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Das Klima

Warme Tage, kühle Nächte

Die Franzosen sagen: Große Weine wachsen an großen Flüssen. In Wirklichkeit brauchen große Weine mehr als nahes Wasser: warme Hänge, trockene Böden und viel Licht.

Die Rebe braucht vor allem Wärme und Licht. Licht fördert die Assimilation der Blätter, Wärme beschleunigt den Vegetationszyklus und damit die Traubenreife. Die optimale Temperatur für das Wachstum der Rebe liegt, so haben Wissenschaftler der Forschungsanstalt Geisenheim ermittelt, zwischen 25° und 28°C. Diese Voraussetzungen erfüllen die meisten Anbaugebiete nur wenige Wochen im Jahr. Deshalb sind große Weine rar. Sie wachsen nur in wenigen, begünstigten Landstrichen oder in kleinen ökologischen Nischen. Oft entscheidet die Landschaftsgestalt darüber, inwieweit diese Voraussetzungen erfüllt werden. Dabei können winzige Details ausschlaggebend sein, ob ein guter oder ein großer Wein entstehen kann.

Die Höhenlage

Die Höhe der Weinberge beeinflußt maßgeblich die Temperatur im Weinberg. Mit zunehmender Höhe sinken die Temperaturen. Konkret: Pro 100 Meter Höhenunterschied nehmen sie um 0,6°C ab. In heißen Anbauzonen wie dem libanesischen Bekaa-Tal stehen die Reben deshalb auf 1000 Meter Höhe. Die höchsten Weinberge der spanischen Ribera del Duero ziehen sich bis auf 800 Meter hin. Einige der besten Weine Siziliens wachsen in 600 Meter Höhe. Auch in Australien, Südafrika, Chile und Kalifornien zieht sich der Weinbau zunehmend in hohe, kühlere Lagen zurück. Im Gegensatz dazu kommt es in vielen europäischen Anbaugebieten mit kühlem, kontinentalen Klima eher darauf an, jedes Grad Wärme auszunutzen. Dort befinden sich die Weinberge zwischen 50 und 450 Meter über dem Meeresspiegel

Die Hanglage

Der Hang ist die ideale Weinberglage. Die Böden sind in der Regel flachgründig und karg. Die Sonne hat einen günstigen Einfallswinkel. Außerdem herrscht am Hang eine Thermik, die eine kontinuierliche Wärmezufuhr garantiert. Die kalten Luftströmungen fallen nachts von der Hanghöhe hinab ins Tal, wo sie tagsüber wieder erwärmt werden. Die sich morgens erwärmende Talluft klettert dann die Hänge hinauf. Dieser Kreislauf ist vor allem für Weißweine wichtig. Der Riesling im Elsaß, an Mosel und Rhein sowie in der Wachau braucht den Wechsel zwischen Wärme tagsüber und nächtlicher Kühle, um möglichst wenig Säure zu verlieren. In kühlen Anbauzonen kann von den Kaltluftströmungen aber auch Gefahr ausgehen. Nicht nur in Deutschland, Österreich und im Elsaß, sondern auch in der Champagne und teilweise im Burgund werden die Kuppen der Hügel mit Wald bepflanzt, um den Zustrom kalter Luft zu bremsen und ein allzu starkes Absinken der Mostgewichte zu verhindern.

Die Sonneneinstrahlung

Die Hanglage bietet noch andere Vorteile – zumindest in den gemäßigten Zonen. Die Sonneneinstrahlung ist dort wesentlich größer als in Flachlagen, und jede Kalorie Wärme mehr kann von entscheidender Bedeutung sein. Die maximale Wärmeabgabe erfolgt bei einem Einstrahlwinkel von 90°. Dieser Wert wird jedoch nur in wenigen Steillagen erreicht. Je mehr sich die Neigung des Hangs diesem Wert nähert, desto mehr Sonne erhält er. Die Sonne erwärmt den Boden, und die Bodenwärme strahlt auf die Trauben ab – zumindest auf steinigen Böden.

Die Gewässernähe

Die Nähe zu Flüssen, Seen oder Meeren ist für Reben vor allem deshalb wichtig, weil die Wasseroberfläche das Licht reflektiert. Licht ist für die Photosynthese und damit für die Assimilation der Blätter immens wichtig. Bei 20000 Lux erreicht sie ihren besten Wirkungsgrad. Diese Lichtmenge ist auch bei leichter Bewölkung vorhanden. Bei starker Bewölkung bleibt sie mehr oder minder deutlich unter diesem Wert. In Anbaugebieten mit kühlem atlantischen oder kontinentalen Klima ist die lichtbündelnde Wirkung der Gewässer daher von großer Bedeutung – auch dann, wenn die Distanz zwischen Gewässer und Weinberg mehrere Kilometer beträgt. Liegen Weinberg und Gewässer unmittelbar nebeneinander, hat das Gewässer außerdem eine wärmespeichernde Wirkung – zumindest während der warmen Jahreszeit. Das heißt: Das Wasser strahlt abends und nachts, wenn die Luft abkühlt, Wärme direkt in die Weinberge ab. Dafür besteht im Winter, wenn das Wasser kühler ist als die Luft, in Flußnähe oft Frostgefahr.

Die Klimatypen

Nördliches Klima

In nordeuropäischen Anbaugebieten herrschendes, kühles Klima mit atlantischen Einflüssen und häufig nicht mehr als 1300 Sonnenstunden im Jahr. Die Sommer sind kurz und warm, die Winter kalt und ziehen sich, wie in der Champagne und in Deutschland, bis weit ins Frühjahr hinein.

Kontinentales Klima

Vor allem im mitteleuropäischen Binnenland anzutreffendes Klima, das durch große Unterschiede zwischen Jahreshöchst- und Jahrestiefsttemperaturen charakterisiert ist.

Maritimes Klima

Gleichmäßig warmes Klima mit geringen Schwankungen zwischen Sommer und Winter. Vor allem in meernahen Weinanbaugebieten und in vielen Weinländern auf der südlichen Erdhalbkugel anzutreffen.

Mediterranes Klima

Im ganzen Mittelmeerraum vorherrschendes Klima mit warmen, trockenen Sommern und kühlen, feuchten Wintern. Ideales Weinbauklima.

Trockenklima

Sehr warmes Klima mit ganz geringen Niederschlägen. Ohne regelmäßige Beregnung ist kein Weinbau möglich. Typisch für Teile Südaustraliens, Südafrikas, Chiles und das kalifornische Central Valley.

Durchschnittliche Sonnenscheindauer zwischen April und September (in Stunden)

Stadt (Land) Sonnenscheindauer in Stunden
Jerez (Spanien) 1930
Alicante (Spanien) 1847
Oran (Algerien) 1784
Patras (Griechenland) 1778
Montpellier (Frankreich) 1771
Florenz (Italien) 1697
Mendoza (Argentinien) 1688
Palermo (Italien) 1619
Perpignan (Frankreich) 1619
Adelaide (Australien) 1544
Dijon (Frankreich) 1433
Bordeaux (Frankreich) 1252
Reims (Frankreich) 1226
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