Ohne steife Etikette
Zum Weintrinken braucht es eigentlich nicht viel: eine gute Flasche und ein passendes Glas. Aber da gehen die Probleme schon los. Wann soll die Flasche geöffnet werden? Wie schenkt man einen edlen Tropfen ein? Wann muss ein Wein dekantiert werden? Dazu ein paar Tipps, die keine steife Etikette darstellen, sondern eher zu ungetrübtem Weinvergnügen verhelfen sollen.
Die kleine Weinschule
In der Regel wird die Weinflasche am Tisch geöffnet. Dabei sollte die Stanniolkapsel deutlich unterhalb des Flaschenmundes abgeschnitten werden, damit der Wein beim Einschenken nicht über die Schnittkante fließt. So können keine Schwermetalle (Blei, Zinnlegierungen) in das Glas gelangen.
Bei Flaschen, die in feuchten Kellern gelegen haben, befindet sich unter der Kapsel oft Schimmel. Dieser Schimmel beeinträchtigt weder die Kork- noch die Weinqualität.
Der Korken sollte, nachdem er aus der Flasche gezogen wurde, einer kurzen Geruchsprobe unterzogen werden. Kranke Korken sind an einem intensiven Korkgeruch zu erkennen, gesunde Korken riechen neutral oder nach Wein.
Bricht ein Korken ab, wird der Korkenzieher noch einmal vorsichtig angesetzt. Fallen Krümel in den Wein, so fließen diese mit den ersten Tropfen, die ausgeschenkt werden, ins Glas. Diese ersten Tropfen werden weggeschüttet.
Zuerst schenkt der Gastgeber sich selbst eine kleine Menge Wein ein und probiert ihn, um auszuschließen, dass er korkkrank ist. Danach schenkt er den Gästen ein. Zuletzt füllt er sein eigenes Glas auf.
Während man bei herkömmlichen Flaschen nur darauf achten muss, dass das Etikett nach oben weist, hält man Bocksbeutel beim Einschenken zudem flach, nicht hochkant.
Der Wein wird vorsichtig ins Glas eingeschenkt. Er soll nicht spritzen. Wenn genug Wein im Glas ist, wird die Flasche mit einem seitlichen Dreh abgeschwenkt. Richtet man die Flasche allzu vorsichtig auf, landen die letzten Tropfen auf dem Tischtuch.
Die Weingläser sollten frei von Wasserflecken sein und müssen neutral riechen. Sie dürfen deshalb nur mit heißem Wasser ohne Spülmittel abgewaschen werden. Danach sollten sie von Hand abgetrocknet werden, damit keine Wasserflecken am Glas entstehen.
Der Gastgeber ist für das Nachschenken des Weins zuständig. Er muss entsprechend aufmerksam sein, damit die Gäste nicht auf dem Trockenen sitzen.
Das Weinglas wird am Stiel angefasst, auf keinen Fall am Kelch. So soll verhindert werden, dass die Körperwärme der Hand den Wein erwärmt.
Wein wird nicht getrunken, sondern verkostet. Das heißt: Man nimmt ihn schluckweise oder in zwei Schlucken zu sich, genießt ihn auf der Zunge und lässt ihn vor allem nach dem Schlucken nachklingen. Gegen den Durst gehört Wasser auf den Tisch.
Ein Wechsel des Weins im Laufe des Essens hebt das Niveau jedes Beisammenseins. In der Regel wechselt man von Weißwein zu Rotwein. Vorher kann noch ein Aperitif, nach dem Essen ein Dessertwein gereicht werden. Es können auch zwei Rotweine oder zwei Weißweine gereicht werden. Ein Essen ist jedoch keine Weinprobe.
Beim Wechsel von Weißwein zu Rotwein müssen neue Gläser benutzt werden, ebenso vor dem Dessertwein. Bei zwei ähnlichen Weißweinen oder Rotweinen kann hingegen das alte Glas weiterbenutzt werden.
