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Weingut Freiherr von Gleichenstein: Reifeprüfung mit feinen Burgundern

Auf eine bald 400-jährige Geschichte kann das Weingut Freiherr von Gleichenstein zurückblicken. Im Jahr 1634 erwarb die Familie einen Zehntkeller mit Scheune vom Kloster St. Blasien – mitsamt der Landwirtschaft. So richtig los als Weingut ging es gut 300 Jahre später, als Hans Joachim von Gleichenstein den Mischbetrieb mit Obst- und Milchwirtschaft ganz auf Weinbau ausrichtete und im Hofgarten gleich mal Wein statt Obst pflanzte.

Ein Weg, den die elfte Generation in Person von Johannes von Gleichenstein weitergeht. Er übernahm die Geschäfte im Jahr 2003 gemeinsam mit seiner Frau Christina und führt das Gut kontinuierlich zu neuen Erfolgen. Er studierte Wirtschaft und Agrarökonomie in Hohenheim, machte eine Winzerlehre und den Abschluss als Weinbautechniker in Weinsberg bei Heilbronn. Dazwischen hängte er noch ein halbes Jahr als „Assistant Winemaker“ im australischen Yara Valley, bevor er seinen Vater überzeugen konnte, ihm die Zügel zu überlassen.

Der Blick auf Oberrotweil © Weingut Freiherr von Gleichenstein

Johannes von Gleichenstein kann dabei auf ein großes Kapital bauen: Der größte Teil seiner 50 Hektar Reben stehen in Spitzenlagen des Kaiserstuhls. Die Namen lesen sich wie die Bestandsliste einer Schatzkammer. Im Oberrotweiler Eichberg, dem „Hausberg“ gleich hinter dem Weingut, wachsen die Reben bei bis zu 45 Prozent Hangneigung auf Vulkanverwitterungsgestein.

Im Oberrotweiler Henkenberg hatte bereits Vorfahr Ignaz von Gleichenstein, einer der engsten Freunde Ludwig van Beethovens, Reben besessen. Hier ist das Vulkangeröll von Basaltschichten durchzogen.

Der Ihringer Winklerberg, die wärmste Weinlage Deutschlands, liegt auf Vulkanverwitterungsgestein. Mit die bekannteste Weinlage Deutschlands ist die Oberbergener Bassgeige mit ihren starken Lössschichten. Fehlt noch der Achkarrer Schlossberg (Vulkanverwitterungsgestein) und die Kette mit funkelnden Edelsteinen schließt sich.

Blick auf den Eichberg von der Mondhalde © Weingut Freiherr von Gleichenstein

Das Postulat „Lage, Lage, Lage“ wäre also schon mal erfüllt. In den Weinbergen stehen weit überwiegend Spät-, Weiß- und Grauburgunder, im Winklerberg dürfen Riesling und Muskateller auf ein paar Parzellen beweisen, dass sie auch mit Hitze zurechtkommen – da grüßt von fern das Yara Valley.

Für die Weinwerdung hat Johannes von Gleichenstein Odin Bauer als Kellermeister verpflichtet sowie für den Außenbetrieb Franz Galli, beide sind schon seit mehreren Jahrzehnten im Weingut

Das gemeinsame Ziel: Noch mehr Finesse und Eleganz. Ein deutliches Zeichen in diese Richtung ist der moderate Alkoholgehalt sämtlicher Weine. Die Lagengewächse entwickeln sich mit zusätzlicher Flaschenreife zu komplexen, charaktervollen Geschöpfen. So ist es für den Weinfreund ein großes Plus, dass Johannes von Gleichenstein vor allem Premiumweine gereift in den Verkauf gibt.

Ausgewählte Burgunderweine für den Spätsommer vom Weingut von Gleichenstein

2017 Grauer Burgunder Oberrotweiler Henkenberg trocken

Feine reife Frucht, geschmeidig dabei mit mineralischem Druck am Gaumen. Zu kräftigem Fisch, besteht auch neben geschmortem Fleisch wie Ossobuco. 16 Euro

2016 Spätburgunder Gutswein trocken

Fein gereifter Spätburgunder mit Frucht und Würze, nicht zu schwer gebaut passt er zu vielen Gelegenheiten, vom Vesper bis zum Fleisch vom Grill. 9 Euro

2019 Pinot Noir Rosé Gutswein trocken

Zum kleinen Teil im Holz ausgebaut, das gibt ihm Würze und Gripp am Gaumen. Weckt Sommergefühle, schmeckt aber auch an kühlen Tagen. 9 Euro

2019 Weißer Burgunder Gutswein trocken

Frisch, lebendig mit harmonischer Säure. Ein „passt-fast-immer-Wein“. Besonders zu Fisch und kalten Häppchen. 9 Euro

2019 Grauer Burgunder Gutswein trocken

Geschmeidig, ohne fett zu sein. Ein weiterer Beweis für die Qualitäten dieser Rebsorte, wenn sie richtig behandelt und entsprechend trocken ausgebaut wird. Passt zu Fisch und Geflügel. 9 Euro.

2019 Weißer Burgunder & Chardonnay Gutswein trocken

Vereint die Feinheit des Weißburgunders mit der Kraft des Chardonnay. Belebend am Gaumen und vielseitiger Essensbegleiter. 9 Euro

Zu bestellen unter www.gleichenstein.com oder bestellung@gleichenstein.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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