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Maiscremesuppe mit Curry und Pfifferlingen, dazu Homok vom Weingut Koppitsch

Sommerfrische am Neusiedler See? Hatte ich mir, um ehrlich zu sein, ein wenig leichter vorgestellt. Und in Gedanken schon eine dicht an dicht mit dicken Namen gespickte Reiseroute ausgeklügelt, die mich in Burgenlands beliebtem Naherholungsgebiet von Restaurant zu Restaurant, von Weingut zu Weingut führen sollte. Unter anderem zu den Koppitsch, deren Weine in Deutschland noch kaum einer kennt – warum eigentlich? Gerade die Einstiegsweine, die Maria und Alex Koppitsch als Fun Wines auf den Markt bringen, haben das Potenzial zum Alltagskiller. Sie machen Lust auf mehr, so dass alle Pläne und Termine schnell zu Makulatur werden. Was ich als erfahrene Reiseautorin nicht bedacht hatte: Eine Unterkunft rund um den See zu finden, ist im August so wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto.

Alex u. Maria Koppitsch © cucinapiccina

Ein Maissüppchen zum Wärmen der Seele

Aber braucht’s den? Wenn es nach Alex geht, besteht die wahre Kunst – in so ziemlich allen Lebenslagen – darin, das Maximum aus den bestehenden Gegebenheiten rauszuholen. Ok, got it. Die Reise durchs Burgenland wurde also umgeplant, mit einer Ausnahme: der Stopp bei Koppitsch. Ohne Sprung ins Wasser und ohne Rumfläzen am Seeufer zwar, dafür mit Verkostung der teilweise ultrafrisch gefüllten Weine und einer Weingartentour bei 34 Grad Celsius. Zurück in good old Germany, hält der Herbst das Zepter bereits fest in der Hand. Ich friere, und die mitgeschleppte Flasche Homok möchte gern mit etwas Bauch- und Seelenwärmendem kombiniert werden. Ich koche also ein Süppchen: aus frischem Mais vom Wochenmarkt, gewürzt mit einer Prise Curry, getoppt mit den ersten wirklich guten Pfifferlingen. Klappt bestens und ersetzt mir – zumindest für den Moment – den geplatzten Kurzurlaub.

Homok – ein Wein auch für Natural Wine-Skeptiker

Besonders faszinierend an Alex’ Weinen ist für mich, wie frisch und lebendig, aufrichtig und authentisch sie sind und dass, trotz nur minimaler Schwefelung (um die 5 Milligramm freier Schwefel) absolut nichts Freakiges an ihnen ist. Im Gegenteil: Gerade die Fun-Weine, die sich dem Thema Bodenbeschaffenheit widmen, tanzen behände über den Gaumen, ohne banal zu wirken. Das schmeckt, da bin ich mir sicher, garantiert auch den Skeptikern von Natural Wines. Der Homok ist kein Wein von der Stange. Er ist trüb, leicht hefig, und die Flasche ist mit einem einfachen Kronkork verschlossen. Homok ist das ungarische Wort für „Sand“: Die verwendeten Trauben – Grüner Veltliner (ca. 40 Prozent), Weissburgunder (ca. 40 Prozent) und Sauvignon Blanc (ca. 20 Prozent) – wachsen auf sandigen Böden auf einer von drei Lagen, die den Koppitsch gehören: am Seefeld im Westen der Stadt Neusiedl, direkt angrenzend an den Schilfgürtel des Sees. Eine flache Lage, heiß und auch sehr windig. Die Trauben scheinen den Ort zu lieben, denn sie entwickeln dort ein intensives, einzigartiges Aroma. Trotz des Windes herrscht am See eine hohe Luftfeuchtigkeit. Die Trauben sind dadurch stets von Fäulnis und Pilzkrankheiten bedroht, was einem Biowinzer höchste Anstrengungen beim Pflanzenschutz abverlangt.

© cucinapiccina

Bei Sonnenaufgang raus

Deswegen steht Alex auch jeden Sonntag um 4 Uhr morgens auf. Spätestens um 5 findet man ihn mit der Rückenspritze in seinen Weinbergen. Generell wird im Hause Koppitsch früh aufgestanden, weil die Weingartenpflege alles händisch erfolgt und damit zeitaufreibend ist. Seit Alex den Betrieb 2006 komplett auf biodynamische Bewirtschaftung umgestellt hat, gehört das Ansetzen und Austragen der Präparate zum täglichen Pensum. Wobei Pensum das falsche Wort ist: Pensum klingt nach Pflicht und Belastung. So empfinden die Koppitsch ihre Arbeit aber nicht. Sie lieben das, was sie tun. Sie machen Wein auf bescheidene, einfache, unideologische Weise. Sie vergären spontan, schönen nicht, filtern nicht, akzeptieren, dass der Wein in der Flasche trüb ist. Dass es Naturwein ist, was sie machen, ist ihnen erst vor ein paar Jahren aufgegangen, als sie auf ihren Importeur aus Kanada und später auf ihren Händler in den USA stießen und die Verkäufe dort auf einmal durch die Decke gingen. „Erst da hat es bei uns Klick gemacht“, erzählt Maria. „Wir haben unser Marketingkonzept neu überdacht, obwohl wir genauso arbeiten wie Alex’ Familie schon immer gearbeitet hat.“

