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Wow! 20 Jahre jung und schon so gut: Simon Müller-Oswald

Natürlich hat Simon Müller-Oswald mehr im Programm als Müller-Thurgau. Einen hervorragenden Riesling, einen tollen Grauburgunder, einen bemerkenswerten Spätburgunder. Der Müller-Thurgau steht eher unten in der Qualitätspyramide des Weinguts Oswald im rheinhessischen Wahlheim. Einen billigeren Wein hat das Weingut gar nicht auf der Liste. Aber schon dieser einfache Tropfen zeigt das Händchen, das der 20-Jährige für den Wein hat: blitzsauber, dabei leicht und erfrischend, süffig sowieso, aber ohne das bei Müller-Thurgau so oft anzutreffende parfümierte Bouquet und ohne banal zu sein. Die feine, gerade 12 Gramm betragende Restsüße ist kaum schmeckbar. Das alles für 3,40 Euro in der Literflasche: Höchstniveau in dieser Preisklasse!

Werde lieber Arzt oder Steuerberater

Dabei war Simon Müller-Oswald der Wein nicht in die Wiege gelegt. Seine Mutter ist Zahnärztin. Winzer ist nur sein Onkel, und der riet seinem Neffen schon früh, Arzt zu werden oder Steuerberater, also einen Beruf zu ergreifen, in dem man für seine Arbeit vernünftig bezahlt wird. Also nicht Winzer. Vergeblich. Mit zwölf Jahren saß Simon zum ersten Mal am Steuer des Traktors des Onkels. Mit 15 hatte er sich bereits weinbauliche Zeitschriften abonniert. Mit 17 arbeitete er bei der Kelterung der Trauben mit. Nach dem Abitur mit 18 inskribierte er Weinbau und Önologie am Weincampus in Neustadt in der Pfalz.

Onkel, Tante und Simon Müller-OswaldDamit war der berufliche Werdegang vorgezeichnet. Im letzten Herbst trug Simon dann erstmals die Alleinverantwortung für die Vinifizierung des gesamten Jahrgangs 2012 im Weingut des Onkels, obwohl er studiert, parallel dazu eine Ausbildung in einem anderen Weingut macht und erst nach Feierabend im Hof des Onkels auftauchte und begann, die Trauben, die tagsüber geerntet worden waren, zu entrappen und zu pressen.  „Manchmal habe ich nach einem langen Arbeitstag bis zwei Uhr morgens an der Presse im Keller gestanden“, sagt er. „Es hat mir nichts ausgemacht. Wein ist für mich nicht Arbeit, sondern Hobby.“

Drei Viertel des Weins wird noch im Fass verkauft

Freilich soll, so die Planung, aus dem Hobby bald ein richtiger Beruf werden: Volker Oswald, der Onkel, will ihm sein Weingut in Wahlheim bei Alzey in ein paar Jahren übergeben. Der Neffe freut sich darauf. Acht Hektar hat der altgediente Winzer derzeit unter Reben – für Rheinhessen eine geringe Größe. Und drei Viertel des Weins wird derzeit noch im Fass verkauft: Dornfelder für 85 Cent pro Liter, Spätburgunder für 65 Cent. Zukunft? Keine bei diesen Preisen und Weinen!

Weingut Oswald in WahlheimSimon Müller-Oswald hat vor, die Fassweinproduktion langsam herunterzufahren und die Flaschenweinproduktion zu erhöhen. Dass die Böden in dem 700-Einwohner-Dorf Wahlheim und in der nahen Rheinebene mehr hergeben, zeigen die Weine des Jahrgangs 2012 deutlich. Die Rede ist nicht vom Müller-Thurgau, sondern von dem trockenen Riesling vom Alsheimer Goldberg: eine satte Spätlese, gewachsen auf Lößlehm mit Kalk durchmischt, kaltmazeriert, spontan vergoren und lange auf der Hefe ausgebaut: ein vollmundiger, feinwürziger Wein von robuster Statur und mit schönem Säurespiel. Leider hat Simon Müller-Oswald nur 530 Flaschen gefüllt. Dem Ausdünnen der Trauben setzte der Onkel, um sein Fasswein-Geschäft fürchtend, enge Grenzen.

Die Wahlheimer Böden geben mehr her

Weinberge des Weinguts Oswald in Wahlheim
Weinberge des Weinguts Oswald

Auch der mächtige Grauburgunder, durchgegoren und mit einem tollen Säurenerv ausgestattet, beweist, dass die Böden um Wahlheim Besseres hergeben als Verschnittweine für Großkellereien. Am deutlichsten aber wird das am Spätburgunder aus dem Jahrgang 2011, den Simon Müller-Oswald erstmals in Barriques ausgebaut und auf Flasche gezogen hat.

Auch er kommt von den Südhanglagen um das Dorf, die einen hohen Kalkanteil aufweisen und daher für die Burgundersorten besonders gut geeignet sind: ein Wein, der beim ersten Nasenkontakt schon den typischen Pinot-Duft verströmt, aber nicht der blumig-parfümierten Art, sondern in der französischen Art mit erdig-fruchtigen Aromen. Sicher, dieser Spätburgunder ist weniger feingliedrig und facettenreich als die Spätburgunder vom Kalksteinfels im nicht weit entfernten Flörsheim-Dalsheim, dafür stämmiger und rustikaler im besten Wortsinn.

Barriques aus eigener Tasche gezahlt

Nur zwei Barriques gibt es von diesem Wein. Die Anschaffung hat Simon Müller-Oswald aus eigener Tasche finanzieren müssen. Sein Onkel wollte nicht. Er war skeptisch. Er hielt nichts vom Barrique-Ausbau. Er hat sich auch geweigert, die Spätburgunder-Reben zu bearbeiten, von denen dieser Wein kommt – zumindest so zu bearbeiten, wie der Neffe es wollte: „Mein Onkel fand, dass ich zu viel rausschneide, also zu viele Trauben auf den Boden schmeiße.“

Das Resultat, das jetzt in der Flasche steckt, hat den Onkel freilich froh gestimmt. Der Wein gefällt ihm, und da die ersten Kundenreaktionen ebenfalls positiv waren, hat er die Anschaffung der Barriques für den nächsten Jahrgang übernommen. Neffe Simon verzichtet indessen auf Gehalt. Was er verdienen würde, stecken der Onkel und er lieber in neue Weinberge. Die „Generation Riesling“ plant ihre Zukunft.


Bezug: Alle Weine können direkt über das Weingut Oswald bestellt werden.


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1 Kommentar

  1. Hi,
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    Take care,
    Sławomira Majzner

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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