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Wiener Premiere: Grüner Veltliner aus der Tonamphore

Insgesamt 45 Tonamphoren hat Bernhard Ott im Hof seines Gutes im österreichischen Feuersbrunn am Wagram vergraben. Darin ruhte sechs Monate lang ein Grüner Veltliner des Jahrgangs 2009 von seinen besten Lagen: ein mächtiger, grüngelber Wein von ungeheurer Wucht, aber auch von feiner Mineralität und Rasse. Jetzt ist er auf Flasche und wird ab Samstag erstmalig einem größeren Publikum zur Verkostung gereicht: in der Wiener Hofburg, wo vom 29. bis 31. Mai 2010 die Vievinum stattfindet, die größte österreichische Weinmesse (Gardehalle 2, Standnummer 87).

Neugier und Skepsis

Die Neugier der Fachwelt ist groß, die Skepsis auch. Denn die wenigen Weißweine aus Tonamphoren, die auf der Welt gibt, zeichneten sich häufig durch Unfrische, kahmige Noten und plumpe Rustikalität auf. Bernhard Otts Weine, bislang ganz unromantisch im Edelstahltank ausgebaut, brillierten durch saubere Frucht und kühle Frische – Stilmerkmale, die für seine überragenden Erfolge in Österreich, aber auch auf den europäischen Weinmärkten verantwortlich waren. Sein 2003 Grüner Veltliner Tausend Rosen wurde beispielsweise von der renommierten Grand Jury Européenne 2006 zum besten Wein dieser Rebsorte gewählt. Und um die Frische möglichst lange zu erhalten und oxydative Noten zu vermeiden, stattet Ott alle seine Flaschen mit einem luftdichten Schraubverschluß aus.

Weinbereitung wie vor 2000 Jahren

Und jetzt die Tonamphore, das juste Gegenteil: ein poröses, luftdurchlässiges Behältnis mit großer Öffnung, im offenen Steinschuppen vergraben und von der Erde der jeweiligen Weinberge umgeben, winterlichem Frost (bis minus 21° C) und frühlingshafter Wärme gleichermassen ausgesetzt. Auf dem Boden der Amphoren die intakten Beeren des letzten Herbstes, darunter die abgestorbenen Hefen. Eine Weinbereitung, wie sie vielleicht vor 2000 Jahren modern war: Weißweine ohne Luftabschluß vergoren, ohne Temperaturkontrolle, mit ganzen Beeren, also mit Schalen und intakten Kernen. „Für mich“, sagt Ott, „ist die Vergärung in der Tonamphore die logische Fortsetzung des biodynamischen Weinanbaus. Ich wollte sehen, wie der Wein schmeckt, wenn der Winzer sich ganz rausnimmt.“

Grenzen des konventionellen Weinbaus überschreiten

Im Jahre 2006 hatte Ott, ein wohlgenährter, immer fröhlicher Winzer, in dessen Gesicht der Bart so wild sprießt wie das Unkraut zwischen seinen Rebzeilen, die Weinberge auf biodynamische Bewirtschaftung umgestellt. Er suchte nach weiteren Möglichkeiten der Qualitätssteigerung und glaubte, diese seien nur möglich durch Überschreitung der Grenzen des konventionellen Weinbaus. Den Boden zu „dynamisieren“, ihm neues Leben einzuhauchen und so die Reben vitaler zu machen – das war sein Ziel. Aber die Qualität, so war er überzeugt, entsteht nicht nur im Weinberg. Der Boden übt seinen segensreichen Einfluß nach seiner Überzeugung auch noch auf den gärenden Wein aus, jedenfalls dann, wenn dieser in grobporigen, in Weinbergserde verbuddelten Gefäßen lagert: „Der Boden kommuniziert mit dem Wein.“ So bestellte Ott in Georgien kvevri – Tonamphoren, wie sie in der Antike verwendet wurden (Georgien ist das letzte Land der Erde, in dem noch Tonamphoren produzieren werden).

In Stroh verpackt und mit alten Autoreifen ummantelt, damit sie beim Transport nicht zerbrechen, kamen die 45 Gefäße in Niederösterreich an. Vorerst sind es nur 1500 Flaschen, die er in diesen Behältnissen vinifiziert hat. Aber die Menge wird wachsen. Denn der Wein sei gut gelungen, versichert Ott. „Er besitzt eine immense Struktur, eine leichte Gerbstoffnote und deutlich mehr Mineralität und Würze als meine anderen Grünen Veltliner.“ Der Wein kommt ab September in den Handel. Er geht sowohl in die Gastronomie als auch an Privatkunden. Der Preis steht noch nicht fest. Er wird aber mit Sicherheit auf beziehungsweise über dem Niveau von Otts anderen Spitzenweinen liegen (also über 25 Euro). Übrigens: Die intakten Trauben samt der Hefe, die in den Tonamphoren zurückblieb, nachdem der fast klare Weine abgezogen worden war, werden von Österreichs Meisterbrenner Hans Reisetbauer zu einem Traubenbrand destilliert.

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