Wachstum nach Vorschrift
Reben sind Kletterpflanzen. Sie brauchen zum Wachsen Kletterhilfen: Stützpfähle, gespannte Drähte, Holzgestelle. Die Art, wie diese Kletterhilfen konstruiert sind, entscheidet darüber, ob die Rebe viele oder wenige Trauben trägt.
Es gibt Dutzende Rebenerziehungssysteme. Die Art, wie sie konzipiert sind, hängt von den Klimaverhältnissen, von der Bodenbeschaffenheit und davon ab, ob die Reben von Hand oder mechanisch bearbeitet werden sollen. Auch hat fast jedes Weinanbaugebiet seine eigenen Traditionen, was die Rebenerziehung angeht. Genaugenommen sind die meisten Erziehungssysteme nur Varianten von drei Grundtypen der Rebenerziehung.
Gobelet-System
Das älteste, noch immer praktizierte Sy s tem zur Erziehung von Reben: wahrscheinlich in der Antike von den Griechen erfunden, später von den Römern übernommen und noch heute im Mittelmeerraum weit verbreitet. Man findet es in ganz Südfrankreich, an der Rhône, bis ins Beaujolais hinein, dazu in Spanien und teilweise in Süditalien (Apulien und Sizilien). Der Rebstamm wird sehr kurz gehalten. Er mißt 30 bis 65 Zentimenter. Die Rebe wird so geschnitten, daß nur drei nach oben wachsende Schenkel bleiben. Im Herbst biegen sie sich unter dem Gewicht der Trauben nach unten wie die Rippen eines aufgespannten Regenschirms.
Andere Bezeichnungen: Goblet, Bäumchen, alberello, en vaso, bush vines.
Stützen: einzelstehende Pfähle oder ohne Stützen.
Anschnitt: kurz, nur wenige Augen werden stehengelassen.
Bewertung: geringe Erträge, daher für den Massenweinbau nicht geeignet, im Qualitätsweinbau der warmen Regionen wieder im Kommen.
Guyot-System
Das im europäischen Qualitätsweinbau am häufigsten praktizierte Erziehungssystem. Es wird in Bordeaux sowie in großen Teilen Burgunds, der Côte Rôtie, der Loire, des Elsaß, aber auch in den wichtigsten Weinbaugebieten Italiens (Toskana, Piemont), Spaniens und teilweise in Deutschland und Österreich angewendet. Dabei ranken sich die Reben an Drähten empor. Zunächst wird beim winterlichen Rebschnitt eine Fruchtrute stehen gelassen (die dem Stamm am zweitnächsten befindliche), auf sechs bis fünfzehn Augen angeschnitten, gebogen und am untersten Draht festgebunden. Sie soll die Trauben tragen. Die dem Stamm am nächsten wachsende Fruchtrute wird auf zwei Augen angeschnitten. Sie trägt im darauf folgenden Jahr die Früchte. Der Stamm kann nur 30 Zentimeter, aber auch 80 Zentimeter hoch sein.
Stützen: Drahtrahmen.
Anschnitt: auf sechs bis 15 Augen.
Bewertung: je nach Anschnitt geringe bis mittlere Erträge möglich. Werden zwei Fruchtruten stehen gelassen, sind auch hohe Erträge möglich.
Cordon-Erziehung
Die Cordon-Erziehung ist das weltweit verbreitetste Rebenerziehungssystem. Es hat den Vorteil, daß der Rebschnitt und das Aufbinden der Rebschenkel relativ leicht sind und keine großen handwerklichen Fähigkeiten erfordern – bei zunehmender Verknappung von erfahrenen Weinbergarbeitern ein wichtiger Gesichtspunkt. Zudem können Reben im Cordon-System leicht mechanisch beschnitten und später auch mechanisch geerntet werden. Bei der Cordon-Erziehung werden ein oder zwei Rebschenkel permanent stehengelassen und an den Draht gebunden. Die Cordon-Erziehung ist in Nord- und Südamerika, in Südafrika, Australien und Neuseeland weit verbreitet. Aber auch in Europa, vor allem in einigen Weindörfern Burgunds (Chassagne- Montrachet), werden die Reben nach diesem System erzogen.
Stützen: Drahtrahmen.
Anschnitt: auf zwei bis fünf Augen, je nach erwünschten Traubenerträgen.
Bewertung: Erziehungssystem, das auch in der Massenproduktion praktiziert wird.
Andere Reben-Erziehungssysteme:
Lyra:
Junges, erfolgreiches, in Bordeaux entwickeltes System in der Form eines Y. Vorteile: doppelte Laubwand, die Trauben erhalten mehr Sonne.
Pergola:
Altes Erziehungssystem, bei dem sich die Reben an laubenartigen Holzgestellen ranken. Vor allem in einigen Alpentälern (Südtirol, Trentino, Valpolicella) verbreitet. Nachteil: zuviele Trauben pro Rebe.
Bogenerziehung:
Vor allem in Deutschland weit verbreitetes Erziehungssystem, das es als Flachbogen, Halbbogen und Pendelbogen gibt. Vorteil: leicht zu bearbeiten, allerdings kann das Holz beim Aufbinden leicht brechen.
Ganzbogenerziehung:
Traditionelle Pfahlerziehung, die an Mosel, Saar und Ruwer weit verbreitet ist. Vorteile: die Trauben hängen dicht am Boden, bekommen viel Wärme und Sonne.
[…] immer elegant und mit viel Spannung. Hat mit der Anbauweise zu tun: die im traditionellen “Gobelet” erzogenen Reben müssen ordentlich kämpfen, werden kaum gedüngt und teilen sich mit vielen […]