Messe-Wahnsinn: Unbekannter Bordeaux für 3.240 Euro angeboten

Messewahnsinn: Unbekannter Bordeaux für über 3.240 Euro
Die Prowein in Düsseldorf, die wichtigste Weinmesse in Deutschland, ist zu Ende. 3.930 Aussteller haben ihre Weine präsentiert – so viel wie nie zuvor. Unter ihnen Winzer mit schwieligen Händen und Weingroßindustrielle im Nadelstreif, viele erwachsene kleine Jungs und jede Menge Paradiesvögel. Ulrich Sautter hat einen Glücksritter getroffen, der einen ganz besonderen Wein im Angebot hatte.

Die Pro­wein in Düs­sel­dorf, die wich­tigs­te Wein­mes­se in Deutsch­land, ist zu Ende. 3.930 Aus­stel­ler haben ihre Wei­ne prä­sen­tiert – so viel wie nie zuvor. Unter ihnen Win­zer mit schwie­li­gen Hän­den und Wein­groß­in­dus­tri­el­le im Nadel­streif, vie­le erwach­se­ne klei­ne Jungs und jede Men­ge Para­dies­vö­gel. Ulrich Saut­ter hat einen Glücks­rit­ter getrof­fen, der einen ganz beson­de­ren Wein im Ange­bot hatte.

Wahr­schein­lich wür­de Domi­ni­que Léand­re Che­va­lier eine Bezeich­nung wie „Glücks­rit­ter“ ent­rüs­tet von sich wei­sen. Schließ­lich ist die Fami­lie seit dem Jahr 1895 im Wein­bau der Bor­de­lai­ser Appel­la­ti­on Blaye aktiv. Doch der Wein, den er auf der Pro­wein Jour­na­lis­ten und Händ­lern zu pro­bie­ren gab, ist schon ein Husa­ren­stück. Er soll 3.240 Euro die Fla­sche kos­ten, also mehr als Latour, Lafite, Petrus oder Le Pin – die gesuch­tes­ten und teu­ers­ten Bordeaux-Weine überhaupt.

Dabei kann Léand­re Che­va­liers Prestige-Wein weder auf 500 Jah­re Geschich­te zurück­bli­cken, noch ist die Boden­be­schaf­fen­heit sei­nes Wein­bergs, in der sein Drei­tau­sen­der wächst, beson­ders spek­ta­ku­lär. Streng genom­men darf sich der teu­re Trop­fen nicht ein­mal Bor­deaux nen­nen, denn er ist schlicht als Tafel­wein etikettiert.

33.333 Rebstöcke pro Hektar

Es sind ande­re Eigen­schaf­ten, die in die­sem Fall die Neu­gier der Fach­leu­te wecken. Léand­re Che­va­lier hat näm­lich vor acht Jah­ren eine klei­ne Par­zel­le mit der unglaub­li­chen Pflanz­dich­te von 33.333 Stö­cken pro Hekt­ar ange­legt. In nor­ma­len Wein­ber­gen ste­hen zwi­schen 4000 und 6000 Stö­cke pro Hekt­ar. Der Ten­denz nach kann man sagen: Je dich­ter die Reben ste­hen, des­to schwä­cher ihre Wuchs­kraft und der Ertrag jeder ein­zel­nen Pflan­ze. Bei 33.333 Stö­cken pro Hekt­ar ste­hen die Reben der­ma­ßen dicht – der Abstand von Stock zu Stock beträgt nur 30 Zen­ti­me­ter –, dass der Ertrag auf zwei klei­ne Träub­chen pro Stock sinkt. Je klei­ner der Ertrag, des­to höher die Kon­zen­tra­ti­on des Weins. So das Kalkül.

Weinberg von Léandre ChevalierDoch damit nicht genug. Léand­re Che­va­lier hat die Reben ohne ame­ri­ka­ni­sche Unter­la­ge gepflanzt, also wie in den Zei­ten vor dem Ein­fall der Reb­laus in Euro­pas Wein­ber­ge. Und er macht sich die­sen Umstand wei­ter zunut­ze, indem er jeden Reb­stock jedes Jahr drei­ßig Zen­ti­me­ter ver­setzt. Zu die­sem Zweck biegt er den (nie­mals beson­ders dick wer­den­den) Stock hori­zon­tal und gräbt ihn auf einer Län­ge von 30 Zen­ti­me­ter in die Erde ein. Das Ende der Rute wird wie­der zur Ober­flä­che gebo­gen. Sie treibt über der Erde aus und trägt spä­ter im Jahr Früch­te. Der unter­ir­di­sche Teil der Rute wird zur Wur­zel. Auf die­se Wei­se gewinnt der Stock jedes Jahr 30 Zen­ti­me­ter an Wurzelwerk.

Tricolore auf dem Etikett

Domi­ni­que Léand­re Che­va­lier fin­det die­se Idee geni­al. Und in der Tat macht er sich aber­wit­zig viel Arbeit. Um die gewis­ser­ma­ßen staats­tra­gen­de, his­to­ri­sche Bedeu­tung sei­nes Pro­jekts zu demons­trie­ren, ziert dann auch die fran­zö­si­sche Tri­co­lo­re das zuge­hö­ri­ge Eti­kett. Aller­dings konn­te Léand­re Che­va­lier den Wein – rein­sor­tig von der spät­rei­fen Sor­te Petit Ver­dot stam­mend – bis­lang nur ein ein­zi­ges Mal kel­tern. Vom Jahr­gang 2009 sind gan­ze 144 Fla­schen entstanden.

Eine die­ser weni­gen Fla­schen ist schon auf der Pro­wein leer gewor­den. Ich habe immer­hin ein Pfütz­chen davon abbe­kom­men. Wie der Wein schmeckt? Unge­wöhn­lich weich, geschmei­dig, vis­kos, mit einem sehr mür­ben Gerb­stoff. In den Aro­men wirk­te er noch ziem­lich ver­schlos­sen. Auf Augen­hö­he mit Latour, Lafite, Petrus oder Le Pin? Eher nicht. Aber inter­es­sant. Mon­sieur Che­va­lier wird, so glau­be ich, auf ziem­lich vie­le Para­dies­vö­gel unter den Wein­trin­kern hof­fen müs­sen, um sei­ne Fla­schen an den Mann zu bekommen.

Soll­ten Sie, lie­ber Leser, ein sol­cher sein, hier der Link zum ver­mut­lich teu­ers­ten Wein der Welt: www.lhommecheval.com

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