Birgit Braunstein: beseelte Weinbäuerin vom Leithaberg

Wein ist für Birgit Braunstein nicht Lebenserwerb, sondern Leben. Ihre Weine sind nicht nur einfach gut, sondern authentisch und lebendig.

Bir­git Braun­stein weiß gar nicht, wo sie anfan­gen soll. So viel hat sie zu erzäh­len. Vom schö­nen Bur­gen­land, wo sie lebt und glück­lich ist. Vom segens­rei­chen Ein­fluss des Neu­sied­ler­sees, der die Wär­me und das Son­nen­licht reflek­tiert. Von den Wein­ber­gen, die sie „Wur­zel­plät­ze“ nennt. Vom Muschel­kalk und vom Urge­steins­schie­fer, die den Unter­grund der Wein­ber­ge bil­den. Und natür­lich von Felix und Max, ihren Zwil­lings­söh­nen, die sich mit 24 Jah­ren schon voll mit dem Wein­vi­rus infi­ziert haben. Fast hät­te sie die Wei­ne ver­ges­sen, obwohl die­se die gan­ze Zeit schon pro­bier­be­reit auf dem Tisch ste­hen. Aber das Span­nen­de an ihnen sind aus der Sicht einer Wein­bäue­rin, wie sie es ist, nun mal die Gedan­ken und Gefüh­le, die sie mit ihnen verbindet.

Tief ver­wur­zelt im Terroir

Wie die Reben, so ist auch Bir­git Braun­stein tief ver­wur­zelt im Ter­ro­ir. Natur, Fami­lie, Him­mel und Erde – das ist der Kos­mos, in dem sie sich bewegt. Ihre Reben ste­hen am Leit­ha­berg, dem öst­lichs­ten Aus­läu­fer der Alpen, der sanft zum Neu­sied­ler­see abfällt. Wegen sei­ner Muschelkalk- und Schie­fer­bö­den ist der Leit­ha­berg eines der berühm­tes­ten Wein­an­bau­ge­bie­te Öster­reichs. Dort wach­sen mine­ra­li­sche Weiß­bur­gun­der und Char­don­nays sowie bur­gun­der­haf­te Blaufränkisch-Rotweine mit eige­nem DAC-Status. 22 Hekt­ar bewirt­schaf­tet Bir­git Braun­stein dort. Ihre Wein­ber­ge wer­den gesäumt von wil­den Kirsch­bäu­men, zwi­schen den Reb­zei­len wuchern knie­hoch Gras und Blu­men. Brau­ne Berg­zie­gen und Scha­fe fres­sen sich durch den Wild­wuchs, Hüh­ner lau­fen frei her­um. Tier­hal­tung gehört für Bir­git Braun­stein zu einem Wein­gut dazu. Der Dung, den sie hin­ter­las­sen, ermög­licht es, auf mine­ra­li­sche Dün­ger zu ver­zich­ten. Auch Bie­nen­stö­cke hat sie auf­ge­stellt, und auf dem Dach ihres Wein­guts drun­ten in Pur­bach, da nis­ten die Störche.

Mar­ken­zei­chen: Biodynamie

Bir­git Braun­stein hat sich dem bio­dy­na­mi­schen Wein­bau mit Haut und Haa­ren ver­schrie­ben. Alle ihre Wei­ne sind Demeter-zertifiziert. Das heißt Ver­zicht auf Che­mie und Stei­ge­rung der Bio­di­ver­si­tät. Sie sieht Wein aus einer ganz­heit­li­chen Per­spek­ti­ve. „Gute Wei­ne“, sagt sie, „kön­nen nur in einem leben­di­gen Umfeld ent­ste­hen, und das reicht von gesun­den Böden mit einer viel­fäl­ti­gen Fau­na über vita­le Reben bis zu den kos­mi­schen Ein­flüs­sen, denen die Natur aus­ge­setzt ist.“

