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Bodegas Numanthia: Einmal richtig im Luxus schwelgen …

Der Numanthia ist einer jener Weine, über die Händler manchmal flachsen, man brauche einen Waffenschein, bevor man sich ihnen nähere. Zu gefährlich sei es, ein derartiges „Geschoss“ arglosen Weintrinkern zu überlassen. Eine böse, martialische Warnung. Aber wenn sie berechtigt wäre, müsste sie erst recht für den Termanthia gelten. Dieser tiefrote, vor Frucht berstende Luxuswein gehört zum Explosivsten, was Spanien hervorbringt. Zum Teuersten sowieso: Eine Flasche kostet zwischen 130 und 150 Euro. Selbst Besserverdiener, die beim ersten Wein, dem Numanthia mit seinen knapp 40 Euro, vielleicht noch zugreifen, werden bei diesem Wein schlucken.

Opulenz ist die eine Sache. Die andere ist, dass die beiden Weine trotz ihrer verschwenderischen Fülle eine Eleganz besitzen, die sie auch für Menschen ohne Waffenschein attraktiv macht: Die Frucht ist zwar explosiv, aber geschliffen, das Tannin so fein wie der Sand an den Stränden der Costa Brava, das mouthfeeling einfach toll. Trotz ihrer Fülle sind sie frisch und äußerst präzise gearbeitet – keineswegs selbstverständlich bei Weinen mit 14,5 Vol.%., schon gar nicht in Spanien, wo Reservas und Gran Reservas nicht selten mit ledrigen, strengen Aromen aufwarten. Am Numanthia und am Termanthia könnten auch Filigrantrinker ihre Freunde haben.

Wein von alten und uralten Rebstöcken

Thermantia WeinbergBeides sind Luxusweine. Sie sind reinsortig aus einer Spielart der Tempranillo-Traube gekeltert, die in Spanien Tinta del Toro genannt wird. Der Numanthia kommt aus mehreren Weinbergen, deren Rebstöcke 70 bis 100 Jahre alt sind. Die Erträge sind niedrig. Der Termanthia kommt aus einem kleinen, noch vor der Reblauskatastrophe angelegten Weinberg, dessen Stöcke sogar bis zu 140 Jahre alt sind: oberarmdicke Rebstämme, in sich verknotet, nur wenige Triebe entwickelnd. Rankhilfen wie Draht oder Stützpfahl gibt es nicht. Die Traubenausbeute im Herbst ist gering. Von den 4,78 Hektaren des Termanthia-Weinbergs ergeben sich rund 5000 Flaschen Wein. Das entspricht einem Ertrag von rund 7 Hektolitern pro Hektar. Der hohe Preis des Weins ist diesem Umstand geschuldet.

Vinedo Termanthia

Die beiden Weine als Ersatz für überteuerte Bordeaux ins Auge zu fassen, funktioniert dennoch nicht. Zu anders sind die Toro-Weine. Ihr Tannin ist weicher und süßer, ihre Würze eher mediterran. Was sie gemein haben mit großen Bordeaux ist die Präzision, mit der sie erzeugt werden, und die Klarheit, mit der sie sich im Glas präsentieren – jedenfalls die Weine der Bodegas Numanthia. „Eigentlich machen wir weder im Weinberg noch im Keller etwas Besonderes“, zuckt Manuel Louzada, der Direktor der Bodegas, mit den Schultern. „Aber was wir machen, machen wir präzise.“

Kleine hochklassige Appellation

Die Stadt Toro am Duero

Toro liegt knapp zwei Autostunden nordwestlich von Madrid im kastilischen Hochland. Eine quirlige Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern, einer Kirche aus dem 12. Jahrhundert und mehreren hübschen, mit maurischen Wandfliesen dekorierten Restaurants, in denen man hervorragend jamón (Iberico-Schinken) und lechazo asado (Milchlamm) essen kann. Die Bodegas Numanthia befinden sich etwa zehn Kilometer außerhalb der Stadt in Valdefinjas, einem verschlafenen Dörfchen, das von Getreidefeldern und Äckern umgeben ist und gerade noch 84 Einwohner zählt. Die Weinberge liegen weit verstreut in der Landschaft.

Bodegas Numantha

Die Bodegas Numanthia sind ein junges Weingut. Sie wurden 1998  von der aus der Rioja stammenden Familie Eguren gegründet. Die Weine gelangten schnell zu Ruhm. Der 2004er Numanthia erhielt bei Robert Parker, der, was Spanien angeht, normalerweise eher zurückhaltend bewertet, 98 von 100 Punkten. Der Termanthia dieses Jahrgangs entlockte ihm sogar die Idealnote – einer der ganz wenigen 100/100 Punkte-Weine, die der Amerikaner Spanien zugestanden hat. Er zog sogar Vergleiche mit dem berühmten Napa Valley Cabernet Sauvignon von Harlan Estate.

