Garnelen mit Burrata und Pfirsich-Schalotten-Salsa, dazu ein außergewöhnlicher Rosé vom Ätna

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Sophia Schillik hat sich auf Sizilien herumgetrieben und an den Hängen des Vulkans Ätna einen Roséwein gefunden, der sie zu einem besonderen Gericht inspiriert hat.

Eine pro­mo­vier­te Kunst­wis­sen­schaft­le­rin pro­du­ziert Wein auf einem his­to­ri­schen Guts­hof am Ätna, in einer von extre­men Bedin­gun­gen gepräg­ten Gegend, in Wein­ber­gen, deren Reb­stö­cke bei einem schwe­ren Vul­kan­aus­bruch 1981 teil­wei­se vom Lava­strom ver­schluckt wur­den und in denen sich heu­te neue Wein­re­ben ihren Weg durch das mas­si­ve Vul­kan­ge­stein bahnen.

Außergewöhnlich: die Weine der Fattorie Romeo del Castello

Das ist die Kurz­ver­si­on eines mei­ner ein­drück­lichs­ten Wein-Erlebnisse auf Sizi­li­en: Ein eigent­lich viel län­ger geplan­ter, dann aber durch einen Wol­ken­bruch deut­lich zusam­men­ge­schnür­ter Pit­s­top auf Chia­ra Vigos Wein­gut in Ran­d­az­zo, einer klei­nen Gemein­de etwa 68 Kilo­me­ter nörd­lich von Cata­nia. Der Hof liegt im Bezirk Alle­gra­co­re, 700 Meter über dem Meer. Drei Fla­schen flo­gen damals, im Herbst 2017, im Kof­fer mit zurück nach Köln, waren natür­lich schnell leer, Ersatz muss­te besorgt wer­den. Glück­li­cher­wei­se gibt es die außer­ge­wöhn­li­chen Ätna-Weine von Chia­ras Wein­gut, der Fat­to­rie Romeo del Cas­tel­lo, bei der Dort­mun­der Wein­hand­lung Caber­net & Co zu kau­fen. Weil gera­de die Zeit für – ernst­zu­neh­men­de – Rosés ist, rate ich: unbe­dingt den Vigo­ro­sa in den Waren­korb legen und dazu ein paar Gar­ne­len auf den Grill schmei­ßen oder in die Pfan­ne legen (die in Sizi­li­en übli­chen gam­be­ri ros­si sind in Deutsch­land lei­der schwer zu bekom­men, wären aber natür­lich noch viel bes­ser). Dazu gibt es lang­sam geschmor­te Honig­to­ma­ten, eine aus gerös­te­ter Papri­ka gemix­te Sau­ce, eine Pfirsich-Schalotten-Salsa und fri­sche Bur­ra­ta. Wem das alles zu viel Auf­wand ist, macht zu den Gar­ne­len ein­fach einen schnel­len Tomaten-Pfirsich-Burrata-Salsa.

Weinbau auf  700 Metern im  Vulkangestein 

Wein­bau am Ätna hat eine jahr­hun­der­te­lan­ge Tra­di­ti­on. Die Ära des moder­nen Weins begann aller­dings erst vor knapp 20 Jah­ren. Die äuße­ren Bedin­gun­gen sind dort wie geschaf­fen für groß­ar­ti­ge Wei­ne: Die Höhen­la­ge macht das Anbau­ge­biet trotz der süd­li­chen Lage und der im Durch­schnitt recht hohen Tem­pe­ra­tu­ren in Sizi­li­en zu einer Cool Cli­ma­te-Regi­on. Küh­ler Wind kommt nicht nur von oben, vom Gip­fel des über 3000 Meter hohen Vul­kans, son­dern auch vom Meer. Das mine­ral­rei­che Vul­kan­ge­stein macht das Ter­ro­ir ein­zig­ar­tig. Mehr noch: Weil die über Jahr­tau­sen­de in alle Rich­tun­gen flie­ßen­de Lava immer auch reich­lich Gestein aus den unter­schied­li­chen Boden­schich­ten mit sich trug, ist der Unter­grund hier von Teil­be­reich zu Teil­be­reich – oder wie es auf Sizi­li­en heißt: von Con­tra­da zu Con­tra­da – ver­schie­den. Jede Con­tra­da hat ihre ganz indi­vi­du­el­len Aus­gangs­be­din­gun­gen, und so schmeckt der Wein jeder Con­tra­da etwas anders. Eine Tat­sa­che, die den Ätna in Kom­bi­na­ti­on mit ande­ren Fak­to­ren – etwa der auf­wän­di­gen Bewirt­schaf­tung, der zeit­in­ten­si­ven Rekul­ti­vie­rung alter Reb­flä­chen, der Emp­find­lich­keit der auto­chtho­nen Reb­sor­ten – inzwi­schen zu einem Eldo­ra­do für ehr­gei­zi­ge Win­zer, Quer­den­ker, Quer­ein­stei­ger und ambi­tio­nier­te Naturwein-Winzer gemacht hat.

