Die Schwefelung

Auf die Dosis kommt es an

Prak­tisch alle han­dels­fä­hi­gen Wei­ne sind geschwe­felt. Wäre das nicht so, wür­den sie schnell oxy­die­ren und zu Essig wer­den. Frei­lich ist Schwe­fel kein Stoff, der dem Wein beden­ken­los zuge­fügt wer­den soll­te. Er darf aber auch nicht ver­teu­felt wer­den. Viel­mehr gilt der Satz: Die Dosis macht, daß er dem Wein und dem Men­schen kei­nen Scha­den zufügt.

Schwe­fel wur­de bei der Wein­her­stel­lung schon von den Grie­chen als Kon­ser­vie­rungs­mit­tel benö­tigt. Er ver­hin­dert, daß Wein oxy­diert. Ein geschwe­fel­ter Wein hat daher sau­be­re, kla­re Aro­men, ein unge­schwe­fel­ter wür­de fade schme­cken, unfrisch rie­chen und schnell braun wer­den. Die Schwe­fel­do­sen sind gering – so gering, daß der Schwe­fel weder zu schme­cken noch zu rie­chen ist. Auch gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gun­gen sind weit­ge­hend aus­zu­schlie­ßen. Zwar ist Schwe­fel ein Gift, doch rüh­ren Kopf­schmer­zen und Übel­keit eher von zu hohem Alko­hol­genuß, Sod­bren­nen und Magen­ver­stim­mun­gen eher von einer Säure-Unverträglichkeit her. In Aus­tra­li­en und Ame­ri­ka ist den­noch ein Schwe­fel­hin­weis auf dem Wein­eti­kett vorgeschrieben.

Weinkenner Empfehlungen für ungeschwefelte Weine

ungeschwefelte Weißweine

ungeschwefelte Rotweine

Chemische Wirkungsweise

Kaum eine ande­re Sub­stanz hat die Eigen­schaft, so schnell auf Sau­er­stoff zu reagie­ren wie der Schwe­fel. Dadurch kön­nen die Atta­cken des Sau­er­stoffs auf die natür­li­chen Inhalts­stof­fe des Weins ver­hin­dert wer­den. Das gilt nicht nur für den Moment der Schwe­fe­lung, son­dern auch für die künf­ti­ge Kon­ser­vie­rung des Weins. Der Kel­ler­meis­ter muß den Wein mit so viel schwef­li­ger Säu­re aus­stat­ten, daß er mög­lichst lan­ge frisch bleibt, sei­ne natür­li­chen Aro­men dabei aber nicht beein­träch­tigt wer­den. Natür­lich hält der Schwe­fel nicht ewig vor. Im Lau­fe des Rei­fe­pro­zes­ses nimmt er kon­ti­nu­ier­lich ab und ist irgend­wann ver­braucht. Das ist der Punkt, an dem der Wein durch Oxy­da­ti­on zu Essig wird. Schwe­fel kann in Gas­form (SO2) aus der Stahl­druck­fla­sche kom­men, als wäss­ri­ge Lösung (H2SO3) oder aber auch als Kali­um­di­sul­fit in Tablet­ten­form (K2S2O5) zuge­setzt werden.

Wann geschwefelt wird

Frü­her wur­den die Fäs­ser geschwe­felt, bevor der Wein hin­ein­kam. Heu­te wird der Wein geschwe­felt, und zwar an drei Punk­ten sei­nes Her­stel­lungs­pro­zes­ses: im Most- bezie­hungs­wei­se Mai­sche­sta­di­um, nach Been­di­gung der Gärung und vor der Fla­schen­ab­fül­lung. Die Most­schwe­fe­lung dient dazu, die Enzy­me (das sind sau­er­stoff­über­tra­gen­de Oxy­da­sen) zu hem­men. Nach der Gärung bin­det der Schwe­fel das im Wein ent­hal­te­ne Ace­t­al­de­hyd. Ace­t­al­de­hyd ent­steht beim Kon­takt von Alko­hol mit Sau­er­stoff und macht sich im Wein durch einen unan­ge­neh­men Alters­ton bemerk­bar. Schwe­fel ist in der Lage, die­ses Ace­t­al­de­hyd zu neu­tra­li­sie­ren. Die letz­te Schwe­fel­ga­be vor der Fül­lung dient dazu, den Wein in der Fla­sche zu konservieren.

Hauptproblem Acetaldehyd

Der Haupt­zweck der Schwe­fe­lung ist die Bin­dung des Ace­t­alde­hyds, ohne die kein Wein aus­kommt. Die Men­gen sind jedoch gering: zwi­schen zehn und 30 Mil­li­gramm pro Liter. Weiß­wei­ne benö­ti­gen wegen der erhöh­ten Oxy­da­ti­ons­an­fäl­lig­keit etwas mehr Schwe­fel, Rot­wei­ne etwas weni­ger. Manch­mal muß der Wein wegen kleins­ter Nach­gä­run­gen, die neue Ace­t­al­de­hyde bil­den, wäh­rend des Aus­baus erneut geschwe­felt wer­den: Dabei wer­den die Schwe­fel­ga­ben noch gerin­ger bemes­sen. Schwe­fel bin­det aber nicht nur das Ace­t­al­de­hyd. Er reagiert auch mit ande­ren Inhalts­stof­fen des Weins, etwa der Benz­trau­ben­säu­re, der Ketoglutar- säu­re und der Glu­co­se. Schwe­fel ver­än­dert und beein­träch­tigt also das Aro­ma des Weins. Schon aus die­sem Grund bemü­hen sich die Erzeu­ger fei­ner Wei­ne, die Schwe­fel­ga­ben so nied­rig wie mög­lich zu halten.

