2019 Riesling GG von der Nahe: Mehr Terroir gewagt

© Joh.Bapt.Schäfer/Robert Dieth
Von der Nahe kommen einige der besten Grossen Gewächse (GG), die Deutschland im Jahre 2019 hervorgebracht hat. Jens Priewe versucht sie einzuordnen.

Die Aus­gangs­be­din­gun­gen waren in 2019 in allen deut­schen Wein­an­bau­ge­bie­ten nicht ein­fach – beson­ders an der Nahe nicht. Dort beginnt die Lese erst, wenn sie in der Pfalz und in Rhein­hes­sen fast schon been­det ist. Nach dem heis­sen, sehr tro­cke­nen Som­mer begann es aus­ge­rech­net Ende Sep­tem­ber zu reg­nen, also just zum Beginn der Haupt­le­se. Die Trau­ben muss­ten in den kur­zen Regen­pau­sen ein­ge­bracht wer­den. Wer das geschafft hat und dabei auch noch die fau­len Trau­ben aus­le­sen konn­te, hat in 2019 aller­dings exzel­len­te Wei­ne erzeugt – Wei­ne, die den Ver­gleich mit 2018 nicht scheu­en müs­sen. Nach mei­nen ers­ten Ein­drü­cken, die ich bei den Ver­kos­tun­gen im Rah­men der „Vor­pre­mie­re“ Ende August in Wies­ba­den gewin­nen konn­te, lie­gen sie auf dem Niveau des viel gefei­er­ten Vor­gän­ger­jahr­gangs, teil­wei­se sogar dar­über. Denn die Men­gen waren, weil es in 2019 im Früh­jahr wäh­rend der Blü­te gereg­net hat­te und vie­le Trau­ben durch­rie­sel­ten, um etwa 25 Pro­zent gerin­ger.  „Ode an die Freu­de“ titel­te Ste­phan Rein­hardt in der FAZ.

Herausragend: Schäfer-Fröhlich

Die Gro­ßen Gewäch­se (GG) aller acht VDP-Güter an der Nahe, die ich ver­kos­ten konn­te, lie­gen denn auch auf hohem Niveau. Lagen­be­dingt und auch sti­lis­tisch fal­len sie aller­dings sehr unter­schied­lich aus. Der her­aus­ra­gen­de Wein in 2019 ist für mich Schäfer-Fröhlichs Strom­berg. Er kommt aus einer stei­len, extrem fel­si­gen Par­zel­le mit 86-jährigen Reb­stö­cken aus einem Sei­ten­tal der Nahe und ist nicht der kom­ple­xes­te, aber der mine­ra­lischs­te Ries­ling im Sor­ti­ment die­ses Win­zers. Die Fokus­sie­rung auf das The­ma Mine­ra­li­tät gibt die­sem Wein Kan­te, und zwar so deut­lich, dass die Reb­sor­te kaum noch zu schme­cken ist. Leu­te, die Ries­ling wegen ihrer Frucht und Wür­ze trin­ken, wer­den von die­sem GG ent­täuscht sein. Zu karg ist er, zu wenig schmel­zig, viel­leicht könn­te man auch sagen: zu mono­the­ma­tisch. Für mich aber stellt der Strom­berg das dar, was nur gro­ße Lagen her­vor­brin­gen kön­nen: einen schlan­ken, aber sehr dicht gewo­be­nen Wein mit schmau­chi­ger Aro­ma­tik und gif­ti­ger Säu­re, lang­le­big, her­aus­for­dernd, ein­drück­lich (97). Tim Fröh­lichs GG vom Fel­sen­eck – nor­ma­ler­wei­se die Rose im Knopf­loch die­ses Wein­guts – ist ins­ge­samt kom­ple­xer. Geprägt von rei­fen gel­ben Früch­ten mit Akzen­ten von Algen, Kur­ku­ma und Earl Grey, ist das Fel­sen­eck immer ein Wein von magi­scher Ele­ganz. 2019 macht da kei­ne Aus­nah­me (96). Ob die­ser Wein oder Strom­berg den Kon­su­men­ten mehr Erleb­nis bie­tet, hängst vom per­sön­li­chen Geschmack ab. Und auch die ande­ren GG von Schäfer-Fröhlich begeis­tern. Das Früh­lings­plätz­chen ist von wil­der Hefe und Gra­nit­staub durch­zo­gen (94). Der Halen­berg ist struk­tu­rell power­ful und gleich­zei­tig fili­gran im Inne­ren (95), die Kup­fer­gru­be zart­wür­zig, grün­blätt­rig, mit­rei­ßend (93), der Fel­sen­berg sal­zig wie See­was­ser, stau­big, wenig fruch­tig – ein ganz eige­ner Approach (93).

