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Wien stellt seine Weinberge unter Denkmalsschutz

Sechs Wiener Winzern ist es gelungen, die Weinberge im Norden, Westen und Süden der österreichischen Hauptstadt unter Schutz zu stellen. Ein neues Wiener Landesgesetz schreibt zwingend vor, dass Rebflächen in Wien bewirtschaftet werden müssen und schützt sie so vor Immobilien-Spekulation. Damit stehen Wiens Weingärten praktisch unter Denkmalschutz.
Seit Jahren fordern die WienWein-Winzer Rainer Christ, Michael Edlmoser, Thomas Huber (Fuhrgassl-Huber), Gerhard J. Lobner (Mayer am Pfarrplatz), Thomas Podsednik (Cobenzl) und Fritz Wieninger einen wirksamen Schutz für die Wiener Weingärten. Wien ist in der weltweit einmaligen Situation, als Großstadt über ein nennenswertes stadteigenes Weinbaugebiet zu verfügen (557 Hektar), das qualitativ hochwertige Lagen vorweisen kann und international renommierte Weine hervorbringt. Doch leider befinden sich gerade die besten Weingärten in Zonen, die auch für die Immobilienwirtschaft interessant sind. Man kann das durchaus verstehen: Eine Villensiedlung am Nussberg mit Blick auf die Donau, eine Wohnhausanlage am Bisamberg, ein Hang-Grundstück am Rande von Grinzing oder Neustift – damit lässt sich sehr viel Geld verdienen.
Wiens Weingärten waren daher in der Vergangenheit stets durch Immobilienspekulationen bedroht. Die bestehenden Raumordnungs- und Bebauungspläne boten zu wenig Schutz. Doch nun sind die Spekulantenträume ausgeträumt: Mit dem neuen Gesetz wurde tatsächlich so etwas wie ein Denkmalschutz für die Rebflächen geschaffen – Weinberge in Wien werden Weinberge bleiben.
Die Winzergruppe hatte aktiv an der Erarbeitung dieser Lösung mitgewirkt und sich in den letzten Jahren sehr stark dafür engagiert. „Wir waren richtig lästig“, beschreibt WienWein Winzer Fritz Wieninger den Einsatz seiner Gruppe, „wir waren in regionalen Komitees aktiv, haben unzählige Gespräche mit der Stadtregierung geführt und Überzeugungsarbeit geleistet, richtig intensives Lobbying betrieben.“ Winzerkollege Rainer Christ fügt hinzu: „Wir finden den Eingriff gerechtfertigt, weil es darum geht, den Wiener Weinbau als Kulturgut zu schützen. Wenn jemand ein historisches Gebäude aus dem 12. Jahrhundert besitzt, darf er damit auch nicht machen was er will, sondern muss im Sinne des Denkmalschutzes das Erbe erhalten.“
Alle Bewirtschafter beziehungsweise Grundstückseigentümer von Wiener Rebflächen sind ab sofort zu einer weinbaulichen Nutzung ihrer im Rebflächenverzeichnis als Weingärten eingetragenen Flächen verpflichtet. Selbst Flächen, die gerodet wurden (nach dem in Krafttreten des Gesetzes) müssen spätestens nach acht Jahren wieder bepflanzt werden. Kleinere Betriebe, die bereits an die Einstellung der Winzertätigkeit dachten oder keinen Nachfolger finden, haben so ausreichend Zeit, eine Lösung zu erarbeiten – zum Beispiel die Fläche verpachten oder einen anderen Winzer als Käufer suchen, der die Flächen wieder nutzt.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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