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Ardbeg 10y old – ein Islay Single Malt im Wandel der Zeit

Die legendären Ardbeg-Destillate aus den Siebzigerjahren sind Meilensteine der Whiskygeschichte und erzielen regelmäßig Höchstpreise bei Auktionen. Die beiden Abfüllungen, die ich heute vorstellen möchte, trennen etwa 40 Jahre. Was unterscheidet einen Ardbeg Ten von 2011 und einen 10-jährigen Ardbeg, der in den frühen Sechzigerjahren destilliert wurde und zugleich einer der ältesten, auf dem Markt noch erhältlichen Whiskys von Ardbeg ist?

Die legendäre Ardbeg-Destillerie liegt an der Südküste von Islay.Ardbeg, was so viel bedeutet wie „kleine Anhöhe“, ist eine schottische Destillerie an der Südküste von Islay. Unter John McDougall nahm sie 1815 legal ihren Betrieb auf. Sie liegt unweit eines keltischen Hochkreuzes, dem historischen Kildalton Cross, und wird deshalb, neben Laphroaig und Lagavulin, auch als Kildalton Brennerei bezeichnet. Diese Mystik und Magie spiegeln sich in der Brennerei und deren Whisky wieder. Die hier produzierten Whiskys waren mit 55ppm lange Zeit die torf -, rauch – und phenolhaltigsten Malts überhaupt und wurden zu 98% in Bourbonfässern ausgebaut.

Bis zur Schließung 1981 stellte man bei Ardbeg das Malz in der eigenen Mälzerei her. Seit der Wiedereröffnung 1989 wird diese Aufgabe von Port Ellen übernommen. 1996 erneut geschlossen, wurde die Brennerei ein Jahr später unter Leitung des neuen Managers Stuart Thomson und dessen Ehefrau Jackie restauriert und wieder in Betrieb genommen. Um die leeren Kassen zu füllen, wurden in den darauffolgenden Jahren die Lagerhäuser leergefegt und viele Single-Cask-Abfüllungen aus den Siebzigern auf den Markt gebracht.

Kildalton CrossDer grandiose Malt und die Gewissheit, dass bald alle alten Fässer abgefüllt waren, wurde zum Nährboden für stark anziehende Flaschenpreise. Heute muss man für die wirklich guten und seltenen Single-Cask-Abfüllungen sehr tief in die Tasche greifen. Preise über 1000 Euro sind leider schon lange keine Seltenheit mehr.

Geprägt durch die unsicheren letzten Jahre entstand 1999 eine Art Ardbeg Fanclub. Dieses sogenannte „Ardbeg Committee“ startete seine Arbeit offiziell mit Beginn des Jahres 2000 und soll auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Brennerei niemals wieder geschlossen werden muss.

Die wohl bekannteste Abfüllung ist der Ardbeg Ten, der 1997 als Standardabfüllung in den Handel kam. Aber auch in den Siebzigern gab es 10-jährige Whiskys dieser Brennerei, welche heute Kultstatus genießen und kaum mehr auf dem Markt zu finden sind – wie der Ardbeg 10 years old 26 2/3 fl. ozs. 80 proof.*

*Fl. ozs. (Fluid Ounces) und proof sind veraltete Maßeinheiten für Raum (Flüssigkeitsmenge) und Alkoholgehalt. 26 2/3 fl. ozs. = 757,7ml  und 80 proof = 45,7%

Tasting Notes


Ardbeg 10 years old - aktuelle StandardabfüllungArdbeg Ten (heutige Standardabfüllung) 46%
87

Farbe: Gold
Nase: Eine süße Torf-Teer-Jod-Kombination mit saftiger Zitrusfrucht, weitere medizinische Phenole, würzig und salzig, im Hintergrund dann noch Schokoladennuancen.
Geschmack: Salzig, starke Teer- und Torfnote, kalter Tabakrauch, dann Zitrone und Vanille
Finish: Sehr lang, rauchig und trocken, starker Torf, süßes Malz, maritime Aromen (Salzwasser, Seetang)
Bewertung: Ein sehr gelungener und gut ausbalancierter Single Malt aus dem Hause Ardbeg. Jedoch nur bedingt empfehlenswert für den Einstieg in die große, weite Welt der Whiskys. Auf alle Fälle sollte man das Extreme mögen, starkem Torf und Rauch nicht abgeneigt sein und eine Vorliebe für Medizinschränke mitbringen. 87 Punkte
Preis: 35 bis 40 Euro


Ardbeg 10 years old - Abfuellung aus den 60er-JahrenArdbeg 10y Orginalabfüllung, 26 2/3 fl. ozs. 80 proof, white screw cap
91

Farbe: Gold
Nase: Sehr komplex und mächtig, ein Mix aus Früchten und Torf, verbunden mit trockenem Rauch
Geschmack: Weicher als erwartet, abgerundet ölig und sehr harmonisch, süße trockene Früchte, würzige Nussnote, umlagert von  Salz und Pfeffer
Finish: Toller, langer Abgang mit einer rauchigen Torfnote, pfeffrig, salzige Seeluft kombiniert mit Zitrusfrüchten
Bewertung: Ein „old style“ Ardbeg, ganz anders als die heutige Standardabfüllung. Der Torf und die Rauchigkeit sind perfekt in den fruchtigen Teil des Whiskys eingebunden. Die 40 Jahre Flaschenruhe runden dieses Geschmackserlebnis harmonisch ab und verleihen ihm einen weichen, unverwechselbaren Charakter. 91 Punkte
Preis: ca. 1000 Euro


Fazit: Eine Destillerie mit gutem Marketing, weltberühmte und unvergessliche Einzelfass-Abfüllungen, gepaart mit der Magie der Insel Islay – das ist Ardbeg! Einmal sein Whiskyherz an Ardbeg verloren, hält diese Liebe meist ein Leben lang.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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