Etwas braver: Die Weine von Dr. Crusius

Die Kühn­heit, die die Wei­ne von Schäfer-Fröhlich aus­zeich­net, fin­det man in den GG von Dr. Crusi­us nicht, auch wenn sie teil­wei­se von den­sel­ben Lagen kom­men (die jüngs­te Toch­ter Rebec­ca, Geisenheim-gestählt, ist inzwi­schen voll in die Pro­duk­ti­on ein­ge­stie­gen). Die Wei­ne die­ses Gutes sind – wie immer – gefäl­li­ger, kon­ven­tio­nel­ler, ja: bra­ver. Der monu­men­tals­te Ries­ling ist immer die Bas­tei, eine war­me Süd­la­ge, die mit hohen Most­ge­wich­ten und ent­spre­chen­der Extrakt­sü­ße prunkt. Crusi­us’ GG aus die­ser Lage ist kräf­tig, kör­per­reich und gut balan­ciert – kein Gau­men­schmeich­ler wie in manch ande­rem Jahr – aber als spek­ta­ku­lär emp­fin­de ich ihn nicht (91). Einem Ver­gleich mit der Bas­tei von Gut Her­manns­berg hält die­ses GG nicht stand. Bes­ser gefal­len haben mir die vier ande­ren GG: der mode­ra­te­re, mineralisch-würzige Mühl­berg „Im Roten­fels“ (92), der zitrus­fruch­ti­ge Stein­berg mit sei­nem leicht exo­ti­schen Ein­schlag (92),  die fein­glied­ri­ge Kup­fer­gru­be (91) und der fast süf­fi­ge Fel­sen­berg  (91). Gene­rell geht man bei Crusi­us mit der Säu­re vor­sich­tig um, was dazu führt, dass die Wei­ne nicht den Span­nungs­bo­gen ande­rer GG haben. Das brei­te Publi­kum wird es mög­li­cher­wei­se schät­zen, die Puris­ten unter den Wein­trin­kern weni­ger.

Schlossböckelheimer Felsenberg

Emrich-Schönleber: Zuverlässige Spitzenqualität

Emrich-Schönleber besitzt mit dem Früh­lings­plätz­chen und dem Halen­berg zwei Lagen, in denen auch Schäfer-Fröhlich begü­tert ist. Ja, man muss sogar sagen, dass Emrich-Schönleber nach Grö­ße des Reben­be­sit­zes und Anci­en­ni­tät als Reben­be­sit­zer der Lokal­ma­ta­dor ist. Das GG vom Früh­lings­plätz­chen hat mich trotz des Erns­tes der Ver­kos­tungs­si­tua­ti­on in den Wies­ba­de­ner Kur­haus Colon­na­den begeis­tert, und wenn Freu­den­schreie erlaubt wären, hät­ten die Schei­ben geklirrt: ein gro­ßer Wein mit herr­li­cher, grape­fruit­ar­ti­ger Frucht, ein­ge­bet­tet in süßen Schmelz mit sub­li­men erdig-mineralischen Noten, deut­lich tem­pe­ra­ment­vol­ler als der Halen­berg. Das Ruhe­ge­bot hat den Gefühls­aus­bruch ver­hin­dert (94). Ich wage die The­se, dass das 2019er Früh­lings­plätz­chen noch einen Gang mehr drauf hat als der 2018er. Das ändert aber nichts dar­an, dass der Halen­berg das gewich­ti­ge­re der bei­den GG ist. Er ist brei­ter ange­legt als das Früh­lings­plätz­chen, besitzt mehr Tie­fe, ist weni­ger ner­vös, ruht mehr in sich, auch wenn er im Glas der­zeit nicht son­der­lich spek­ta­ku­lär wirkt (95). Im jun­gen Sta­di­um wird der Halen­berg leicht unter­schätzt. Nament­lich mir ist das mehr­fach pas­siert. Erst wenn man mal Gele­gen­heit hat, die 2014er, 2013er, 2010er oder – bes­ser noch – den 2004er zu trin­ken, zeigt sich, wel­che Fül­le die­ser auf blau­em Schie­fer gewach­se­ne, ganz lang­sam rei­fen­de Wein birgt. In Kali­for­ni­en defi­niert man einen Grand Cru so: die wärms­te Lage in der kühls­ten Gegend. Auf den Halen­berg trä­fe das zu.

