Was vom Weinjahr 2012 im Gedächtnis bleiben wird?
Wahrscheinlich wenig. Nirgendwo ein großer Jahrgang, und auch sonst ist nichts Weltbewegendes passiert. Erwähnenswert ist vielleicht, dass der Bau des Hochmoselübergangs wegen statischer Probleme erstmals unterbrochen werden musste (ein Hoffnungsschimmer). Oder dass die jahrelangen Machenschaften von Parkers Mitarbeiter Jay Miller in Spanien aufgedeckt wurden (ein Blogger war der Enthüller!). Im Gedächtnis geblieben ist mir auch die Aussage von Annette Alvarez-Peters, Chef-Einkäuferin bei Costco, der größten Wein-Einzelhandelskette der Welt: „Wein ist auch nichts anderes als Toilettenpapier…“
Die wichtigste Erkenntnis des Jahres 2012?
Auf Tahiti gibt es den ersten Winzer. Sein Wein wird angeblich bald auf der Weinkarte der Auberge de l’Ill im elsässischen Illhäusern stehen. Vielleicht muss die Geschichte des Weins umgeschrieben werden.
Der größte Irrtum des Jahres 2012?
Die Qualität des Jahrgangs 2008 in Deutschland nicht rechtzeitig erkannt zu haben.
Das freudigste Wein-Ereignis in 2012?
Dass ich den ziemlich brüchigen Korken aus dem 1985er La Tâche nach einer durchfeierten Nacht morgens in der Früh trotz geschätzter 1,5 Promille im Blut noch heil herausbekommen habe.
Das schockierendste Wein-Erlebnis in 2012?
Der Anschlag auf das Weingut Case Basse in Montalcino.
Der beste Wein in 2012?
Selbst wenn ich mich mit mir selbst auf einen Wein einigen könnte – was hat der Leser davon? Vermutlich besitzt er den Wein nicht und hat einen ganz anderen Geschmack. Unter den Weinen, die zwar nicht die besten, aber überraschend gut waren, könnte ich dagegen einige aufzählen: 2011 Grüner Veltliner „8000“ von Setzer aus dem österreichischen Weinviertel (endlich mal ein großer Weinviertler…), 2011 Nierstein Riesling trocken von Kühling-Gillot aus Rheinhessen (Ortswein!), 2009 Bourgogne Blanc von Comtes de Vogue (einfachster Weißwein der berühmten Domaine), 2009 Riesling Großes Gewächs Forster Kirchenstück von Bürklin-Wolf aus der Pfalz (von mir vor zwei Jahren noch niedergemacht), 2008 Nebbiolo d’Alba von Hilberg-Pasquero aus dem Piemont (war mir bisher unbekannt), 2009 Leithaberg rot DAC von Markus Altenburger aus dem Burgenland (Entdeckung) und die Garnacha-Weine von Daniel Jiménez-Landi aus Mentrida (die neue spanische Schule).
Der älteste in 2012 getrunkene Wein?
Ich glaube, es war der 1957 California Mountain Pinot Noir von Louis M. Martini, ein legendärer, ja historischer Wein, der den Amerikanern erstmals gezeigt hatte, dass Pinot Noir in Kalifornien gute Resultate bringen kann. Der Wein ist inzwischen zwar leicht gezehrt, zeigt aber immer noch ein faszinierendes Bouquet. Dank an Justin Leone, der ihn aus Amerika mitgebracht hat.
Das Wein-Unwort des Jahres 2012?
Terroirist
Der größte Spaß des Jahres 2012?
Eine Mail, die ich von einem Schweizer Leser erhielt: „Mit meinem Kollegg trinken wir gerne eine Flasche Wein. Er will nur die Marke Dôle mit 12,5 Volt. Wenn ich einen bestelle, der mehr als 12,5 Volt hat, trinkt er nicht, das sei einfach zu viel. Ich habe ihm schon mehrmals gesagt, wenn z. B. die Zahl 13 nicht auf der Etikette stehen würde, würde er das gar nicht merken. Ist es möglich, dass diese kleine Differenz ein Mensch sofort merkt?“
Die beste Weinbeschreibung des Jahres 2012?
Stammt diesmal aus dem Kinofilm „00 Schneider – die Jagd auf Nihil Baxter“ von Helge Schneider: „Ein edler Tropfen. Etwas hart im Ansatz, aber er ragt weit in den Hals hinein. In einem normalen Haushalt mit normalen Gläsern kann man mit so einem Wein leicht per Du werden!“
Der ehrlichste Satz, der 2012 gefallen ist?
Kam von dem Önologen Michel Rolland und fiel in einem Interview der Revue de Vin de France aus dem Mai 2012. Es ging um die Punkte, mit denen Kritiker Weine bewerten. Rolland antwortete: „Ich habe nie an Punkte geglaubt, aber die Öffentlichkeit braucht sie.“
Der beste in 2012 getrunkene Schaumwein?
1996 Dom Ruinart Rosé. Kein Wunder bei dem Preis.
Worüber in 2012 am meisten gelacht?
Über das Interview, dass Barbara Schöneberger anlässlich der Verleihung der Wine Awards der Zeitschrift FEINSCHMECKER im Schlosshotel Bensberg mit FX Pichler führte, nachdem er für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde.
Schöneberger: Man sagt, Sie seien wortkarg.
Pichler: Das ist richtig.
Schöneberger: Hat Ihr Name etwas mit „picheln“ zu tun?
Pichler: Verstehe die Frage nicht.
Schöneberger: Picheln!
Pichler: Was ist das?