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Der Vegetationszyklus

Langer Weg zur Reife

Austrieb

Als Austrieb wird das Aufbrechen der Knospen (Augen) bezeichnet, die beim winterlichen Rebschnitt stehengeblieben sind. Sie öffnen sich und lassen kleine, grüne Blättchen austreten, die rasch wachsen und sich entfalten. Das geschieht, wenn die Durchschnittstemperatur auf acht bis zehn Grad Celsius klettert. Einige Sorten treiben etwas eher (z. B. Chardonnay), andere etwas später aus (z. B. Cabernet Sauvignon). Bis zu diesem Stadium ernährt sich die Rebe von den Kohlenhydrat-Vorräten, die sie im Herbst angelegt hat. Wenn die Blätter entwickelt sind, nimmt sie die Ernährung über Photosynthese auf. Den bevorstehenden Austrieb, das Aufbrechen der Knospen, kann der Winzer schon einige Tage vorher erkennen. Erst treten an den Schnittstellen der Reben Wassertröpfchen auf – ein Zeichen dafür, daß die Winterruhe beendet ist und die Säfte zu schießen beginnen. Danach schwellen die Knospen sichtbar an.

Blüte

Die Blüte findet 45 bis 90 Tage nach dem Austrieb statt – also Mitte Mai bis Ende Juni (auf der südlichen Erdhalbkugel von November bis Mitte Dezember). In dieser Zeit sind die neuen Triebe gewachsen und haben Rispen entwickelt, an denen die Blüten sitzen. Sie sind mit einem braunen Käppchen (Kalyptra) verschlossen, das aufspringt und Stempel und Staubgefäße freigibt (fast alle Vitis-vinifera-Reben sind zweigeschlechtlich, befruchten sich also selbst). Die Blüte ist für das Auge ein kaum wahrnehmbarer Vorgang. Die Bestäubung erfolgt, indem der männliche Pollen an dem feuchten, weiblichen Fruchtknoten haften bleibt. Regen oder heftige Winde zum Zeitpunkt der Blüte können verhindern, daß alle Fruchtknoten bestäubt werden. In diesem Fall kommt es zu mehr oder minder großen Ertragseinbrüchen im Herbst. Der Winzer spricht vom „Durchrieseln“ der Blüte.

Fruchtansatz

Aus den bestäubten Fruchtknoten entwickeln sich sofort nach der Blüte die Beeren, während die unbefruchteten Blüten verkümmern und abfallen. Die Rispe weist dann größere oder kleinere Lücken auf. Die Fruchtansätze sind am Anfang sehr klein, grün und hart. Sie vergrößern sich aber ziemlich rasch. In dieser Zeit sind die Reben am stärksten durch tierische (Heuwurm) oder pflanzliche Schädlinge (Echter und Falscher Mehltau) gefährdet. Bei feuchtem, warmen Klima breiten sich Pilzkrankheiten rasch aus und müssen bekämpft werden. Auch der Traubenwickler, die Vorform des Heuwurms, legt bei bestimmten klimatischen Bedingungen seine Eier in der Rebpflanze ab. Im August beginnt dann die Reifephase (auf der südlichen Erdhalbkugel im Januar). Erst dann färben sich die Beeren dunkel.

Färbung

Die Reifephase beginnt mit der Färbung der Beeren. Bei den Weißweinsorten nehmen diese langsam eine gelbliche Tönung an, die roten Beeren färben sich dagegen rotblau. Ausgelöst wird dieser Vorgang wahrscheinlich dadurch, daß ein bestimmtes Maß an Zucker in den Beeren überschritten ist. Allerdings färben sich nicht alle Trauben zur gleichen Zeit, sondern zunächst nur diejenigen, die am meisten Sonne und Wärme erhalten haben, während Beeren, die auf der Schattenseite wachsen, grün bleiben. Als Fachbegriff für die Färbung hat sich weltweit der französische Ausdruck véraison eingebürgert. In warmen Jahren setzt sie früher ein als in kühlen, und bei stark tragenden Rebstöcken später als bei wenig tragenden. Mit der Färbung beginnt die letzte und für die Qualität des Jahrgangs entscheidende Phase im Vegetationszyklus der Rebe.

Wachstumszyklus der Rebe

Ob das Jahr einen mittelmäßigen oder guten Wein bringt, hängt nicht nur vom Herbst ab. Auch Frühjahr und Sommer bergen für das Traubenwachstum große Risiken – vor allem Ertragsrisiken. Die Rebe hat, wie jede andere Pflanze auch, einen eigenen Vegetationszyklus. Er ist in die Wachstumsphase, die Reifephase und die Ruhephase unterteilt. Die Ruhephase beginnt im Herbst nach der Lese, wenn die Rebe im Stammholz und in den Wurzeln genug Kohlenhydrate gespeichert hat. Dann verfärben sich die Blätter und fallen ab. Die Ruhephase dauert den ganzen Winter hindurch. Erst im März (auf der südlichen Erdhalbkugel im September), wenn die Temperaturen ansteigen, beginnt der neue Reifezyklus mit dem Austrieb.

Rebkrankheiten

Echter Mehltau (Oidium):

Ein weißgrauer Pilzbelag legt sich über Blätter und Beeren und zerstört die Beerenhaut. Gefährliche, aus Nordamerika eingeschleppte Rebkrankheit, die zum totalen Ertragsausfall führen kann, wenn sie nicht bekämpft wird.

Falscher Mehltau (Peronospora):

Gefährlichste aller Rebkrankheiten, bildet einen weißen Pilzrasen auf der Unterseite der Blätter, so daß diese abfallen. Auch die Fruchtstände werden befallen. Die jungen Beeren schrumpeln, werden braun und ledrig.

Grauschimmel (Botrytis cinerea):

Bei starkem Regen auftretender Schimmel, der die jungen Trauben faulen läßt. Anti-Botrytizide dürfen nur bis vier Wochen vor der Lese gespritzt werden, um Rückstände auf der Beere zu vermeiden.

Blattgallmilbe:

Gefährliche Raubmilbe, die sich im Winter in der Wolle der Knospen einnistet und im Frühjahr nach dem Austrieb den Saft aus den jungen Blättern saugt. Dabei scheidet sie ein Speichelsekret ab, das für die Pockenbildung auf den Blättern verantwortlich ist.

Traubenwickler:

Eine Motte, die ihre Eier in den Blütenkäppchen ablegt. Aus ihnen schlüpft im Juni der Heuwurm, der die Gescheine zerfrißt. Ihm folgt Ende Juli der Sauerwurm, der die Beeren von innen aushöhlt. Gefährliche Insektenplage, die durch Pheromonfallen erkannt und dann bekämpft werden muß.

Flavescence Dorée:

Neue, sich in Frankreich, Italien und Deutschland epidemisch ausbreitende Blattkrankheit, bei der sich die Blätter einrollen und abfallen.

Rebschäden

Verrieseln der Blüte:

Durch kühles, feuchtes Wetter und mangelnde Lichteinstrahlung während der Blüte hervorgerufene Fruchtbarkeitsstörung der Rebe, die dazu führt, daß nur wenige Blüten bestäubt werden und folglich im Herbst nur wenige Beeren an der Traube hängen. Für den Winzer kann das eine erhebliche Ertragsminderung bedeuten.

Chlorose:

Nährstoffstörung, die zu verminderter Chlorophyllbildung und zur Vergilbung der Blätter führt. Ausgelöst werden Chlorosen durch einen Mangel an Stickstoff, Magnesium oder anderen Mineralstoffen, besonders auf kalkhaltigen Böden.

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