Fat­to­rie Romeo del Castello

Einer der Pio­nie­re des moder­nen Wein­baus am Ätna ist der Öno­lo­ge Sal­vo Foti. Er ent­deck­te das Poten­zi­al, das in den vom Vul­kan­aus­bruch 1981 schwer gebeu­tel­ten Wein­ber­gen der Fat­to­rie Romeo del Cas­tel­lo steck­te und griff Chia­ra Vigo, die bis dato mit Wein nichts am Hut hat­te, unter die Arme. Ohne den mitt­ler­wei­le in ganz Ita­li­en berühm­ten, lokal­pa­trio­ti­schen Öno­lo­gen gäbe es die Wei­ne der Fat­to­rie wahr­schein­lich nicht. Er küm­mer­te sich in den ers­ten Jah­ren um den Aus­bau, wäh­rend sich Chia­ra seit ihrer Rück­kehr auf die Insel um die Wein­ber­ge küm­mert und sich der Instand­hal­tung des Gutes wid­met, das sie nach dem Tod ihres Vaters über­nahm. Dabei leb­te sie glück­lich in Paris, woll­te eigent­lich Kunst­pro­fes­so­rin wer­den und hat­te bereits ihren Ph.D. in der Tasche. Aber fami­glia ist fami­glia, und ein Erbe wie die Fat­to­rie Romeo del Cas­tel­lo mit ihrer lan­gen, schick­sals­träch­ti­gen Geschich­te lässt man nicht ein­fach in ande­re Hän­de übergehen.

Die Eruption von 1981: Der Lavastrom teilt die Azienda in zwei Teile

Es klingt dra­ma­tisch, wenn Chia­ra von jener März­nacht des Jah­res 1981 erzählt, in der der Ätna wie­der Feu­er zu spu­cken begann. Der Anblick des rot­glü­hen­den, immer näher rücken­den Lava­stroms war bedroh­lich. Chia­ras Eltern beschlos­sen zu flie­hen und das Gut samt Oli­ven­hain, Streu­obst­wie­sen und Wein­stö­cken dem Schick­sal zu über­las­sen. In letz­ter Sekun­de dreht der Wind. Der Lava­strom macht einen U-Turn und ver­schluckt zwar gut die Hälf­te der alten Wein­bergs, ver­schont aber – Glück im Unglück – den ande­ren Teil. Am Ende wer­den 21 Hekt­ar Land von der glü­hen­den Lava begra­ben. Eine Tra­gö­die. Wie eine schwar­ze Mau­er durch­schnei­det die Lava das Anwe­sen des ehe­ma­li­gen Gemischt­be­trie­bes. Den vom Gut abge­trenn­ten Teil ver­kauft Chia­ras Mut­ter irgend­wann spä­ter. Übrig blei­ben 13 Hekt­ar Wein­ber­ge sowie etwas Oli­ven­hain, Birn­bäu­me und Wald. 1986 stirbt über­ra­schend ihr Vater. Chia­ra muss sich ent­schei­den. Sie gibt ihre aka­de­mi­schen Plä­ne auf, kehrt in ihre Hei­mat zurück und macht das, was ihr Groß­va­ter mach­te: bestellt das Land und wird Win­ze­rin. Der Wein, den ich für das Garnelen-Gericht aus­ge­sucht habe, heisst Vigo­ro­sa. Der Name setzt sich zusam­men aus Vigo, Chia­ras Fami­li­en­na­men, und Rosa für Rosé. Dass der Name Vigo­ro­sa zusam­men­ge­schrie­ben auch „kraft­voll“, „ener­gisch“ in der femi­ni­nen Form bedeu­tet, mag Zufall oder Bestim­mung sein.

