Weinviertel: Die wiedergewonnene Ehre des Grünen Veltliners (Teil 3)

Das Weinviertel
Das Weinviertel
Auf der letzten Etappe ins Land, in dem das „Pfefferl“ wächst, war Jens Priewe im Donau-nahen Teil des Weinviertels. Zwei Weingüter haben ihn am meisten beeindruckt: Setzer und Roman Pfaffl.

Wer von Retz nach Süden fährt, pas­siert eine beschau­li­che, sanft wel­li­ge und ziem­lich unspek­ta­ku­lä­re Kul­tur­land­schaft, in der sich braun­erdi­ge Äcker für Mais, Getrei­de, Kar­tof­feln, Gemü­se abwech­seln, nur gele­gent­lich unter­bro­chen von klei­nen Feld­ge­höl­zen, die sich längs klei­ner Flüs­se oder Bäche hin­zie­hen. Die Dör­fer sind klein und wir­ken men­schen­leer, grö­ße­re Städ­te gibt es in die­sem Teil Öster­reichs nicht. Wer es nicht bes­ser weiß, kommt nicht auf die Idee, dass in die­sem Zip­fel des Wein­vier­tels eini­ge der bes­ten Grü­nen Velt­li­ner Öster­reichs wachsen.

Glas Grü­ner Velt­li­ne­rAl­ler­dings fin­det der Wein­bau hier nur auf klei­nen geo­lo­gi­schen Inseln statt. Sie befin­den sich am Fuße des Man­harts­bergs. Das ist ein dicht bewal­de­tes, bis zu 500 Meter hohes Klein­ge­bir­ge, das die Gren­ze zwi­schen Wein­vier­tel und dem benach­bar­ten Wald­vier­tel bil­det. Unter den löss­hal­ti­gen Braun­erde­bö­den am Fuße fin­den sich kalk- und schot­ter­hal­ti­ge Schich­ten, die einen guten Unter­grund für die Reben dar­stel­len. Sie erge­ben kräf­ti­ge, fein­wür­zi­ge Wei­ne, die gehalt­vol­ler sind als die Wei­ne aus dem küh­le­ren Retz, dafür nicht deren sprit­zi­ge Säu­re aufweisen.

Das Weingut Setzer in Hohenwarth


Hans und Uli Set­zer­Ho­hen­warth liegt auf einer die­ser Inseln, ein Stra­ßen­dorf, das von Wein­ber­gen ein­ge­rahmt ist.  Das schicks­te Wein­gut im Ort ist das der Fami­lie Set­zer. Die Fas­sa­de fein her­aus­ge­putzt, der Innen­hof begrünt, der Degus­ta­ti­ons­raum wie eine Bou­tique ein­ge­rich­tet. Der for­sche Hans Set­zer hat den Fami­li­en­be­trieb in die Jetzt­zeit navi­giert, sei­ne Frau Uli, eine Wie­ne­rin, es ordent­lich auf­ge­mö­belt. Bei­de haben die Höhe­re Wein­bau­schu­le in Klos­ter­neu­burg besucht und ver­heh­len nicht, dass ihre Lei­den­schaft dem guten Essen und Trin­ken gehört. Was sie mit ihren eige­nen Wei­nen zum guten Trin­ken dazu bei­steu­ern, ver­dient hohe Anerkennung.

Das Wein­gut besitzt 30 Hekt­ar Reben im direk­ten Umkreis um Hohen­warth. Ein Teil der Trau­ben wird zuge­kauft. Auch die­se Trau­ben kom­men aus den Wein­gär­ten um das Dorf. Die Palet­te ist breit und reicht bis zum Sau­vi­gnon Blanc und zum Mer­lot bei den roten Sor­ten. Haupt­sor­ten sind jedoch der Rote Velt­li­ner und der Grü­ne Veltliner.

Setzers Grüner Veltliner Reserve 8000 – ein Traumwein

Das Wein­gut Set­zer­Set­zers Spit­zen­wein ist die Wein­vier­tel DAC Reser­ve 8000. Die Zahl steht für die Anzahl der Reb­stö­cke pro Hekt­ar – Dicht­stand also. Die­ser Traum­wein wur­de vor zwei Jah­ren Falstaff-Sieger. Das Kon­kur­renz­blatt Vin­a­ria ver­lieh ihm letz­tes Jahr die Höchst­wer­tung. Der Jahr­gang 2013, der in den nächs­ten Mona­ten auf den Markt kommt, ist wie­der von gro­ßer Klas­se: burgundisch-cremig mit wenig Pfef­ferl, dafür umso prä­gnan­te­rer Mine­ra­lik, spon­tan ver­go­ren und im Edel­stahl­tank lan­ge auf der Fein­he­fe aus­ge­baut. Er zeigt, zu was die Aller­welts­reb­sor­te Grü­ner Velt­li­ner in der Lage ist, wenn sie mit der­sel­ben Sorg­falt ange­baut wird wie gro­ße Ries­lin­ge oder Char­don­nays. Mit rund 20 Euro ist die­se DAC Reser­ve für das Wein­vier­tel zwar teu­er, aber im Ver­gleich zu den gro­ßen Lan­gen­loi­ser Wei­nen, die nur ein paar Kilo­me­ter Luft­li­nie wei­ter wach­sen, preis­wert. Außer­dem bie­tet Set­zer auch für unter 8 Euro exzel­len­ten Grü­nen Velt­li­ner an, etwa den Wein­vier­tel DAC „Aus­stich“, der in sei­ner Kate­go­rie eben­falls zur abso­lu­ten Spit­ze zählt – aller­dings mit Pfefferl.