Die Rot­wei­ne – Domä­ne von Bir­git Braunstein

Bei Bir­git Braun­stein sind es vor allem die Rot­wei­ne, mit denen sie sich einen Namen gemacht hat. Ganz oben in der Betriebs­hier­ar­chie ste­hen zwei Lagen-Blaufränkische: der eine von der Rie­de Gla­warin­za, der ande­re von der Rie­de Then­au. Bei­de zei­gen deut­lich ihre Hand­schrift: trans­pa­ren­te Wei­ne mit zar­ter Frucht, gut balan­ciert, fein­glied­rig, auch im jun­gen Sta­di­um schon sehr deli­kat. Bir­git Braun­stein ver­mei­det Über­ex­trak­ti­on, wie man sie bei so vie­len ande­ren bur­gen­län­di­schen Rot­wei­nen fin­det, die auf Rei­fe und Schwe­re getrimmt sind. Ihre Rot­wei­ne sind mode­rat im Alko­hol, besit­zen gleich­zei­tig viel Extrakt. Ihr Tan­nin ist sei­dig, die Frucht reif, nie über­reif. Auf glei­cher Höhe mit den Blau­frän­ki­schen steht der Oxhoft, ein Blend aus Blau­frän­kisch, Zwei­gelt und Caber­net Sau­vi­gnon, der eben­falls eher auf der ele­gan­ten als auf der schwe­ren Sei­te steht. Unter­halb die­ses Premium-Sortiments gibt es meh­re­re Rebsorten-Rotweine: Zwei­gelt, Pinot Noir, Blau­frän­kisch, alle gerad­li­nig und klar mit leben­di­ger Frucht, viel Trink­fluss und natür­li­chem Charme. Ihnen begeg­net der Wein­trin­ker am häu­figs­ten, wenn der Name Bir­git Braun­stein auf der Wein­kar­te auf­taucht. Vom Pinot Noir und vom Zwei­gelt wer­den auch Reserve-Weine gefüllt.

Die Weiß­wei­ne: saf­tig und mine­ra­lisch zugleich

Die Weiß­wei­ne machen den gerin­ge­ren Teil der Pro­duk­ti­on aus, erfreu­en sind aber im Fach­han­del und in der Gas­tro­no­mie gro­ßer Beliebt­heit. Char­don­nay und Weiß­bur­gun­der (bei Bir­git Braun­stein Pinot Blanc genannt) sind die Reb­sor­ten, die für das Ter­ro­ir Leit­ha­berg typisch sind. Bei­de bril­lie­ren mit Fri­sche, Mine­ra­li­tät, Aro­m­en­tie­fe. Der Pinot Blanc ist etwas ein­fa­cher gewirkt, doch kom­men auch bei ihm die Kalk- und Krei­den­o­ten deut­lich zum Vor­schein. Vom Char­don­nay gibt es meh­re­re Lagen-Versionen. Sie sind etwas raf­fi­nier­ter. Dane­ben gibt es klei­ne­re Men­gen an Welsch­ries­ling und Sau­vi­gnon Blanc sowie ein biss­chen Grü­ner Veltliner.

