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Weinviertel Österreich: das Land, in dem das Pfefferl wächst

Wir bei weinkenner.de haben schon einmal ausführlich über das Weinviertel berichtet, jenes Anbaugebiet, aus dem ein großer Teil des Grünen Veltliners kommt, der in Österreich wächst, und das zu den touristisch unerschlossensten im ganzen Land gehört. Früher kamen, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, viel mittelmäßige Weine aus dem Weinviertel. Heutzutage keltern Winzer dort Spitzengewächse. Das Gute für den Verbraucher: die Preise liegen deutlich unter denen renommierterer Anbaugebiete wie Wagram, Krems, Kamptal und Wachau.

Ich habe zahlreiche Grüne Veltliner der jungen Jahrgänge 2015 und 2016 probiert und bin beeindruckt. Fünf Weingüter haben es mir besonders angetan, speziell ihre Topweine, die es meiner Meinung nach mit den besten Grünen Veltlinern der renommierteren Anbaugebiete Österreichs durchaus aufnehmen können.


Die Weine:


2016 Weinviertel DAC Reserve „Tradition“

Weingut Dürnberg, Falkenstein

Dass Matthias Marchesani gemeinsam mit zwei Freunden ein Weingut führt, „ist halt passiert“, wie er sagt. Vor zehn Jahren traf er in eine Bar zufällig einen Freund aus Jugendzeiten wieder, Christoph Körner. Wie es eben so geht im Leben, hatten die beiden sich irgendwie aus den Augen verloren. Aber die Sympathie und das Vertrauen waren nicht weniger geworden und so erzählte Körner seinem alten Kumpel, dass er Hilfe brauche.

Er hatte einst von seiner Oma einen Weingarten geerbt und diesen neben dem Studium her bewirtschaftet. Aus dem Hobby wurde rasch ein kleines Weingut. Dann fiel der Eiserne Vorhang. Das führte im Weinviertel zu einem enormen Strukturwandel. Viele Menschen zogen weg, gingen nach Wien. Plötzlich standen jede Menge Flächen zu günstigen Preisen zum Verkauf. Für das kleine Weingut Dürnberg war das eine Chance zu wachsen – und Körner ergriff sie. Bis er merkte, dass im das Ganze zu viel zu werden drohte. Da traf er seinen alten Freund Matthias Marchesani wieder, der sich schließlich 2010 gemeinsam mit einem weiteren Kumpel ins Weingut einkaufte. Seitdem teilen sich die drei die Arbeit, „eigentlich wie in einem Familienbetrieb“, sagt Marchesani.

Matthias Marchesani
Matthias Marchesani

Rund 60 Hektar gehören inzwischen zu Dürnberg, 60 Prozent sind mit Grünem Veltliner bepflanzt, mehr als 20 Prozent mit den weißen Burgundersorten Chardonnay, Weißburgunder und Grauburgunder. Drei verschiedene Linien werden gekeltert, allen drei gemein ist ihre Spritzigkeit, ihre Frische.

Die erste und einfachste Linie schmeckt wie sie heißt: Trinkvergnügen. Bei der zweiten mit dem Namen „Klassik“ wird schon mehr Wert auf die Sortentypizität gelegt. Die dritte, die „Prime Wine Reserve“ ist zweifelsohne die spannendste, was den Grünen Veltliner angeht, besonders die Reserve Tradition. Die Reben für diesen wachsen auf Muschelkalkverwitterungsböden, die diesem Wein zarte, mineralische Noten verleihen. Außerdem reift er acht Monate auf der Hefe: ein kräftig strukturierter Grüner Veltliner mit Tiefgang und Alterungspotenzial.

Preis: 12 Euro
Bezug: ab Weingut www.duernberg.at


2015 Grüner Veltliner „Ried Hoher Weg“

Weingut Frank, Herrnbaumgarten

Wer es gerne etwas üppiger hat, der ist beim Weingut Frank an der richtigen Adresse. Der Familienbetrieb liegt ganz im Nordosten des Weinviertels in Herrnbaumgarten, die Grenze zur Tschechischen Republik ist gerade mal zwei Kilometer entfernt. Herrnbaumgarten nennt sich selbst „das verrückte Dorf“, bei den Franks ist davon wenig zu spüren. Sie machen zuverlässige, unaufgeregte Weinbergs- und Kellerarbeit, alles per Hand. Ihre Veltliner lassen etwas die Frische und die sortentypische Pfeffrigkeit vermissen. Sie sind eher etwas üppiger geraten, gehen zum Teil fast schon ins Cremige. Das sucht nicht jeder im Grünen Veltliner, es zeigt aber wunderbar, zu was für Wandlungen die Rebsorte fähig ist.

Preis: 15 Euro
Versand: ab Weingut www.weingutfrank.at
Versandkosten: 17,90 Euro (12 Flaschen)

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2015 Weinviertel DAC Reserve „8000“

Weingut Setzer, Hohenwarth

Winzer Hans Setzer ist ein ruhiger Mensch, aber jetzt wird er emotional: „Ich hasse Weine, die nur für Verkostungen gemacht sind“, sagt er: Blender, die beim ersten Schluck begeistern, dann aber schon bald mit ihrer Fülle und Üppigkeit schnell satt machen. „Ein Wein ist dann groß, wenn er immer Spaß macht, vom ersten bis zum letzten Schluck“, sagt der österreichische Winzer des Jahres 2013.

Deshalb sind seine Weine alle sehr puristisch, sehr klar. Holzfässer stehen in seinem Keller nicht herum. Selbst seine Topweine kommen nur mit Stahl in Berührung. „Ich will zeigen, was meine Weingärten können. Holz ist ein Fremdkörper “, sagt er.