Gebundener und freier Schwefel

Der im Wein ent­hal­te­ne Schwe­fel läßt sich in zwei Kate­go­rien ein­tei­len: den frei­en und den gebun­de­nen Teil. Der gebun­de­ne Schwe­fel ist der­je­ni­ge Teil, der mit dem Ace­t­al­de­hyd und ande­ren Inhalts­stof­fen reagiert hat. Er ist sen­so­risch nicht wahr­nehm­bar und gesund­heit­lich ohne Bedeu­tung. Anders der freie Schwe­fel: Er liegt im Wein als Sul­fit vor, also in Salz­form oder als freie schwef­li­ge Säu­re. Die­ser freie Schwe­fel ist es, der even­tu­ell riech­bar ist und gesund­heit­li­che Beschwer­den her­vor­ru­fen kann, falls der Wein zu hoch geschwe­felt wur­de. Für die gesund­heit­li­che Bewer­tung kommt es des­halb auf den Gehalt an frei­er schwef­li­ger Säu­re an.

Schwefelung vor der Abfüllung

Nach der Gärung wird der Wein nor­ma­ler­wei­se nur so schwach geschwe­felt, wie es für die Bin­dung der Ace­t­al­de­hyde nötig ist. Erst bei der Abfül­lung wird dem Wein dann jene Schwe­fel­men­ge bei­gefügt, die ihn vor Oxy­da­ti­on auf der Fla­schen schüt­zen soll. Die­ser Schwe­fel ist in ihm dann als freie schwef­li­ge Säu­re ent­hal­ten. Ein Weiß­wein ent­hält, nach­dem er abge­füllt wur­de, zwi­schen 35 und 45 Mil­li­gramm Schwe­fel pro Liter, ein Rot­wein zwi­schen 20 und 35 Mil­li­gramm. Die höchs­ten Men­gen ent­hal­ten edel­sü­ße Wei­ne mit 60 bis 80 Mil­li­gramm. Die Wer­te sind umso nied­ri­ger, je gesun­der das Trau­ben­gut war (mög­lichst wenig fau­le Trau­ben) und je sorg­fäl­ti­ger ein Wein vini­fi­ziert wur­de (etwa durch Redu­zie­rung der Acetaldehyd-Bildung). Bezo­gen auf den Gesamt­schwe­fel macht die freie schwef­li­ge Säu­re knapp 20 Pro­zent, der gebun­de­ne Schwe­fel über 80 Pro­zent aus.

Schwefelarme oder schwefelfreie Weine

Bis heu­te ist kein wirk­sa­mer Ersatz für den Schwe­fel gefun­den wor­den. Schwe­fel­freie Wei­ne zu pro­du­zie­ren, ist des­halb ohne erheb­li­che Ein­bu­ßen an Qua­li­tät bezie­hungs­wei­se an Halt­bar­keit nicht mög­lich. Immer­hin ver­wen­den eini­ge Wein­erzeu­ger – vor allem in den Län­dern der Neu­en Welt – vor der Fla­schen­fül­lung oft Ascor­bin­säu­re statt Schwe­fel. Ascor­bin­säu­re ist Vit­amin C und besitzt eben­falls eine oxy­da­ti­ons­hem­men­de Wir­kung. Aller­dings hemmt sie nicht die Enzy­me. Des­halb kann die Zuga­be von Ascor­bin­säu­re die Most­schwe­fe­lung nicht erset­zen. Wich­tig ist es jedoch, die Schwe­fel­ga­ben so nied­rig wie mög­lich zu hal­ten: Durch zügi­ge Ver­ar­bei­tung der gele­se­nen Trau­ben kann eine Most­schwe­fe­lung ver­mie­den oder zumin­dest weit­ge­hend mini­miert wer­den. Vor allem auf eine Schwe­fe­lung der Trau­ben soll­te ver­zich­tet wer­den – wie sie in war­men Mas­sen­an­bau­ge­bie­ten mit lan­gen Wegen zwi­schen Wein­berg und Kel­le­rei lei­der immer noch üblich ist. Schwe­fel min­dert deut­lich die Traubenqualität.

Gesetz­li­che Höchst­men­gen an Gesamt­schwe­fel für die Län­der der Euro­päi­schen Uni­on (in Mil­li­gramm pro Liter)
tro­cke­ner Rot­wein (bis 5 g Zucker)160
tro­cke­ner Weiß­wein (bis 5 g Zucker)210
tro­cke­ner Weiß­wein (über 5 g Zucker)260
Spät­le­sen300
Aus­le­sen350
Beeren-, Tro­cken­bee­ren­aus­le­sen, Eis­wei­ne, Süßweine400

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