst wenig Aufwand einen Abschluss zu bekommen. Über spätere Berufswünsche machte er sich keine Gedanken. Sicher, sein Vater hatte zwar ein kleines Weingut, vom dem die Familie bescheiden lebte. Aber selbst Winzer werden?
„Lieber Winzer als beruflich irgendeinen Mist machen“
Auf die Idee mit der Winzerlehre brachte ihn im Alter von 15 Jahren ein Test in einem Berufsinformationszentrum. „Das Ergebnis bei mir waren lauter grüne Berufe. Dann bin ich nach Hause gekommen und habe zu meinen Eltern gesagt, ich werde Winzer.“
Endgültige Gewissheit brachte eine Winzerreise nach Österreich. „Da merkte ich, dass der Umgang mit Wein dort ein ganz anderer ist, als ich ihn kannte. Ich bin völlig euphorisch nach Hause gekommen und habe mir gedacht, bevor ich beruflich irgendeinen Mist mache, werde ich wirklich Winzer.“
Erfahrungen bei Müller-Catoir
Ein guter Azubi wurde Lukas dennoch nicht. Es fehlte der Spaß – jedenfalls solange, bis er auf das Weingut Müller-Catoir in Haardt an der Weinstraße kam. Mit Holzfässern zu experimentieren, alles von Hand zu machen, zu sehen, wie weit man gehen und was man aus dem Wein rausholen kann – das faszinierte ihn. Ihm wurde klar: ins väterliche Weingut einzusteigen, das ging nicht mehr. Dessen teuerster Wein kostete damals 4,40 Euro, bei Müller-Catoir ging es bei neun Euro los. Der Vater gab ihm ein paar Hektar ab und der Junior machte seine eigene Weinlinie. Im ersten Jahr füllte er gerade mal 1000 Flaschen ab. Dann kam der Pornfelder.
Inzwischen liegt Lukas bei bis zu 45.000 Flaschen, während der Vater etwa die Hälfte macht. Jetzt spielt dieser den kleineren Part. Natürlich sind beider Weine ziemlich verschieden. Aber schon äußerlich kann man sie leicht unterscheiden. Auf den Kartons von Lukas steht „Geiler Wein“.
Das Weingut:
Lukas Krauß, Weisenheimer Str. 23, 67245 Lambsheim
www.lukaskrauss.de