Setzers Schwerpunkt liegt natürlich auf dem Grünen Veltliner. Aber von seinen insgesamt 30 Hektar Weinbergen sind immerhin fünf mit der Rebsorte Roter Veltliner bepflanzt. In den 1950er Jahren machte in seiner Umgebung der Rote Veltliner noch rund 60 Prozent aller Weine aus. Aber sobald sich mit dem Grünen Veltliner eine lohnenswerte Alternative auftat, rissen viele Winzer die alte Sorte raus. Zu fäulnisanfällig, zu wuchsstark ist sie, zu arbeitsintensiv also der Anbau. Setzers Böden sind dermaßen karg, dass sich das Wachstum der Reben von alleine in Grenzen hält. Trotzdem sei das Traditionspflege, was er da mache, sagt er. Die ist ihm wichtig. Immerhin macht seine Familie seit 300 Jahren Wein, die Kinder stehen schon bereit, den Betrieb eines Tages weiterzuführen.

Hans und Uli Setzer | ©Petr Blaha
Hans und Uli Setzer | ©Petr Blaha

Die Weinviertel DAC Reserve „8000“ ist ein reinsortiger Grüner Veltliner aus der besten Lage, die mit 8000 Stöcken pro Hektar extrem dicht bepflanzt ist. Entsprechend gering ist die Zahl der Trauben, die an jedem Stock hängen. Der „8000“ ist der Topwein des Betriebes (wir haben bereits einmal über ihn berichtet), burgundisch-üppig, leicht cremig durch das lange Hefelager, ausgestattet mit feinsten florealen Noten. Er ist schon jetzt mit großem Genuss zu trinken, wird aber seine beste Form in fünf oder mehr Jahren erleben.

Preis: 22,50 Euro
Bezug: www.perbaccowein.de

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2015 Grüner Veltliner „End des Berges“

Weingut Uibel, Ziersdorf

Leopold Uibel fällt auf: giftgrüner Pullover, quietschbunte Schiebermütze, Vollbart. Der Slogan, den er sich gegeben hat, provoziert. „Wein für Fortgeschrittene“ nennt er das, was er macht. „Meine Grundidee: Minimale Eingriffe im Keller“, sagt er. Nun ist das ein Satz, der heutzutage zum Standardrepertoire fast jeden Winzers, beziehungsweise seiner Marketingagentur, gehört.

Bei Uibel ist das anders. Wer das nicht glauben mag, der probiert am besten mal, was er aus der oft so langweiligen Rebsorte Müller-Thurgau rausholt. Die Reben wachsen auf purem Schotterboden, fünf Monate bleibt der Wein ohne Schwefel aber mit ganzen Beeren im Stahltank. Was am Ende, dann leicht geschwefelt, in die Flasche kommt, ist dermaßen süffig, strukturiert und komplex, dass man nur staunen kann. „Wir ziehen unsere Weine von Beginn an ins Oxidative, geben ihnen eine reife Note“, sagt der Winzer.

Der Weinhof Uibel ist gerade mal siebeneinhalb Hektar groß, Leopold Uibel bewirtschaftet ihn gemeinsam mit seiner Frau. „Das ist klein genug, dass wir es zu zweit machen können“, sagt er. In den Weingärten will er erreichen, dass sich die Pflanzen so weit wie möglich selber abhärten und ohne Spritzmittel klarkommen. „Im Keller geht es mir dann darum, die einzelnen Lagen so gut wie möglich herauszuarbeiten“, sagt er. Und das gehe nur ohne Schwefel und ohne Reinzuchthefen – wobei er auch nicht immer ein Freund der Spontanvergärung ist. Am liebsten benutzt Uibel eine Basishefe. Eine, die schlicht zuverlässig den Alkohol in Zucker umwandelt, nicht mehr.

Preis: 15,50 Euro
Bezug: www.225liter.de

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2015 Roter Veltliner „Hochstrass“

Weingut Hofbauer-Schmidt, Hohenwarth-Mühlbach

Wer einen Beweis dafür braucht, wie rasant sich das Weinviertel entwickelt hat, der muss nur einen Blick auf die Weinkarten der Restaurants werfen. „Vor 15 Jahren gab es kein Fünf-Sterne-Restaurant, das einen Wein aus dem Weinviertel auf der Karte hatte. Heute gibt es keins, das keinen hat“, sagt Leopold Hofbauer-Schmidt. Er leitet zusammen mit seiner Frau das Familienweingut in siebter Generation. 15 Hektar besitzen sie selber, von zehn weiteren kaufen sie Trauben zu. Entstanden ist der Betrieb wie so viele im Weinviertel aus einer gemischten Landwirtschaft. Man hatte Obst und Gemüse, Vieh und eben auch ein paar Hektar Weinreben. Aber seit der Wein immer besser läuft, werden immer mehr Betriebe zu reinen Weingütern. „Das Schöne am Winzerdasein ist, dass man so viele Berufe unterbringt. Man ist in der Natur unterwegs, ist Gastgeber und macht das Marketing“, sagt Hofbauer-Schmidt. „Und in welchem Beruf gibt es das schon, dass man sein Produkt von Anfang bis Ende begleitet?“

Im Keller überlassen die Hofbauer-Schmidts nichts dem Zufall. Sie verwenden Reinzuchthefen, „aber nur solche, die aus Zucker Alkohol machen, nicht mehr“, sagt der Winzer. Sie helfen ihm aber bei seinem Ziel, präzise und pure Weine zu keltern, die den Charakter der Rebsorte ins Glas bringen. Grüner Veltliner bildet natürlich der Schwerpunkt ihrer Weinproduktion. