Nach dem Rücktritt des Hawesko-Vorstandssprechers Alexander Margaritoff, 62, und dessen Ankündigung, seinen 30prozentigen Aktienanteil zu verkaufen, ist die Hawesko-Aktie auf Talfahrt gegangen. Sie fiel am Dienstag erstmals wieder unter die 40-Euro-Marke. Damit hat der Hauptaktionär Detlev Meyer, 61, den Machtkampf um Europas größten Weinhändler gewonnen.
Meyer, alleiniger Inhaber und Geschäftsführer der Tocos Beteiligungsgesellschaft, hält inzwischen über 34 Prozent des Aktienkapitals (ohne den Margaritoff-Anteil) und damit die Mehrheit der Hawesko-Anteile. Vorher war er zweitgrößter Aktionär nach Margaritoff, hatte sich aber aus dem operativen Geschäft herausgehalten. Am 7. November 2014 hatte er dann die Hawesko-Aktionäre mit dem Angebot überrascht, ihre Aktien zum Preis von 40 Euro übernehmen zu wollen (der Hawesko-Kurs pendelte damals um 37 Euro). Meyer begründete sein Angebot (anders als von der Nachrichtenagentur Reuters dargestellt) mit der Ankündigung, einen schärferen Expansionskurs fahren zu wollen als Margaritoff, etwa die Ausweitung der Hawesko-Aktivitäten nach Österreich, in die Schweiz, nach Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und nach Skandinavien zu forcieren.
Um diese Expansion zu finanzieren, schlug er eine Halbierung der Dividende vor – schlechte Nachricht für die Börse, gilt doch die (bis Herbst 2014 im S-Dax notierende) Hawesko-Aktie als klassischer Divendentitel (derzeitige Dividendenausschüttung: 95 Prozent). Nachdem nun klar ist, dass es keinen „weissen Ritter“ geben wird und Hawesko ein Führungswechsel bevorsteht, droht die Aktie vollends einzuknicken, wenn am 29. Januar die Angebotsfrist für den Aktientausch ausläuft.
Meyers Angebot kam insofern überraschend, als er bislang den Kurs Margaritoffs gestützt hatte. Vor einem Jahr noch hatte der Aufsichtsrat, in dem auch Meyer sitzt, den Vorstandsvertrag von Margaritoff um fünf Jahre verlängert. Aber offensichtlich traute er der Hawesko-Führung inzwischen nicht mehr zu, das Expansionstempo anzuziehen. Meyer selbst hatte bei der Eroberung neuer Märkte in der Vergangenheit ein gutes Händchen bewiesen – allerdings ausserhalb des Weinbereichs. Seine (inzwischen verkauften) Investitionen in die Frauen- beziehungsweise Brautmode-Ketten Street One und Cecile hatten sich als äusserst segenreich erwiesen. Derzeit hält er in seiner Tocos Beteilungsgesellschaft noch einen Mehrheitsanteil an dem dänischen Schuhfilialisten Bianco Footwear und einen kleinen Anteil an der Hosenmarke Closed. Ausserdem ist an dem Fussball-Bundesligisten Hannover 96 beteiligt.
Wie es personell bei Hawesko weitergeht, ist noch unklar. Die für den 26. Januar 2015 geplante ausserordentliche Hauptversammlung wurde abgesagt. Margaritoff wird das Unternehmen spätestens am 30. Juni verlassen.