Bezug: Wein­gut Set­zer, rot­Weiss­rot, Seg­nitz, Weinshop24, Wein & Co


Das Weingut Roman Pfaffl in Stetten


Roman Pfaffl vor Lösswand
Roman Pfaffl vor Lösswand

Roman Pfaffl, der Grün­der die­ses Wein­guts, wird in Öster­reich Mr. Velt­li­ner genannt – kla­rer Hin­weis dar­auf, dass der Grü­ne Velt­li­ner auch in die­sem Wein­gut die domi­nie­ren­de Reb­sor­te ist, deren Rang ihr kein Ries­ling und kein Zwei­gelt strei­tig macht. Das Wein­gut von Mr. Velt­li­ner war das letz­te auf mei­ner Rei­se durchs Wein­vier­tel. Es liegt in Stet­ten, weni­ge Kilo­me­ter von der Stadt­gren­ze zu Wien ent­fernt. Viel­leicht ist das der Grund, wes­halb die Wei­ne Roman Pfaf­fls manch­mal gar nicht als Wein­viert­ler, son­dern als Wie­ner Wei­ne wahr­ge­nom­men wer­den. Aber die Böden um Stet­ten her­um bestehen nicht aus Sand wie im Wie­ner Becken, son­dern wie im Rest des Wein­vier­tels über­wie­gend aus Löss mit ein­zel­nen Inseln von Kalk­mer­gel, Quarz und Flysch. Dafür ist das Kli­ma in Donau­nä­he fast wie­ne­risch warm: viel wär­mer jeden­falls als dro­ben an der tsche­chi­schen Gren­ze. Des­halb ent­hält das Pfaf­fl­sche Sor­ti­ment auch rela­tiv vie­le Rot­wei­ne: Zwei­gelt, St. Lau­rent, Pinot Noir, Mer­lot und Caber­net Sauvignon.

Viel Mango und Grapefruit

Eti­kett Reser­ve Gold­joch­Der Grü­ne Velt­li­ner aber ist und bleibt die Leit­sor­te des Betriebs. Die Lagen­wei­ne Zei­sen­eck und Haid­vier­tel, ein­fa­che Wein­vier­tel DAC unter 10 Euro, sind herz­haft zitrus­fruch­tig mit fei­ner Wür­ze und wei­ni­ger Säu­re. Die Spit­ze bil­den die DAC Reser­ve aus den Lagen Hunds­lei­ten und Gold­joch: rei­che, über­schwäng­lich vol­le und alte­rungs­fä­hi­ge Wei­ne, die auf der einen Sei­te Mango- und Grapefruit-fruchtig auf der ande­ren cre­mig sind. Den kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen zufol­ge lie­gen sie auch alko­hol­mä­ßig immer an der obe­ren Grenze.

Das Wein­gut Roman Pfaffl, das heu­te vom jun­gen Roman Pfaffl und sei­nen bei­den Schwes­tern geführt wird, hat in den letz­ten 30 Jah­ren einen kome­ten­haf­ten Auf­stieg erlebt. Das gilt für die Wein­ber­ge, die von weni­ger als einem Hekt­ar auf knapp 80 ange­wach­sen sind. Das gilt aber auch für die Archi­tek­tur des Wein­guts und die Qualitäten.

Im Keller hängen Kronleuchter von der Decke

Roman Pfaffl und Jens Prie­weAuf der Web­site der Öster­rei­chi­schen Wein­mar­ke­ting GmbH habe ich nach dem Besuch bei Pfaf­fls geschrie­ben: “Ein fas­zi­nie­ren­des Wein­gut in jeder Hin­sicht: prä­zi­se Pla­nung des gan­zen Wein­erzeu­gungs­pro­zes­ses, Detail­ge­nau­ig­keit, hoher tech­ni­scher Stan­dard. Auch das Auge kommt nicht zu kurz: zum Bei­spiel im Bar­ri­que­kel­ler, wo Kron­leuch­ter von der Decke bau­meln. Das Resul­tat: groß­ar­ti­ge Weiß­wei­ne, die manch­mal denen des benach­bar­ten Anbau­ge­biets Wagram ähn­li­cher sind als denen des nörd­li­chen Wein­vier­tels. Über­ra­schend hoch­klas­sig auch die Rot­wei­ne, die durch­aus auf Augen­hö­he sind mit denen des Neu­sied­ler­sees. Mich hat die ein­fa­che Cuvée Wien 2 (Zwei­gelt, Pinot Noir) beein­druckt. So einen guten Ein­stiegs­wein fin­det man sel­ten. Und bei den Wei­ßen die Lagen-Reserve von den Grü­nen Velt­li­nern Hunds­lei­ten und Gold­joch – aller­dings soll­te man zwei, drei Jah­re mit dem Genuß war­ten: gro­ßes Weiß­wein­ki­no! Besu­cher­freund­li­che Öff­nungs­zei­ten, freund­li­cher Empfang…“

Wer sich in Wien auf­hält und zu den Pfaf­fls will, braucht nicht mehr als eine Vier­tel­stun­de mit dem Auto.  Soll­te er doch mal vor ver­schlos­se­nen Türen ste­hen, geht er in den Land­gast­hof Schwein­ber­ger in Stet­ten und pro­biert die Wei­ne dort zum Schnit­zel oder Wild­gu­lasch. Wenn man danach nicht mehr nach Wien zurück­will, kann man bei den Schwein­ber­gers hin­ter­her auch selig schlafen.

Bezug: Jac­ques, Wein-Bauer, rot­Weiss­rot, Wein Hin­ter­ecker, Vinexus, Weinwelt.at, Doel­le­rers Weinhandelshaus

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