Von Moet Hennessy übernommen

2008 erwarb die Moet-Hennessy-Gruppe (LVMH) das Weingut von der Familie Eguren und übertrug Louzada die Verantwortung für den Wein. Der gebürtige Portugiese hatte zehn Jahre lang in Argentinien für die Domaine Chandon gearbeitet, bevor er an den Duero zurückkehrte: „Ich habe mich sofort in diese Weine verliebt“, schwärmt der eloquente, smarte Vierziger. „Wenn ich den Numanthia und den Termanthia in zwei Worten beschreiben müsste, würde ich sagen: pure pleasure.“

Manuel Louzada im Weinberg

Das Weinanbaugebiet Toro umfasst gerade mal 5000 Hektar Reben – weniger als ein Drittel der benachbarten Ribera del Duero. Sie wachsen in 500 bis 750 Metern Höhe auf eisen- und kalkhaltigen Sandschotterböden. Eines der Geheimnisse dieses kleinen Anbaugebiets ist der hohe Anteil an alten Reben, die sich links und rechts des Duero-Flusses befinden. Über die Hälfte der Tinta del Toro-Bestände sind sogar noch unveredelt.  Sie stehen auf alten Wurzelstöcken, die nicht reblausresistent sind. Ein Großteil dieser unveredelten Reben stammt noch aus der Zeit vor der Reblauskatastrophe. Aber auch neue Weinberge werden heute vielfach mit unveredelten Reben bestockt – auch bei den Bodegas Numanthia. „Das ist zwar riskant“, gibt Louzada zu. „Aber die Reblaus ist bis jetzt noch nicht in Toro aufgetaucht. Warum, wissen wir nicht. Aber wir hoffen, dass es so bleibt.“

Prä-Phylloxera-Reben

Wahrscheinlich ist es die besondere Genetik dieser Prä-Phylloxera-Reben, die für die explosive Fruchtigkeit vieler Toro-Weine verantwortlich ist. Jedenfalls gehören diese inzwischen zu den absoluten Spitzen-Rotweinen auf der Iberischen Halbinsel. Und wenn die Bodegas Numanthia auch erst relativ spät die Bühne betraten, so gehören ihre Weine längst zu den großen spanischen Klassikern, deren Ankunft jedes Jahr voller Neugier erwartet wird. Derzeit sind noch die Jahrgänge 2006 und 2007 im Verkauf. Aber der Jahrgang 2008 hat die Bodegas schon verlassen.

Numanthia | Bodegas Numanthia

Die Trauben für diesen Wein, von dem bis zu 60.000 Flaschen erzeugt werden, werden selektiv geerntet und vor dem Entrappen noch einmal in der Kellerei handverlesen. Achttägige Kaltmazeration in Stahlwannen, eine kühle, drei- bis vierwöchige Vergärung in Edelstahltanks schließt sich an, danach ein rund 18monatiger Ausbau in neuer Eiche. Der Numanthia ist ein imposanter Wein mit Massen von Frucht, die an frische, knackige Kirschen, Himbeeren, schwarze Johannisbeeren erinnert, dazu eine feine Würze (mit Anklängen von Zimt, Muskatnuss, Lakritz) und der typische schwarzer Pfeffer: ein grandioser Wein, in sich fest gefügt, samtig, fast cremig, langlebig.

Termanthia | Bodegas Numanthia

Der Termanthia, von dem nur durchschnittlich 5000 Flasche gefüllt werden, ist ein hedonischer Wein, in dem sich herrlich schwelgen lässt: extrem dunkel in der Farbe mit blauroten Reflexen, ein Bouquet, in dem sich Veilchen, Schwarzkirsche, Cassis, getrocknete Pflaumen spiegeln, dazu ein Hauch von Minze und Menthol, am Gaumen Salzlakritze, Bitterschokolade, Tiramisu. Cremig, fast viskos auf der Zunge, aber trotz seiner Fülle klar gegliedert und fast schwerelos im Glas. Die Trauben für den Termanthia werden von 35 Frauen von Hand entrappt, die intakten Beeren eine Woche lang kaltmazeriert, bevor sie mit den Füßen gestampft und dann in einem offenen 2000 Liter-Holzfass vergoren werden.  Ausbau des Weins in Barriques, 100 Prozent neu. Nach der Malo im April abermals in neue Barriques gefüllt, in denen der Wein dann 20 Monate bleibt.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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