Sonntag, Oktober 6, 2024
5.8 C
München
spot_img

Whisky meets Wine – eine harmonische Verbindung?

2011 hat der unabhängige, österreichische Abfüller Single Cask Collection einen Islay Whisky von Caol Ila auf den Markt gebracht, der eine Nachreifung in einem Süßweinfass (Homok Fass) vom österreichischen Spitzenwinzer Willi Opitz erfahren durfte. Bereits 2009 wurde bei Bruichladdich auf Islay ein Octomore mit einem Château Pétrus finish abgefüllt. Welchen Einfluss haben die Weinfässer auf den Whisky?

Viele Destillerien versuchen, angereizt durch den Whiskyboom, neue Geschmacksrichtungen in ihren Whiskys zu präsentieren. Traditionell reifte Whisky in 500-Liter-Fässern aus europäischer Eiche, in denen zuvor Sherry lagerte. Da diese vorhandenen Sherry Butts mit der Zeit knapp wurden, importierte man sehr viel preiswertere Bourbon-Fässer aus den USA.

In den letzten Jahren findet man immer häufiger Whisky im Fachhandel, der zudem eine Nachreifung in einem zweiten oder sogar dritten Fass, das sogenannte „Finish oder Finishing“, erhalten hat. Diese Umlagerung soll dem Whisky weitere Aromen verleihen und ihn so nochmals verfeinern.

Chateau PetrusNormalerweise dauert ein solches Finish 6 bis 24 Monate, was von der Vorreife des Whiskys abhängt. Die Fassqualität und die Fassgröße haben erheblichen Einfluss auf die Reifung. Denn nur gute Fässer mit gutem Destillat haben die Möglichkeit, guten Whisky hervor zu bringen. Je größer das Fass ist, desto kleiner ist der Holzkontakt des Whiskys und desto länger dauert der Reifungsprozess.

Die beliebtesten und gängigsten Fasstypen für die Whiskylagerung sind das Barrel (ca. 200 Liter), das Hogshead (ca. 250 Liter) und das Butt (ca. 500 Liter). Des Weiteren ist entscheidend, ob die Fässer erst befüllt werden oder schon häufiger im Einsatz waren. Bei diesen sogenannten Refill Fässern ist das Holz weniger aktiv und die Abgabe der Aromen fällt dezenter aus. Für die Nachreifung kommen häufig Portwein- oder Sherryfässer (Oloroso, Fino, Pedro Ximenez) zum Einsatz. Aber auch Weis – und Rotweinfässer finden ihre Bestimmung, womit wir zum heutigen Tasting kommen. Zwei rauchige, stark torfige Islay Whiskys aus dem Bourbon cask mit einem „wine cask finish“.

Tasting Notes


Caol Ila 2000/2011 Single Cask Collection, 55,3%, Bourbon cask mit einem Willi Opitz Homok finish (limitiert auf 215 Flaschen)
88

Caol Ila Willi Opitz LabelFarbe: Bernstein
Nase: Fruchtig, etwas Süße, torfig, würzig, ein wenig pfeffrig, ausgewogen – nicht aufdringlich
Geschmack: Trocken, würzig, torfig, wenig Frucht, Süße wirkt aufgesetzt
Mit Wasser: relativ identisch, Torf wird intensiver
Finish: Lang, stark torfig, sehr trockener Nachklang, wieder nur geringe Frucht, Süße des Weinfasses ist eher kurzlebig, Dominanz des Bourbon Fasses
Bewertung: Dieser Whisky hat eine tolle Nase, die vollkommen ausgeglichen ist. Im Geschmack wirkt die Süße vom Weinfass aufgesetzt und kommt gegen den mächtigen Einfluss des Bourbon Fasses nur schwer an. Ein sehr trockener und torfiger Malt. 88 Punkte, wobei mir hierbei der trockene Torfgeschmack sehr gut gefällt. Diesen Whisky hätte ich gerne einmal ohne Nachreifung versucht.
Aktueller Preis: ab 65 Euro


Octomore Orpheus, 5 Jahre, 61,0%, Bourbon cask mit einem Château Pétrus cask finish (limitiert auf 15000 Flaschen)
89

Octomore Orpheus LabelFarbe: Zart gold-braun
Nase: Rauchig, fruchtig, gute eingebundene Weinsüße vom Rotweinfass, torfig
Geschmack: Mächtige, honigartige Süße, rote Beeren, rauchig, salzig, Torf, Pfeffer, etwas Bitterorange; junger Charakter der durch den hohen Alkoholgehalt etwas spritig ist, trotzdem aber harmonisch wirkt.
Mit Wasser: Weniger spritig, runder, mehr Frucht
Finish: Sehr lang und torfig, kräftig und komplex, fruchtig, etwas bitter werdend auf der Zunge.
Bewertung: Ein Octomore aus der zweiten Auflage, der mit seinen 140 ppm sehr stark getorft ist.
Der starke Torfgeschmack wird jedoch zu Beginn von der Süße des Weinfasses harmonisch eingebunden und vom Alkohol etwas überdeckt. Erst später kommt er voll zu Geltung. Das Château Pétrus Fass und das Bourbon Fass harmonieren hervorragend miteinander. Für mich der etwas Bessere von beiden. 89 Punkte.
Aktueller Preis: ab 160,- Euro (Ausgabepreis: 90-100,- Euro)

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img