Magna Mater – Ampho­ren­wei­ne „nach kel­ti­scher Art“

Erdam­pho­ren im Krätergarten

Die Wei­ne von Bir­git Braun­stein sind nicht nur hand­werk­lich per­fekt gemacht. Jeder hat auch sein eige­nes Pro­fil. Aber die Wein­bäue­rin will mehr. Sie möch­te tra­di­tio­nel­le Metho­den der Wein­be­rei­tung in die Vini­fi­ka­ti­on ein­be­zie­hen. Mit Max und Felix, den Zwil­lin­gen, hat sie eine eige­ne, klei­ne Naturwein-Produktion auf­ge­zo­gen: Magna Mater hei­ßen die bei­den Wei­ne, die sie unter die­sem Namen erzeugt: gro­ße Mut­ter, womit weni­ger sie selbst gemeint ist, son­dern die Mut­ter Erde. Bei­de sind auf glei­che Wei­se vini­fi­ziert wor­den, obwohl der eine weiß (Char­don­nay), der ande­re rot ist (Blau­frän­kisch). Sie wur­den „nach kel­ti­scher Tra­di­ti­on“ mit den Scha­len in Ampho­ren ver­go­ren und aus­ge­baut. Die Ampho­ren sind im Kräu­ter­gar­ten des Wein­guts in die Erde ein­ge­las­sen. Nur die Öff­nung schaut her­aus. Nach acht Mona­ten wird der Wein den Ton­ge­fä­ßen ent­nom­men und unge­schönt und unge­schwe­felt in Fla­schen gefüllt. „Die­se Wei­ne wer­den nur in ganz gerin­gen Men­gen pro­du­ziert“, erklärt Bir­git Braun­stein. „Aber wir wol­len prü­fen, wie es ist, wenn man über die Gren­zen der moder­nen Öno­lo­gie hin­aus geht. Oder bes­ser gesagt: hin­ter sie zurück, um neue Trin­k­erleb­nis­se zu ermöglichen.“ 

Die Braun­stein Brothers

Noch mehr gel­ten die­se Wor­te für ihre Zwil­lin­ge. Bei­de sind wein­ver­narrt. Bei­de sehen sich als jun­ge Wil­de, aber nicht als jun­ge Ober­fläch­li­che. Und bei­de haben neben dem Wein eine wei­te­re Lei­den­schaft: Box­sport. Beim Boxen, argu­men­tie­ren sie, sei­en Hand- und Fuß­ar­beit glei­cher­ma­ßen gefragt – wie bei der Bear­bei­tung der Reben und beim Stamp­fen in den Bot­ti­chen. Unter der Mar­ke Braun­stein Brot­hers haben sie bereits einen Schaum­wein und zwei Still­wei­ne lan­ciert, bei­de Cuvées und bei­de aus der Ampho­re. „Lots of fun“ ver­spre­chen sie auf ihrer eige­nen Website. 

Die Wei­ne von Bir­git Braunstein

2017 Blau­frän­kisch Leit­ha­berg DAC Ried Glawarinza

Die Reben für die Lagen-Blaufränkisch ste­hen auf Muschel­kalk­bö­den und befin­den sich im dem mitt­le­ren Teil des Leithaberg-Hangs im Ein­fluss­ge­biet küh­ler Luft­strö­mun­gen, die von oben, von der bewal­de­ten Kup­pe des Leit­ha­bergs kom­men und die som­mer­li­che Hit­ze küh­len. Die Reb­stö­cke sind über 45 Jah­re alt und erge­ben einen fein­fruch­ti­gen Wein mit zar­ter roter Johan­nis­beer­frucht. Die Säu­re ist gut ein­ge­ar­bei­tet, so dass der Gla­warin­za eine gro­ße Fri­sche mit­bringt und leicht zu trin­ken ist. Er hat 5 Wochen auf der Mai­sche gestan­den und wur­de danach andert­halb Jah­re lang im 500 Liter-Holzfass aus­ge­baut (ca. 32 Euro).

2017 Blau­frän­kisch Leit­ha­berg DAC Ried Thenau

Eben­falls auf Muschel­kalk gewach­sen, aber von noch älte­ren, näm­lich 60jährigen Reben stam­mend. Der Wein wur­de im offe­nen Holz­bot­tich ver­go­ren und hat drei Mona­te auf der Mai­sche gele­gen. Der Then­au ist etwas rei­fer, vol­ler als der Gla­waritza und besitzt mehr Struk­tur, was sich aber auf der Zun­ge kaum bemerk­bar macht, da das Tan­nin per­fekt ver­schmol­zen ist. In die­sem jun­gen Sta­di­um domi­nie­ren noch Zwetsch­ge, Schwarz­kir­sche und Kräu­ter­no­ten. Sei­ne gan­ze Tie­fe wird der Wein erst in eini­gen Jah­ren zei­gen. Jetzt schon ein Wein von betö­ren­der Fines­se (ca. 47 Euro).

