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Unter 10 Euro: 2012 Weißburgunder von Boris Kranz

Boris Kranz ist ein harter Arbeiter. Draußen im Weinberg, wo der Wind pfeift, und drunten im Keller, wo er auf schwankender Leiter steht, um Fassproben zu ziehen. „Ich brauche zum Workout nicht ins Fitness-Studio gehen“, sagt er, nicht ohne spöttischen Unterton angesichts der zahlreichen Muckibuden, die überall wie Pilze aus dem Boden sprießen, auch in der Südpfalz.

Im Moment liegen die 2012er noch im Fass und warten darauf, gefüllt zu werden. „Nach den ersten Verkostungen schätze ich den Jahrgang  als sehr gut ein“, sagt Kranz. „Saubere, geradlinige Weine mit schöner Säure, etwas filigraner als der Vorgängerjahrgang.“

Erster Eindruck von der Güte des 2012ers

Boris Kranz im Weinberg
Boris Kranz im Weinberg

Ein 2012er ist allerdings schon im Verkauf: sein Gutswein vom Weißburgunder. Dieser Wein vermittelt einen kleinen Eindruck von der Güte des neuen Jahrgangs: glasklare Frucht, weicher Schmelz, weinige Säure. Obwohl in der Betriebshierarchie auf der untersten Stufe angesiedelt, ist er weit mehr als nur ein süffiger Wein zum schnellen Wegtrinken. Er besitzt Substanz, hat Biss, ist kernig und hört keineswegs gleich hinter den Zähnen auf.

Sicher, noch wirkt er ein bisschen ungestüm ob der frühen Füllung. Aber schon im März, wenn das erste Risotto mit frischem Bärlauch angerührt werden kann, wird er  sich beruhigt haben. Und wenn im April der grüne Spargel kommt, dürfte dieser Wein bereits in Hochform sein. Weißburgunder und Spargel – das ist eine ideale Kombination. Besser als Riesling jedenfalls. Für Leute, die Primärfrucht und Frische lieben, kommt dieser Wein gerade richtig. Qualitativ liegt er auf dem Niveau anderer Pfälzer Spitzenbetriebe, preislich darunter (7,50 Euro, Bezug: Weingut Kranz).

Riesling und Weißburgunder – Boris Kranz’ Pfunde

Boris Kranz
Boris Kranz

Der Riesling Gutswein kommt auch schon in den nächsten Wochen. Danach die Ortsweine (Ilbesheimer Riesling, Ilbesheimer Weißburgunder), im Mai dann die Terroirweine (Landschneckenkalk, Muschelkalk), im September schließlich die Großen Gewächse vom Kalmit, der Ilbesheimer Spitzenlage. Die vierstufige Qualitätspyramide hat Kranz vom VDP übernommen. Seit 2011 ist sein Weingut Mitglied im Verein Deutscher Prädikatsweingüter.

Riesling ist das eine Pfund, mit dem Boris Kranz wuchern kann, Weißburgunder das andere. Manchmal meint man sogar, dass der Weißburgunder auf dem tonigen Lehm der Ilbesheimer Böden besonders kräftig, cremig, saftig ausfällt. Jedenfalls waren der Ilbesheimer Weißburgunder (Ortswein) und Weißburgunder vom Landschneckenkalk (Terroirwein) in 2011 am schnellsten ausverkauft. Diese beiden Weine sind stoffiger als der Gutswein, mineralischer, facettenreicher. Auch sie bieten, obgleich ein paar Euro teurer, einen exzellenten Gegenwert.

Südpfalz kühler als Mittelhaardt

Das Weingut Kranz in Ilbesheim
Das Weingut Kranz in Ilbesheim

Die Südpfalz ist nicht so warm wie die 25 Kilometer weiter nördlich liegende Mittelhaardt, das weinbauliche Herzstück der Pfalz. Aus dem Pfälzer Wald strömt über die zahlreichen Bachtäler kühle Luft in die Rebgärten. Außerdem liegt die Südpfalz höher als die Mittelhaardt. Die Lese beginnt deshalb auch durchschnittlich zehn Tage später als dort. „Bei uns ist mehr das Straffere“, beschreibt Kranz den Charakter seiner Weine. „Sie sind leichtfüßiger, weniger ausladend. Sie haben nach innen mehr Kraft als nach außen.“

Das gilt vor allem für Riesling und Weißburgunder vom Kalmit, dem ersten Hügel vor dem Pfälzer Wald, der sich aus der Rheinebene erhebt. Kranz und Kollegen haben in jahrelangem Kampf mit dem Behörden erreicht, dass dieser Hügel als Einzellage anerkannt wird. Inzwischen hat er sogar im VDP den Rang einer Ersten Lage. Von dort kommen Kranz’ Große Gewächse. Sie dürfen nicht vor September verkauft werden. Bis dahin sind die Gutsweine der beste Zeitvertreib.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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