Gut Hermannsberg: An der Spitze etabliert

Auch noch recht kühl ist es an der mitt­le­ren Nahe, wo Dönn­hoff und Gut Her­manns­berg ihre Wein­ber­ge haben. Fan­gen wir mit Gut Her­manns­berg an. Die augen­blick­lich ein­drucks­volls­te Wein der 2019er Kol­lek­ti­on ist der Roten­berg: kom­pakt und noch ein biss­chen in sich gekehrt, aber spür­bar ele­gant und wie aus einem Guß (92). Mit weni­ger als 30 Euro gehört er zu den preis­wer­tes­ten GG der Nahe. Wer unbe­dingt jetzt schon den Kor­ken zie­hen will, kann auch zum GG vom Stein­berg grei­fen: ein ele­gan­ter Ries­ling, leicht und doch dicht gewo­ben, sehr puris­tisch, hoch­fein (92). Ganz gros­se Klas­se der Fel­sen­berg, aus einer sehr war­me Lage kom­mend. Der Wein ist stark von rei­fer gel­ber Frucht geprägt, aber auch von einer pikan­ten Säu­re durch­zo­gen (93).  Wer ganz furcht­los ist, was die Säu­re betrifft, greift zum GG von der Bas­tei: ein packen­der Wein von dra­ma­ti­scher Fül­le mit Anklän­gen an rei­fe tro­pi­sche Früch­te und Boden­kru­me (94). Aller­dings kam die­ses Ries­ling GG aus dem Jahr­gang 2018.  Kel­ler­meis­ter Kars­ten Peter geht dazu über, sei­ne hoch­wer­tigs­ten Wei­ne erst spä­ter auf den Markt zu brin­gen (in die­sem Zusam­men­hang eine Emp­feh­lung: Peter hat gera­de die letz­ten Reser­ven der 2015er Bas­tei frei­ge­ge­ben, der bis dahin bes­ten Bas­tei, die auf Gut Her­manns­berg pro­du­ziert wur­de. In ihr spie­gelt sich die war­me Rei­fe der Trau­ben wider und – im Kon­trast dazu – die küh­le, kris­tal­li­ne Ries­ling­säu­re). Auch von der Mono­pol­la­ge Her­manns­berg ist im Moment erst der 2018er im Ver­kauf, ein Ries­ling, der bei­na­he schwe­re­los über den Gau­men glei­tet, aber unheim­lich viel Tie­fe besitzt und mit sei­ner kräu­ter­wür­zi­gen Pikanz wohl am bes­ten von allen GG den Stil von Gut Her­manns­berg reprä­sen­tiert (94). Bei der bes­ten Lage des Wein­guts, der Kup­fer­gru­be, ist die Pra­xis des Zurück­hal­tens schon seit dem Jahr­gang 2017 üblich. Das heißt: Es gibt der­zeit kei­ne 2019er Kup­fer­gru­be, auch kei­ne 2018er. Die gesam­te Pro­duk­ti­on die­ser Jahr­gän­ge wan­dert in die Schatz­kam­mer und wird erst nach fünf Jah­ren (also 2024) als „Reser­ve“ auf den Markt kom­men.

Dönnhoff: Sechs meisterhafte Lagenweine

Dage­gen hat Nach­bar Dönn­hof bereits alle sechs GG vom Jahr­gang 2019 frei­ge­ge­ben. Am bes­ten gefal­len hat mir sein kleins­tes GG vom Krö­ten­pfuhl in Bad Kreuz­nach: trotz der Span­nung, die die­ser Ries­ling auf­ge­baut hat, ist er ein erkenn­bar stim­mi­ger Wein mit rei­fem Pfir­sich, aber auch Limet­te und einem Hauch Oran­gen­scha­le, dazu eine erdig-staubige Kom­po­nen­te, die macht, dass der Wein nicht ins beliebig-fruchtige Fahr­was­ser abdrif­tet (93). Viel­leicht gefällt mir der Krö­ten­pfuhl auch des­halb so gut, weil er so unan­stren­gend ist im Ver­gleich zu Dönn­hoffs ande­ren GG.

