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Les Terrasses d’Éole: Vom Gott des Windes komponiert

Diesen Wein sollte man nicht nach dem Etikett beurteilen. Er ist wesentlich besser als das Stück Papier, das der Winzer von Les Terrasses d’Éole auf die Flasche geklebt hat: eine Cuvée aus Grenache, Syrah, Mouvèdre, den typischen Traubensorten, die am Fuße des Mont Ventoux (über dessen kahlen Gipfel jedes Jahr die Tour de France führt) angebaut werden. Der Wein, ein Ventoux AOC, ist dunkelrot in der Farbe, dicht gewoben und besitzt ein superfeines, süßes Gerbstoffrückgrat. Im Mund reich, aromentief mit Noten von frischer Kirschkonfitüre und einem Anflug von Weihrauch.

In den einschlägigen Weinführern noch nicht gelistet

Rotweine dieser Qualität gibt es nicht oft im Rhônetal, und wenn, dann nicht in dieser Preisklasse. Der einfachste Rotwein der benachbarten Domaine de Fondrèche kostet schon zwei Euro mehr, der der Domaine de Pesquié ebenso. Diese beiden Weingüter sind weltbekannt. Sie sind in den Weinführern gelistet und haben ein Klientel, das weit über die Region hinaus geht. Die Bekanntheit von Les Terrasses d’Éole ist dagegen überschaubar. In einigen Bistros und Restaurants im nahen Avignon delektiert man sich gern an ihren Weinen, auch in Carpentras und Orange. Nach Paris hingegen gelangen nicht so viele Flaschen. Die einschlägigen Weinführer haben Les Terrasses de l’Éole noch nicht entdeckt.

Der Wind – das klimatisch wichtigste Merkmal der AOC Ventoux

Alte Grenache_Reben
in der AOC Ventoux

Éole – so heißt der Gott des Windes. Wind ist das klimatisch wichtigste Ereignis in diesem Teil Südfrankreichs, in dem es genug, manchmal sogar zu viel Sonne gibt. Als Winde bekannt sind der kalte Mistral aus dem Norden und der heiße Schirocco, der aus Afrika herüber weht. Doch es gibt noch unzählige andere Winde, die Winzer kennen sie alle: Manjo Fango, Vent di Damo, Eissero, Cisampo, Mountagniero zum Beispiel. Jeder dieser Winde steht für eine andere Art der Luftbewegung. Für das eigene Windrad, das die Domaine Les Terrasses d’Eole mit Strom versorgt, ist es vor allem wichtig, dass überhaupt Wind weht. Für die Reben dagegen kommt es auf die Art des Windes an. Der kühle Wind, der vom Mont Ventoux herüber weht, heisst zum Beispiel Mountagniero, ein Herbstwind, der, wie alte Dokumente belegen, bei Winzern deshalb so willkommen war, weil er die Röcke der Frauen hochwirbelte.

Auch mit drei Trauben mehr am Stock entstehen charakterstarke Weine

Mountagniero ist denn auch der Name der Grenache-/Syrah-/Mouvèdre-Cuvée, von der hier die Rede ist. Warum ein so guter Wein derart preiswert angeboten wird, lässt sich nur mit den natürlichen Gegebenheiten erklären, die im Ventoux-Gebiet herrschen. Rebsorten, Böden und Klima passen perfekt zueinander. Die Winzer arbeiten hart und sind traditionalistisch ausgerichtet: tüfteln nicht ständig an neuen Cuvées, quälen sich nicht mit riskanten Experimenten in Weinberg oder Keller. Die Natur zeigt ihnen seit tausend Jahren, wie guter Wein geht, danach richten sie sich. Dass ihre Weine, wenn sie gut sind, keine Leichtgewichte sind, ist ihnen klar. Unter 14,5 % Vol. geht meist nichts. Wem das zuviel ist, soll nach dem Essen einen Pastis weniger trinken. Die Natur lässt sie auch wissen, dass es keiner künstlich niedrig gehaltenen Mini-Erträge bedarf, um gute Qualitäten zu erzielen (die dann durch Maxi-Preise ausgeglichen werden müssen). Grenache, Syrah und Mourvèdre sind traditionelle, großzügige Sorten, die auch dann, wenn mal drei Träublein mehr am Stock hängen, charakterstarke Weine hervorbringen.

Wein wird erst seit 1999 abgefüllt

Les Terrasses d’Eole ein relativ junges Weingut. Erst seit 1999 füllt es Wein ab. Vorher wurden die Trauben an die örtliche Genossenschaft verkauft. Die Familie Saurel, die es bewirtschaftet, produzierte Olivenöl, Honig und Tafeltrauben. Mit Stéphane Saurel, der Landwirtschaft studiert hat, begann der Aufschwung. Er hat im Laufe der Jahre ein breitet Sortiment von Weinen aufgebaut, das vom weißen Viognier (ebenfalls nach einem Wind benannt: Vent de Damo) über den roten Lou Mistrau bis zum Cisampo reicht, der Top Cuvée der Domaine. Auch sie ist unverschämt preiswert.


2017 Ventoux AOC „Mountagniero“, Les Terrasses de l’Èole

Preis: 6,90 Euro
Bezug: www.vandermeulen-wein.de

 


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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