Uralte Reben vor der Lavawand

L’arte di fare vino 

Kraft brauch­te Chia­ra in den Fol­ge­jah­ren. Aber an der man­gel­te es ihr nicht. Sie nimmt sich ihren Groß­va­ter zum Vor­bild. Anders als die Eltern, die das Gut immer nur im Neben­er­werb bewirt­schaf­te­ten und die Trau­ben ver­kauf­ten, pro­du­zier­te der non­no, der Groß­va­ter, Anfang des 20. Jahr­hun­derts immer auch sei­nen eige­nen Wein. Die alten Fla­schen hat Chia­ra auf­be­wahrt, sie ste­hen auf­ge­reiht auf dem Kla­vier in ihrem Wohn­zim­mer. „Fat­to­rie del Baro­ne Romeo del Cas­tel­lo“ steht auf dem Eti­kett. Wenn Chia­ra von ihrem Groß­va­ter spricht, leuch­ten ihre Augen. Ein Pilot und Aben­teu­rer sei er gewe­sen, der die ers­ten Auto­rennen auf der Insel fuhr und die ers­ten Flug­zeu­ge steu­er­te. Ihm sind die Eti­ket­ten des Vigo Rosa gewid­met, die – wie übri­gens die Eti­ket­ten aller ihrer Wei­ne – jedes Jahr das Werk eines ande­ren Künst­lers zei­gen. Die Ver­bin­dung zu ihrer zwei­ten Lie­be, der Kunst, möch­te Chia­ra auf­recht erhal­ten. Die Wei­ne fal­len ja auch jedes Jahr anders aus.

Mein Favorit: der Vigorosa 

Drei Wei­ne pro­du­ziert Chia­ra in Koope­ra­ti­on mit der benach­bar­ten Can­ti­na Benan­ti. Alle drei sind aus Nere­l­lo Mas­ca­le­se gekel­tert mit einem gerin­gen Anteil Nere­l­lo Cap­puc­cio. So hei­ßen die bei­den auto­chtho­nen, stil­prä­gen­den Rot­wein­sor­ten am Ätna. Vie­le Reb­stö­cke sind noch wur­zel­echt, also unver­edelt. Die Wei­ne wer­den im gro­ßen Holz­faß aus­ge­baut. und kön­nen es in Sachen Ele­ganz mit so man­chem Neb­bio­lo oder Pinot Nero auf­neh­men. Von der eher rost­ro­ten Far­be soll­te man sich nicht täu­schen las­sen. Die Wei­ne der Fat­to­rie Romeo del Cas­tel­lo haben Kraft und Tie­fe, eine schö­ne Wür­ze, eine dun­kel­beer­i­ge Frucht und dank des hohen Tem­pe­ra­tur­ge­fäl­les zwi­schen Tag und Nacht eine schö­ne Säu­re­struk­tur. Immer schwingt auch ein Hauch von Tabak oder Teer, ein wenig Rau­chig­keit und Pfef­fer mit, wenn man ins Glas schnup­pert. Des­we­gen ist der Vigo­ro­sa, der stets aus den bes­ten Trau­ben des Guts gekel­tert wird, auch kei­ne tri­via­le Him­beer­brau­se zum schnel­len Durst­lö­schen an hei­ßen Tagen. Er ist ein Rosa­to serio, wie die Ita­lie­ner einen seriö­sen Rosé­wein nen­nen. Er wur­de von Slow­food gera­de zu einem der 100 bes­ten Rosé­wei­ne Ita­li­ens gekürt.

