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2015 war für Weininvestoren ein Flop

Der Fine Wine Index Liv-Ex 100, der wichtigste Indikator für den internationalen Weinmarkt, ist Ende 2015 nahezu unverändert aus dem Markt gegangen. Damit hat sich der Wert der wichtigsten Anleger-Weine in den vergangenen zwölf Monaten nicht verändert. In den Büchern des in London angesiedelten Marktmonitors, der alle Käufe und Verkäufe der weltweit gesuchtesten 100 Weine samt der erzielten Preise erfasst und auswertet, steht ein Minus von 0,1 Prozent. Damit hat der Index seit seinem Höchststand im Juli 2011 rund 24,3 Prozent verloren.

Ursache für den Fall sind vor allem die schwachen Jahrgänge 2011, 2012 und 2013 in Bordeaux, die den Index nach unten gezogen haben. Der Liv-Ex ist nämlich stark Bordeaux-lastig. Die sich abschwächende Nachfrage aus Asien hat ebenfalls zu dem negativen Ergebnis beigetragen. Börsenindices wie DAX, Dow Jones und Nasdaq 100 weisen für 2015 jedenfalls eine wesentlich bessere Performance auf.

Wer allerdings den Liv-Ex 100 genauer unter die Lupe nimmt, stellt fest, dass es in 2015 nicht nur Verlierer gab. Einzelne Weine haben einen beachtlichen Wertzuwachs erfahren. An erster Stelle der 2005er Château Angélus, dessen Preis um knapp 40 Prozent gestiegen ist. Das Château hatte bei der letzten Re-Klassifikation in St. Emilion den Status eines Grand Cru Classé „A“ erhalten. Die 2010er Châteauneuf-du-Pape Réserve der Domaine Pégau (37,2%), der 2006er Opus One (35,9%), der 2010 Clos de Tart der Domaine Mommesin (34,4%) sowie Luciano Sandones 2007er Barolo „Tre Vigne“ (34,1%) und Antinoris 2004er Tignanello (33,2%) haben ebenfalls überproportional zugelegt.

Mit Blick auf weitere Liv-Ex-Indices lässt sich sagen, dass der Nimbus von Bordeaux tatsächlich zu bröckeln beginnt – trotz des Höhenflugs von L’Angélus. Vom Rückgang der Marktanteile Bordeaux’ profitieren vor allen drei andere Weinregionen: Champagne, Italien, Burgund (wobei letzte Schwierigkeiten hat, das derzeit extrem hohe Preisniveau zu halten).

Hinzu kommt, dass Weintrinker zunehmend preisbewusster werden. Statt superteurer Bordeaux nimmt die Nachfrage nach guten Barolos und toskanischen Spitzenweinen zu. Mit den besten Cabernet Sauvignons aus Kalifornien wachsen ebenfalls ernst zu nehmende Rivalen für die Top-Bordeaux heran. Auch  hochklassige Portweine sind zunehmend gefragt.

Innerhalb der verschiedenen Appellationen von Bordeaux scheint es auch Umschichtungen zu geben. Die wichtigste: Pessac-Léognan läuft Pauillac in den letzten Jahren den Rang ab. Haut-Brion, La Mission Haut-Brion und Haut-Bailly haben in der Gunst der Konsumenten jedenfalls stark zugenommen. Mit dem vorschnellen „Bye bye Bordeaux“, wie es das englische Fachmagazin Drinks Business unlängst aussprach, sollte man daher vorsichtig sein.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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