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Weingut Karl Haidle: Riesling und Rap

Die Haidles machten als Winzer schon immer ihr eigenes Ding. Karl Haidle, der das Gut 1949 gründete, schloss sich nicht einer Genossenschaft an, sondern setzte vom Start weg auf Eigenvermarktung und wurde so zu einem Pionier im Remstal, östlich von Stuttgart. Zudem pflanzte der erfolgreiche Kunstturner als erster Reben der Sorte Kerner, die heute in ganz Baden Württemberg zu finden ist.

Die ersten Barrique-Fässer

Nach dem plötzlichen Tod von Vater Karl musste Sohn Hans rasch das Ruder übernehmen und er drückte dem Gut nachhaltig seinen Stempel auf. Die Rebfläche wuchs auf 25 Hektar und Hans Haidle perfektionierte besonders die Rotweine. Er schaffte im Jahr 1987, dem Geburtsjahr von Sohn Moritz, die ersten Barriques an. Bis dato war das kleine Holzfass etwas völlig Fremdes im Ländle. Der Erfolg gab dem anerkannten Marathonläufer recht, seine Weine, vor allem seine Lemberger, erreichten internationales Format und räumten Preise und Ehrungen ab wie der FC Bayern Meistertitel im Fußball.

Die Y-Burg wacht über den Pulvermächer (©Karl Haidle)

Rap und Graffiti

Die nächste Generation, Moritz Haidle, ist seit 2014 in der Verantwortung. Der hat sich nicht als Sportler, sondern als Rapper und Graffiti-Sprayer einen Namen neben dem Wein gemacht. Sein erster großer Schritt im Weingut war die Umstellung auf biologischen Weinbau. „Durch sorgfältiges, biologisches und qualitätsorientiertes Arbeiten im Weinberg werden die prägenden Eigenschaften der jeweiligen Lage gefördert“, ist Moritz Haidle überzeugt; „durch stetig wachsende Erfahrungswerte gelingt es uns, präzise auf die einzelnen Weinberge einzugehen.“

Die Weinberge sind ein großes Kapital des Gutes. Auf dem von Gipskeuper und Kalkmergel geprägten Stettener Mönchberg und dem angrenzenden Häder wachsen die ausdrucksstarken Lemberger, auf der sandig-lehmigen Schnaiter Burghalde stehen alte Spätburgunder-Reben; diese ist, wie die vorgenannten, vom VDP als Großes Gewächs klassifiziert.

Moritz Haidle (©Karl Haidle)

Markante Rieslinge

Der prominenteste Weinberg liegt hinter dem Haus. Der Stettener Pulvermächer wird von der Y-Burg dominiert, um die herum die markanten Rieslinge der Haidles wachsen. Die Lage wurde erstmals im Jahr 1650 erwähnt, im nahe gelegenen Steinbruch wurden Sprengungen vorgenommen, was auch ihren Namen er klärt.

Die wertvollste Parzelle stellen die alten Steinterrassen direkt unterhalb der Burg dar, die Wärme besonders gut speichern. Hier wachsen an bis zu 50 Jahre alten Reben die Riesling-Trauben für das herausragende Große Gewächs.
Überhaupt Riesling. Den hat Moritz Haidle ganz besonders im Fokus. Das zeigt sich bereits überzeugend und man darf gespannt sein, welche Facetten er der weißen Edelrebe schlechthin in Zukunft noch abgewinnen wird.

So präsentieren sich ausgewählte aktuelle Weine des Gutes

Paket „Endless Summer“

2019 Ritzling, Riesling trocken, VDP.Gutswein
Der Name ist ein Wortspiel mit der Rebsorte und „Ritz“, dem Graffiti-Künstler-Namen von Moritz Haidle. Der entwirft auch für jeden Jahrgang ein neues Graffiti-Etikett. Zarte Frucht, klare Ansprache, Easy Drinking mit Anspruch. 7,20 Euro.

2019 Stetten Riesling Kabinett Pfeffer VDP.Ortswein
Ein Klassiker, den Gutsgründer Karl Haidle vor über 70 Jahren einführte und nach David Pfeffer  benannte, einem Spielmann und Spaßmacher aus dem Remstal. Die straffe Säure des Weins wird durch feine Restsüße in Balance gehalten. Mit tropischer Frucht ein spannender Begleiter zu nicht zu scharf gewürzter Asia-Küche. 10,40 Euro.

2019 Blaufränkisch trocken Bunter Mergel VDP.Gutswein
Dunkle Beeren und Gewürze in der Nase, feine Tannine dank Reife in gebrauchten Barriques, dazu ein angenehmer Trinkfluss und moderate 12 Prozent Alkohol – dieser Blaufränkisch (Lemberger) ist ein Rotwein für den Sommerabend im Freien. Leicht gekühlt zu Allerlei vom Grill. 9,90 Euro.

Paket „Endless Summer“ mit drei Flaschen 27,50 Euro unter www.weingut-karl-haidle.de

(©Karl Haidle)

Paket „Riesling Trio“

2019 Stetten Riesling trocken Schilfsandstein, VDP.Ortswein
Der trockenste Riesling des Gutes wird zum Teil im großen Holzfass ausgebaut. Vielschichtig im Duft, markant am Gaumen. Braucht Luft im Glas. Zu leichter Küche mit Gemüse, Fisch und hellem Fleisch. 10,40 Euro.

2018 Stettener Häder Riesling trocken, VDP.Erste Lage
Der Häder ist die etwas kühlere Nachbarlage des prominenten Mönchsbergs. Straff und geradlinig geraten die Rieslinge von hier. Zum Teil in alten großen Holzfässern ausgebaut verbindet der Häder dichte Frucht, Kraft und Eleganz und zeigt gutes Reifepotenzial. Zu pointiert gewürzten Gerichten mit Fisch und hellem Fleisch. 16,40 Euro.

2018 Stettener Pulvermächer Riesling trocken, VDP.Großes Gewächs.
Das Riesling-Flaggschiff des Weinguts. ´Zurückhaltend, dabei komplex in der Nase (Zitrus, Steinobst), mineralisch druckvoll am Gaumen, lang und anhaltend im Abgang. Großes Reifepotenzial. Zweifellos einer der beeindruckendsten Rieslinge aus dem Südwesten Deutschlands. 32 Euro.

Paket „Riesling trio“ mit drei Flaschen 58,80 Euro unter www.weingut-karl-haidle.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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