 

Der Wein

2018 “Vigo­ro­sa” Etna Rosa­to, Fat­to­rie Romeo del Castello
Preis: 18,50 Euro
Bezug: www.cabernet-und-co.de

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Das Rezept

Die Bur­ra­ta (eine Son­der­form des Moz­za­rel­la mit flüs­si­gem Sah­ne­kern) ist nicht nur als fri­sche, som­mer­li­che Kom­po­nen­te gedacht. Sie puf­fert auch die 13,5 % Vol. Alko­hol ab, die der Vigo­ro­sa besitzt.

Gar­ne­len
12 Rie­sen­gar­ne­len (oder gam­be­ri rossi)
2 Knoblauchzehen
6 EL Oli­ven­öl zum Braten

Die Rie­sen­gar­ne­len schä­len, am Rücken längs auf­schnei­den und den Darm­fa­den ent­fer­nen. Zwei der Knob­lauch­ze­hen schä­len und sehr fein hacken. Die ande­ren bei­den Zehen schä­len und grob hacken. 2 EL Oli­ven­öl in einer Pfan­ne erhit­zen, Knob­lauch dar­in anschwit­zen, dann die Gar­ne­len dar­in von bei­den Sei­ten ca. 2 Minu­ten bra­ten. Sal­zen und pfef­fern. Alter­na­tiv kön­nen Sie die Gar­ne­len auch auf dem Grill­rost oder in einer Grillfpan­ne braten.

Ofen­to­ma­ten
6 gro­ße Strauchtomaten
3 EL Oli­ven­öl zum Braten
2 EL Akazienhonig
½ TL gemah­le­ne Chili
Meersalz

Die Toma­ten waschen, tro­cken tup­fen und hal­bie­ren. Mit der Schnitt­sei­te nach unten auf ein mit Back­pa­pier aus­ge­leg­tes Blech set­zen. Alle übri­gen Zuta­ten gut ver­rüh­ren und die Schnitt­sei­ten der Toma­ten damit beträu­feln. Im vor­ge­heiz­ten Ofen bei 140 °C ca. 1 Stun­de garen.

Pfirsich-Schalotten-Salsa
2 rei­fe Pfirsiche
2 Schalotten
2 EL fri­scher Zitronensaft
Cayennepfeffer
Meersalz
1 EL aro­ma­ti­sches Oli­ven­öl nativ extra

Die Pfir­si­che schä­len und das Frucht­fleisch vom Stein schnei­den. Sehr fein hacken.
Scha­lot­ten schä­len und sehr fein hacken. Alles in eine Schüs­sel geben und mit Zitro­nen­saft, Cayenne­pfef­fer, Salz und Oli­ven­öl abschme­cken. 30 Minu­ten zie­hen lassen.

Papri­ka­sauce
4 gro­ße Spitzpaprika
3 EL Olivenöl
1 EL hel­le Misopaste
2 EL Zitronensaft
½ TL Zitronenabrieb
Cayenne­pfef­fer oder Chi­li nach Belieben
Meersalz

Die Spitz­pa­pri­ka von Deckel und Ker­nen befrei­en. Neben­ein­an­der auf den Rost legen und im vor­ge­heiz­ten Back­ofen bei hoher Tem­pe­ra­tur (mind. 200 °C) rös­ten, bis die Haut schwar­ze Bla­sen wirft. Her­aus­neh­men und kurz aus­küh­len las­sen, dann die Haut abzie­hen (Tipp: Dies gelingt bei Spitz­pa­pri­ka sehr viel leich­ter als bei nor­ma­len Papri­ka­scho­ten). Mit den rest­li­chen Zuta­ten zu einer glat­ten Sau­ce mixen und nach Belie­ben noch­mals abschmecken.

Gar­nie­ren mit Kräu­tern oder Blü­ten nach Wahl. Den Vigo­ro­sa nicht zu kalt servieren…!

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