Aber hier soll nicht von per­sön­li­chen Vor­lie­ben die Rede sein. Die Her­mans­höh­le ist sicher­lich das anstren­gends­te GG des Wein­guts (und mit Emrich-Schönlebers Halen­berg der gesam­ten Anbau­re­gi­on), aber auch Dönn­hoffs größ­ter Wein. Den jun­gen 2019er jetzt zu beschrei­ben, ist wie Locken auf der Glat­ze dre­hen. Der Wein gibt wenig her außer flo­rea­le Düf­te und ein paar Pri­mär­aro­men. Man spürt aber die Kraft, die er hat, ahnt die Tie­fe, nimmt die Cre­mig­keit wahr. Wer älte­re Jahr­gän­ge kennt, weiß was das bedeu­tet (95). „Viel gut ver­pack­te Power“ habe ich auf mei­nen Pro­ben­zet­tel geschrie­ben. Die Beto­nung liegt auf „ver­packt“, also noch ver­schlos­sen. Nicht ver­packt, aber packend ist der Fel­sen­berg, das mine­ra­lischs­te GG der Dönn­hoff­schen Kol­lek­ti­on, wobei die hoch­fei­nen Flintstein- und Zündplättchen-Noten im Moment noch gar nicht ein­mal sehr prä­sent sind. Viel­mehr domi­nie­ren rei­fer Apfel, Pfir­sich, Nashi-Birne, unter­legt mit wür­zi­gem Zitro­nen­gras. Gros­ses Kino (94). Ein Aus­bund an Ele­ganz ist Dönn­hoffs Dell­chen: gut fun­diert auf der einen Sei­te, mit fili­gra­nen Facet­ten auf der ande­ren, dabei leicht schief­rig, pur, fines­se­reich (95). In mei­nen Noti­zen steht „rou­ti­niert auf hohem Niveau“. Das stimmt nicht. Es gibt kei­ne Rou­ti­ne auf dem Niveau, auf dem Dönn­hoff arbei­tet. Wenig ange­fixt hat mich dage­gen das GG von der Brü­cke. Fül­lig, saf­tig, pikant – das ja. Aber spek­ta­ku­lär? Eher nicht (92). Schwer zu beschrei­ben ist Dönn­hoffs sechs­tes GG vom Höl­len­pfad „Im Müh­len­berg“. Es ist nur weni­ge hun­dert Meter vom Krö­ten­pfuhl ent­fernt gewach­sen und doch ganz anders: sper­ri­ger, rup­pi­ger in der Säu­re, gleich­zei­tig aber mit herr­lich rei­fer Frucht, die in süßen Schmelz gehüllt ist. Eine „ech­te Chal­len­ge“ habe ich in bes­tem Verkoster-Deutsch notiert (93).

Die 2019er Erste Lagen sind von den Grossen Lagen nicht weit entfernt

Bei aller Reve­renz, die man Dönn­hoffs GG ent­ge­gen bringt: In einem Jahr wie 2019 ist das Höl­len­pfad GG nicht Licht­jah­re ent­fernt vom Höl­len­pfad Ers­te Lage, der nur halb so viel kos­tet. Oder auch der Ries­ling Kah­len­berg Ers­te Lage. Die­se Wei­ne sind schon gut antrink­bar und trotz­dem erwie­se­ner­ma­ßen lang­le­big. Und wer sie mit Freun­den trin­ken will: bel­la figu­ra machen auch sie. Aus­ser­dem muss man die Händ­ler nicht anbet­teln, um ein paar Fla­schen der raren GG zu bekom­men. Glei­ches gilt übri­gens auch für ande­re Erzeu­ger. Will sagen: Ich wür­de mich in einem Jahr wie 2019 mit Orts­wei­nen und Ers­ten Lagen bevor­ra­ten. Und noch etwas: Der VDP gilt als deut­sche Win­zer­eli­te. Es gibt an der Nahe aber ein hal­bes Dut­zend Nicht-VDPler, die mit glei­cher Sorg­falt und dem­sel­ben Ehr­geiz arbei­ten, um mit ähn­lich span­nen­den Resul­ta­ten auf­zu­war­ten.