Lieber klein und autark bleiben

Viele Flaschen gibt es bei den Koppitsch nicht, zwischen 25.000 und 35.000 pro Jahr, je nach Jahrgang. Der Großteil davon geht hinaus in die große weite Natural Wine-Welt. Die Nachfrage nach mehr wäre definitiv da, aber ein größerer Hof, eine fancy Vinothek, topmoderne Anlagen? Das wollen Maria und Alex nicht. Lieber klein und autark bleiben. Und sich selber treu. Fünf Weinlinien gibt es bei ihnen:

  • Fun Wine: Fokus auf verschiedene Bodenbeschaffenheiten: Sand, Lehm oder Schotter. Großer Trinkfluss, mineralisch, easy drinking.
  • Perspektive Weine: Fokus auf Muschelkalk. Puristisch, präzise, klar strukturiert, lebendig.
  • Touch: Orange Wein, 14 Tage auf der Maische, knackig, frisch, elegant, erdig, fordernd.
  • Aeon: Ewigkeit. Fokus auf Boden, der seit Jahrhunderten in Familienbesitz ist. Intensiv, fragil, dunkle Mineralität.
  • Pretty Nuts: Petillant Naturel: Sprudel fürs ganze Jahr, fürs Neusiedler See-Lebensgefühl

Der Boden ist wichtiger als die Rebsorte

Reinsortige Weine gibt es mittlerweile gar nicht mehr bei den Koppitsch, denn seit dem Klick-Moment, also seit 2017, wird der Fokus bei allen fünf Weinlinien auf die Betrachtung des Bodens gelegt. Das Terroir, davon sind die beiden mittlerweile überzeugt, ist für ihre Weine wichtiger als die Rebsorte. „Was nebeneinander wächst, trägt mit der Zeit dieselbe Aromatik in sich“, rekapituliert Alex, dessen Familie nachweislich seit dem 16. Jahrhundert (seit 1523) Wein am Neusiedler See winzert. Fast alle Weingärten sind seit Generationen im Familienbesitz, die Reben im Schnitt 30 Jahre alt. Bei ihnen entsteht Naturwein so, wie er sein sollte: vielschichtig, langlebig und beseelt.
2019 Homok, Weingut Koppitsch (Neusiedl)

Preis: 12,90 Euro

Bezug: www.naturalwinedealers.com (ab 20. September vorrätig)

Maiscremesuppe mit Curry und Pfifferlingen

Zutaten:
3 frische Maiskolben
2 Schalotten
1 Knoblauchzehe
4 EL Butter
1 TL Currymischung nach Wahl (z.B. von Ingo Holland)
Geflügel- oder Gemüsebrühe
Meersalz
frisch gemahlener schwarzer Kampotpfeffer oder Langpfeffer (z.B. von Hennes Finest Kampotpfeffer)
100 ml Sahne
1 Spritzer Zitronensaft
2 EL Haselnussöl
150 g Pfifferlinge, geputzt

Zubereitung:
1. Die Maiskolben von Blättern und Fäden befreien, gut waschen, dann die Maiskörner mit einem scharfen Messer von den Kolben schneiden. Schalotten und Knoblauch schälen und fein hacken.
In 2 EL Butter glasig anschwitzen.
2. Maiskörner und Currypulver hinzufügen und alles mit so viel Brühe auffüllen, dass die Körner gut davon bedeckt sind. Aufkochen, die Hitze etwas reduzieren und alles zugedeckt ca. 10 Min. köcheln lassen. Die Suppe im Standmixer oder mit dem Zauberstab pürieren und – für ein samtiges Ergebnis – durch ein Sieb streichen.
3. Restliche Butter (2 EL) in einer Pfanne erhitzen und die Pfifferlinge darin scharf anbraten. Salzen und pfeffern. Die Suppe nochmals kurz erwärmen, mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken und die Sahne schaumig untermixen.
4. Die fertige Suppe samt Pfifferlingen auf Schüsseln oder tiefe Teller verteilen und mit etwas Haselnussöl beträufelt servieren.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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