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Parker-Anwalt: „Anschein von Unredlichkeit“

Die von Robert Parker beauftragte Kanzlei Cozen O’Connor aus Philadelphia hat ihren Abschlussbericht zur Causa Jay Miller/Pancho Campo vorgelegt. Miller war Parkers Weintester für Spanien. Pancho Campo war von Parker als Organisator für Millers Degustationen in Spanien zuständig. Beiden war vorgeworfen worden, für Besuche und Tastings in bestimmten Regionen Spaniens Geld angenommen zu haben.

Der Bericht von Cozen O’Connor enthält keinen Beweis für illegale Geldflüsse zwischen den Parker-Mitarbeitern und den spanischen Consejos Regulatores oder einzelnen Bodegas: „Es gibt keine Beweise dafür, dass Jay Miller materielle Zuwendungen erhalten hat für seine Besuche und Tastings im Auftrage des The Wine Advocate (Parkers Newsletter, Anm. d. Red.)“.

Die Anwälte  machen jedoch deutlich, dass „durch die Vereinbarungen in Spanien, bei denen Tastings für The Wine Advocate in unmittelbarer Nähe zu bezahlten, privaten Events stattfanden, der Anschein der Unredlichkeit entstanden ist, der den hohen Standards, welche The Wine Advocate für sich selbst gesetzt hat, nicht standhält“.

So wurden beispielsweise Rechnungen von Miller und The Wine Acadermy (Pancho Campos Organisation, Anm. d. Red.) ausgestellt ohne erkennbare Gegenleistung. Außerdem ist wahrscheinlich, dass Miller noch im letzten Jahr anläßlich eines bezahlten Weingutsbesuchs in Spanien Weine für The Wine Advocate verkostet hat.

Seit längerer Zeit hatten sehr hohe, oft auch als überhöht bezeichnete Bewertungen für spanische Weine in der Parker-Publikation in der globalen Weinszene für Irritationen gesorgt.

Zusammenfassend stellt der vor einigen Tagen veröffentlichte Bericht fest, dass Pancho Campo und seine Organisation „die Grenzen hat verschwimmen lassen“ zwischen unabhängigen Tastings und kommerziellen Veranstaltungen.

Parker, der anfangs über jene Journalisten, die seine spanischen Mitarbeiter an den Pranger gestellt hatten, von „einem Lynchmob“ gesprochen hatte, der seine Unabhängigkeit in Frage stellen wolle, räumte in The Wine Advocate mittlerweile „Mehrdeutigkeiten“ ein und gab zu, Miller und Pancho Campo zu wenig kontrolliert zu haben.

Miller gehört seit Ende letzten Jahres nicht mehr dem Parker-Team an. Seine Rolle hat Neal Martin bernommen. Gegen Pancho Campo laufen Ermittlungen wegen Ungereimtheiten beim Erwerb seines Titels „Master of Wine“. Die Bewertungen des „The Wine Advocate“ für spanische Weine wurden weder zurückgezogen noch offiziell unter Vorbehalt gestellt. Damit können Weinhändler noch heute mit Parker-Punkten aus der Miller-/Pancho Campo-Ära für spanische Weine werben.

 

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3 Kommentare

  1. Ich habe lange in Spanien gelebt und kenne die ganzen Weingegenden und diverse Winzer von daher exzellent. Parker´s Weinbewertungen für spanische Weine (88 bis 93 Punkte) waren in letzter Zeit viel zu hoch…meines Erachtens durch die Bank komplett falsch bewertet.
    Da ist Peñin hochüberlegen, hochkompetent, die eigenen Bewertungen stimmen sehr häufig mit ihm überein. Deshalb auch ganz ehrlich: Zu viele Weinhändler sind zu extrem auf den Verkauf gedrillt, so dass elementares Weinwissen irgendwo dazwischen in den Schubladen liegenbleibt.

    Ich vergleiche es in etwa so: Es gibt z.T. in Deu mittlerweile etliche spanische Restaurants und Tapas-Bars, Spitzenköche nennen sich Tapas-Spezialisten. Nur ganz wenige kümmern sich aber um die authentische spanische Küche, dazu werden Original-Tapas-Rezepte völlig verfälscht…

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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