Alte Weine, die dekantiert werden müssen, sollte man schon zwei Tage vorher aus dem Keller holen und aufrecht stellen, damit das Depot auf den Boden der Flasche sinkt. Alte Rotweine können auch in ein Flaschenkörbchen gelegt und aus diesem eingeschenkt werden. Der Gastgeber muss dann beim Einschenken aufpassen, dass kein Depot ins Glas kommt.
In der Regel werden alte Weine direkt vor dem Servieren dekantiert. Junge Weine, die dekantiert werden, um zu atmen, sollten zwei bis vier Stunden vor dem Servieren in die Karaffe umgefüllt werden. Wer auf das Dekantieren verzichten will, sollte die Weinflaschen wenigstens ein bis zwei Stunden vorher öffnen, damit der Wein Luft bekommt.
Warum dekantiert wird
Das vorsichtige Umfüllen eines Weins in eine Karaffe heißt Dekantieren. Sinnvoll ist das Dekantieren nur bei alten Rotweinen, die Depot gebildet haben, sowie bei schweren, aber noch jungen Rotweinen, die Luftkontakt brauchen, bevor sie serviert werden. Der Grund für das Dekantieren alter Weine besteht darin, das Depot in der Flasche zu lassen, damit es beim Ausschenken nicht ins Glas fließt. Das Depot ist das Sediment, das sich im Lauf der Jahre auf dem Flaschenboden abgesetzt hat. Meist handelt es sich dabei um Ausfällungen von Gerbstoffen. Der Geschmack wird zwar durch das Depot nicht beeinträchtigt, aber das Depot selbst schmeckt bitter. Einzige Ausnahme: alte Burgunder. Ihr Depot schmeckt und kann mitgetrunken werden. Burgunder brauchen mithin nicht dekantiert zu werden.
Wie dekantiert wird
Das einfachste Hilfsmittel zum Dekantieren ist ein Trichter mit einem feinen Sieb im Ausfluss, in dem das Sediment hängenbleibt. Es geht aber auch ohne Trichter. Geübte Weintrinker dekantieren über einer Kerze, die den Flaschenhals von unten erleuchtet und anzeigt, wann das Depot ausfließt. In diesem Moment wird der Dekantiervorgang gestoppt. Der Bodensatz bleibt in der Flasche.
Dekantieren bei jungen Weinen
Viel wichtiger ist das Dekantieren jedoch bei jungen, tanninstarken Rotweinen. Diese brauchen dringend Luft, um ihr Aroma zu entfalten – damit etwaige reduktive, unangenehme Nebentöne schnell verfliegen. Für das Dekantieren junger Weine sind Karaffen ideal, die eine große Luftoberfläche und einen langen Hals haben, damit der Wein schon beim Umfüllen verwirbelt wird. Auch bei schweren Weißweinen kann ein Dekantieren von Vorteil sein. Nur bei sehr alten Weinen sollte man mit dem Dekantieren vorsichtig sein. Der plötzliche Luftschock kann dazu führen, dass der Wein innerhalb kürzester Zeit oxydiert und ungenießbar wird.
Tabak, Parfüm und Kaffee
Wein erfordert die Konzentration aller Sinne. Deshalb darf während einer Weinprobe nicht geraucht werden. Das gilt auch, wenn die Weine zum Essen probiert werden.
- Rauchen beeinträchtigt zwar grundsätzlich nicht die Fähigkeit zum Degustieren von Wein, stört aber die anderen Teilnehmer. Außerdem brauchen die Geschmacksnerven mindestens 15 Minuten, um sich nach einer Zigarette wieder zu regenerieren.
- Wer zu einer Weinprobe geht, sollte möglichst kein Parfüm oder Rasierwasser benutzen, wenigstens aber zurückhaltend damit umgehen. Kosmetikdüfte vergällen jeden Weingenuss
- Kaffee beeinträchtigt die Zunge noch stärker als Tabak. Deshalb sollte Kaffee nie vor, sondern höchstens nach einer Weinprobe getrunken werden.
- Blumen schmücken die Tafel, stören aber den Weingenuss, besonders wenn es stark duftende Blumen wie Maiglöckchen oder Rosen sind.