Kruger-Rumpf und Joh. Bapt. Schäfer mit Mut und Können

Kom­men wir zur unte­ren Nahe. Dort sind vier VDP-Winzer ansäs­sig: Kruger-Rumpf, Joh. Bapt. Schä­fer, Schloss­gut Diel und Prinz Salm. Letz­te­rer hat gera­de sei­ne 2016er frei­ge­ge­ben, die in Wies­ba­den nicht ange­stellt waren. Die drei ande­ren Güter prä­sen­tier­ten ihre 2019er. Kruger-Rumpf hat vier bril­lan­te GG auf die Fla­sche gebracht, wobei eines, der Schar­lach­berg, aus Rhein­hes­sen stammt. Der kühns­te der ande­ren drei ist der Dau­ten­pflän­zer, der beweist, dass Georg und Phil­ipp Rumpf kei­ne Angst vor Säu­re haben. Ihr GG mag im Moment etwas kan­tig wir­ken, ist aber sehr prä­zi­se gear­bei­tet und besitzt ein rie­si­ges Poten­zi­al (93). Im Pit­ter­berg, das zwei­te GG, ist die wei­che­re Vari­an­te (92). Aber was heißt schon weich, wenn die Säu­re bei knapp 8 gr liegt und der Wein qua­si durch­ge­go­ren ist? Das drit­te GG, der auf Quar­zit gewach­se­ne Burg­berg, ist der ver­schlos­sens­te der drei, aber auch der begeis­ternds­te: dicht gewo­ben, kom­pakt, mit Kafir­b­lät­tern, See­tang, rei­fem Gravensteiner-Apfel und Gra­nit­staub im Bou­quet (94). Der gewöhn­lich gut infor­mier­te VINUM-Weinführer hat­te Kruger-Rumpf bereits 2019 zum „Auf­stei­ger des Jah­res“ an der Nahe gekürt. Voll­auf gerecht­fer­tigt aus mei­ner Sicht. Im neu­en VINUM Wein­füh­rer 2021 wird die­se Aus­zeich­nung Sebas­ti­an Schä­fer vom Wein­gut Joh. Bapt. Schä­fer zuteil. Zumin­dest eines sei­ner bei­den 2019er GG ist bemer­kens­wert: ein geschlif­fe­ner, sehr prä­zi­ser Wein mit (noch) viel Reduk­ti­on in der Nase, dazu Rauch­tee, Eisen­kraut, Min­ze und nahe­zu frei von Frucht – Beweis dafür, wie gut Schä­fer das Ter­ro­ir her­aus­ge­ar­bei­tet hat. Die Rede ist von sei­nem Pit­ter­männ­chen (93). Ver­gleichs­wei­se brav ist dage­gen Schä­fers Gold­loch (90).

Caro­lin Diel

Schlossgut Diel mit einer der schönsten Kollektionen

Eine der schöns­ten Über­ra­schun­gen an der Nahe ist die 2019er Kol­lek­ti­on vom Schloß­gut Diel. Nicht dass die Wei­ne von Caro­li­ne Diel (und frü­her von ihrem Vater Armin) nicht auch hoch­klas­sig waren. Aber so gut wie in 2019 habe ich sie noch nie erlebt. Diels Pit­ter­männ­chen – das ist nicht ein­fach nur Ries­ling in sei­ner bezau­bernds­ten Form, son­dern flüs­si­ger Schie­fer, nas­se Krei­de, rau­chi­ge Mine­ra­li­tät. So aus­ge­prägt habe ich Ter­ro­ir nicht oft geschmeckt (94). Das GG vom Gold­loch ist saf­ti­ger mit Pfir­sich, Apri­ko­sen, Oran­gen­scha­le und einer fei­nen Earl Grey-Note (93). Den Vogel schiesst der Burg­berg ab, der aller­dings vom Jahr­gang 2018 war und Füll­schock, Schwe­fe­lung etc. längst hin­ter sich hat. Bei die­sem Wein-Monument spürt man bereits die Tie­fe: also neben der Frucht die erdi­ge Wür­ze, wobei die Rei­fe­aro­men einer­seits und die durch­aus vor­han­de­nen grü­nen Noten ande­rer­seits  eine knis­tern­de Span­nung erzeu­gen (95).

Wird sich die Spreu vom Weizen trennen?

Ins­ge­samt lässt sich von den GG von der Nahe sagen, dass sie fokus­sier­ter auf Ter­ro­ir sind als frü­her, weni­ger auf ober­fläch­li­che Noten set­zen (auch wenn die­se von den Kri­ti­kern immer hoch geschätzt und bewer­tet wer­den), weni­ger geschminkt auf­tre­ten. Wenn das eine Ten­denz ist, dann wird sich auch bei den Kon­su­men­ten bald die Spreu vom Wei­zen tren­nen. Terroir-Weine sind sel­ten mas­sen­kom­pa­ti­bel. Life­sty­ler und Fun-Sucher wer­den sich abwen­den. Ver­durs­ten wer­den sie des­halb nicht. Alter­na­ti­ven gibt es genug.

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