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Nichts für Deppen: Grauburgunder aus Baden von Wöhrle

Die Rock-Pop-Sängerin Pink liebt deutschen Wein. Sie besitzt ein T-Shirt, auf dem steht: „If you don’t like Riesling, you’re a fucking idiot.“  Recht hat sie. Aber deutscher Wein hat – vielleicht weiß die Amerikanerin das noch nicht – mehr zu bieten als nur Riesling. In Baden gelingen die Burgunder-Weine in der Regel besser als die Rieslinge, weshalb in den dortigen Weinbergen vor allem Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay, Auxerrois und Spätburgunder stehen. In Baden istdeshalb ein fucking idiot, wer keinen Burgunder trinkt, egal ob rot oder weiß. Markus und Tanja Wöhrle aus Lahr haben praktisch nur Burgunder-Reben im Anbau, und ihre Weine werden nicht von einfallslosen Deppen getrunken, denen Riesling zu kompliziert ist, sondern von Kennern.

In besten Restaurants gelistet

Der Name Wöhrle findet sich auf den Weinkarten bester badischer Sternerestaurants: im „Erbprinz“ in Karlsruhe, im „Schlegelhof“ in Kirchzarten, in „Merkles Restaurant“ in Endingen und in „Raubs Landgasthof“ in Kuppenheim zum Beispiel. Nach außerhalb Badens ist der Ruf ihrer Weine noch wenig vorgedrungen, was insofern verwunderlich ist, als diese – nicht nur die Grauburgunder – auffällig herausstechen aus der Produktion des Anbaugebiets. In der 2019er Ausgabe des VINUM-Weinguide hieß es zum Beispiel: „In stilistischer Klarheit und Brillanz steht Markus Wöhrle in seinem regionalen Umfeld einsam an der Spitze.“

Markus und Tanja Wöhrle © Andreas Durst

Wer Grauburgunder trinkt, will keinen filigranen Wein

Wir empfehlen Ihnen, liebe Leser, in diesem Monat Wöhrles 2020er Lahrer Grauburgunder, einen VDP-Ortswein, der konsumentenfreundliche 9,80 Euro kostet und deutlich mehr bietet als andere Weine in dieser Preiskategorie. Ein Grauburgunder ist normalerweise relativ neutral im Geschmack. Dieser nicht. Er duftet nach reifem Gravensteiner Apfel und zeigt, nicht untypisch, einen Hauch von grüner Banane. Er ist nicht so säurearm, wie die zahllosen Grauburgunder aus den Regalen der Supermärkte es sind. Er ist herzhaft und saftig. Andererseits ist er auch nicht verkrampft auf Säure getrimmt, wie viele Grauburgunder „progressiver“ Winzer anderer Anbaugebiete, die, weil sie mit dem „langweiligen“ Grauburgunder eigentlich nichts anfangen können, versuchen, ihn wie einen Riesling vinifizieren.

Ein Grauburgunder ist immer etwas stoffiger als andere Weine

Wöhrles Grauburgunder besitzt eine moderate Säure, die zwar Frische garantiert, aber den Körperreichtums nicht dafür opfert. Grauburgunder sind von Natur aus stoffiger als andere Weine. Die Pinot Gris, wie die Traubensorte nach ihrer französischen Herkunft korrekt heißt, ist nämlich aus der Pinot Noir hervorgegangen, also einer roten Sorte, und Rotweine sind in der Regel körperreicher als Weißweine. Auch die Alkoholgehalte liegen bei Grauburgundern meistens etwas höher als bei Weißburgundern zum Beispiel. Aber wer Grauburgunder trinkt, will keinen filigranen Wein.

Der Ortswein bildet die Basis der Grauburgunder-Pyramide, nicht die Spitze

All diese Eigenschaften treffen tendenziell auf Wöhrles Grauburgunder zu, mit dem einzigen Abstrich, dass der Alkohol hier bewusst niedrig gehalten wurde, um die Trinkigkeit zu bewahren. Die Trauben für diesen Ortswein stammen aus verschiedenen Parzellen um das Städtchen Lahr, das am nördlichen Ende des Breisgau am Fuße des Schwarzwalds liegt. Dort sind die Wöhrles in den besten Burgunderlagen begütert. Alle ihre Weinberge werden nach ECOVIN-Richtlinieren bearbeitet. Das heißt: Auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel wird komplett verzichtet, gedüngt wird rein organisch, Herbizide sind völlig tabu.

Weder der Wein noch seine Konsumenten sind Langweiler

Der Lahrer Grauburgunder ist Wöhrles einfachster Wein aus dieser Sorte. Aber er demonstriert, dass weder er selbst noch die, die ihn trinken, Langweiler sind. Wer bereit ist, etwas mehr Geld auszugeben, nämlich 15 Euro, und zu Wöhrles Grauburgunder „Kronenbühl“ greift, einer Ersten Lage, wird noch mehr „echten“ Grauburgunder bekommen. Dieser Wein weist einen deutlich kupferfarbenen Ton auf – wie es für Grauburgunder eigentlich typisch ist. Die Schale der Beeren weist auf Grund der zwittrigen Natur der Sorte nämlich einen rötlich-grauen Schimmer auf. Noch mehr gilt das für Wöhrles Grosses Gewächs aus der Lage „Kirchgasse“ (26 Euro), in dem die ganze Opulenz des Grauburgunders zum Ausdruck kommt. Trotzdem bleibt auch bei diesem Wein die Trinkeleganz gewahrt.

2020 Lahrer Grauburgunder, Weingut Wöhrle

Preis: 9,80 Euro

Bezug: www.woehrle-wein.de


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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