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Ein Grauburgunder der etwas anderen Art

„Er kontert das badische Grauburgunder-Klischee“, sagt Matthias Wörner über seinen Wein aus dem Durbacher Kochberg. In der Tat schmeckt er kaum wie ein badischer Grauburgunder. Der Wein ist schlank, bissig und puristisch, während badische Grauburgunder traditionell eher ausladende Weine von barocker Fülle sind.

Misstrauen gegen hohe Mostgewichte

Dass Wörners Grauburgunder anders schmeckt, liegt nicht zuletzt an der frühen Lese. Seinen Debütjahrgang, den 2017er, hatte Matthias Wörner mit weniger als 90 Grad Oechsle geerntet und einen Wein mit gerade mal 11,3 % Vol. Alkohol bekommen. „Im Nachhinein war das vielleicht einen Tick zu früh“, sagt er. Das Misstrauen gegen hohe Mostgewichte ist jedoch geblieben. Mit 13 % Vol. liegt der 2019er zwar über seinem Erstling, aber immer noch deutlich unter den in Baden üblichen 14 % Vol. aufwärts. Ein Grauburgunder der anderen Art also, bei dem „Trinkfreunde und Spass im Vordergrund stehen“, wie der 29-Jährige es formuliert.

Matthias Wörner, © Weingut Wörner

Nichts für Pinot Grigio-Trinker

Grauburgunder aus Deutschland weist zwar keine Ähnlichkeiten mit italienischem Pinot Grigio auf, erfreut sich aber hierzulande ebenso großer Beliebtheit. Die meisten Weine aus dieser Sorte, egal ob aus Baden, der Pfalz oder von der Nahe, haben weniger Säure als ein Riesling und sind stoffiger – für Gelegenheits-Weintrinker, Anspruchslose und Wein-Biedermänner (beziehungsweise –frauen) genau das Richtige. Für solches Konsumenten-Klientel ist Wörners Grauburgunder nicht geeignet. Sein Wein ist schlank statt ausladend und von einer lebendigen Säure durchzogen. Seine Grauburgunder-Parzelle befindet sich auf 400 Metern Höhe, da wo die Durbacher Großlage Kochberg auf die Ausläufer des Schwarzwaldes trifft. Dort ist es spürbar kühler als in den Tallagen. Die Beeren bilden weniger Zucker. Die Parzelle gehört zu den 1,5 Hektar Rebfläche, die sich der Jungwinzer für seine eigenen Weine herausgepickt hat. Gerade mal 800 Flaschen Grauburgunder keltert er aus diesem Stück Weinberg.  Den größten Teil seiner Trauben verkauft er an ein anderes Weingut im Dorf.

 

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Die Hälfte des Weins wird über Instagram verkauft

Das Dorf heißt Durbach und liegt in der Ortenau. Bis zu Matthias‘ Einstieg im Jahre 2017 war der elterliche Hof ein Mischbetrieb mit Wald, Wiesen und ein paar Hektar Reben, aber ganz ohne eigenen Wein. Matthias, der nach dem Abitur bei Salwey am Kaiserstuhl und Müller-Catoir in der Pfalz gelernt und anschließend ein Önologiestudium in Geisenheim absolviert hatte, will nicht alles umkrempeln. Er ist zum Beispiel sehr stolz auf die eigene Trinkwasserquelle im Wald, die den Großteil der Wasserversorgung deckt, und die er unbedingt behalten will. Aber die Winzerei soll künftig im Mittelpunkt stehen. Insgesamt fünf Hektar sind mit Reben bestockt, neben Grauburgunder auch Weißburgunder, Riesling, Roter Traminer und Spätburgunder. Außerdem bietet Wörner einen Cider aus alten Birnen- und Apfelsorten an. Die Hälfte seiner Produktion verkauft er derzeit über Instagram. Doch für die Zukunft ist das zu wenig. Ein neuer Keller und ein Degustationsraum sind im Entstehen, die Produktion soll langsam hochgefahren werden.

© Weingut Wörner

Langes Hefelager, wenig Schwefel, wenig Filtration

Dass Wörners Weine anders schmecken als die seiner Kollegen, liegt auch an der Kellerarbeit. Prägend für den Stil ist dabei das lange Vollhefelager. Bis Sommer 2020 lag sein 2019er Grauburgunder im Fass auf dem Trub, der sich aus abgestorbener Hefe und kleinen Feststoffpartikeln der gequetschten Trauben zusammensetzt. Ein Verfahren, das seinem Grauburgunder eine enorme Cremigkeit verleiht und damit für Spannung sorgt. Auch nach Ende der Gärung prägt der „tote“ Trub den Wein, gibt ihm hefige Aromen und ein persistentes, weiches Mundgefühl. Das Vollhefe-Lager hat aber noch einen anderen Effekt: Es schützt den Wein vor Oxidation und gibt dem Winzer die Freiheit, nur wenig zu schwefeln.

Eine filtrierte und eine unfiltrierte Version

Maischestandzeiten lehnt Wörner zwar nicht per se ab, findet aber, dass sie nicht zu seinem Stil passen. „Hier in Baden müssen wir eher schauen, dass wir die Weine kompakt halten“, meint er und betont, dass ihm Grauburgunder nach einer Maischestandzeit rasch zu breit wird. Fülle haben seine Weine durch das lange Hefelager ohnehin. Außerdem sind sie nie ganz blank filtriert. Ein grober Schichtenfilter vor der Abfüllung, das war‘s. Ein paar Flaschen hat Matthias Wörner sogar ganz ohne Filtration abgefüllt. Als Experiment, wie er sagt: „Da muss ich meinen endgültigen Weg noch finden“. Will er die Lage, den Kochberg, auf das Etikett schreiben, muss er die Qualitätsweinprüfung bestehen. So verlangt es das Weingesetz – und mit trüben Weinen ist das nahezu ausgeschlossen. Ich habe beide Versionen probiert und finde, dass der Experimentalwein noch eine Spur aufregender, cremiger und wilder ist als die filtrierte Variante. Vielleicht, überlegt Matthias Wörner, werde er in Zukunft auf die Lagenbezeichnung zugunsten des Geschmacks verzichten. Das wäre dann ein weiterer Schritt weg vom badischen Grauburgunder-Klischee.

Weingut Wörner, 2019 Durbacher Kochberg Grauburgunder

Preis: 15,00 Euro / Bezug: kontakt@weingut-woerner.com, 0176- 62301811

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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