2018 Oxhoft QbA Burgenland

Mit der Caber­net Sau­vi­gnon kommt in die­sem Blend eine Sor­te zum Ein­satz, auf die vie­le bur­gen­län­di­sche Erzeu­ger für ihre Premium-Rotweine gesetzt hat­ten, bevor die Blaufränkisch-Welle ein­setz­te. Sie gibt die­sem Wein zusam­men mit dem Zwei­gelt etwas mehr Fleisch und Fül­le, wäh­rend das Aro­ma­pro­fil in Rich­tung dunk­le Früch­te geht. Auch die Säu­re ist nicht ganz so mar­kant wie bei den rein­sor­ti­gen Blaufränkisch-Weinen. Vom 24-monatigem Aus­bau im Oxhoft (alter Aus­druck für klei­nes Eichen­fass) schmeckt und spürt man wenig. Es run­det den Wein aber ab und gibt ihm Halt (ca. 34 Euro).

2021 Pinot Blanc QbA Burgenland

Unter den Weiß­wei­nen von Bir­git Brau­stein ist der Pinot Blanc der ein­fachs­te, aber viel­leicht auch der deli­ka­tes­te. Er ist leicht, unkom­pli­ziert, trink­ani­mie­rend, aber durch­aus anspruchs­voll. Er ver­steckt sich näm­lich nicht hin­ter sei­ner Pri­mär­frucht, son­dern zeigt die mine­ra­li­schen Noten, die ihm der Muschel­kalk gibt, unge­schminkt und deut­lich. Und bei aller Leich­tig­keit, die ihn aus­zeich­net, ist er herr­lich cre­mig durch mehr­mo­na­ti­ge Lage­rung auf der Fein­he­fe (ca. 12 Euro)

 

2020 Char­don­nay Fel­sen­stein QbA Burgenland

Die­ser Wein ist der ein­fachs­te Char­don­nay von Drei­en aus die­ser Sor­te. Er ist spon­tan im Stahl­tank ver­go­ren und hat anschlie­ßend sechs Mona­te auf der Hefe gele­gen. Gelb­fruch­tig mit leich­ten Anklän­gen an Ana­nas und Bana­ne, fließt er ruhig und leicht über den Gau­men. Statt Kon­zen­tra­ti­on zeigt er sich fein­strah­lig und zart und tän­ze­risch leicht (ca. 12 Euro).

2020 Char­don­nay Guttenberg

Von den drei Char­don­nays, die Bir­git Braun­stein erzeugt, ist der Gut­ten­berg der raf­fi­nier­tes­te. Die Reben ste­hen oben am Wald­rand des Leit­ha­bergs, wo es am kühls­ten und der Muschel­kalk beson­ders vor­herr­schend ist. Ein „Kraft­platz“ sagt Bir­git Braun­sein. Das war­me pan­no­ni­sche Kli­ma macht, dass die Frucht Anklän­ge an Bir­ne und Bana­ne auf­weist, die küh­len Luft­strö­mun­gen aber auch für eine gute Säu­re­struk­tur sor­gen. Dazu kommt die rau­chi­ge Mine­ra­lik des Bodens. Das alles führt dazu, dass der Wein Span­nung auf­baut. Kurz: ein Char­don­nay mit ganz eige­ner Sti­lis­tik, im klei­nen Eichen­fass ver­go­ren und acht Mona­te lang aus­ge­baut (ca. 24 Euro).

Bezugs­quel­len: www.weingood.de, www.riegel.de, www.weinladen.de, www.vinello.de, www.weinco.at und ab Weingut

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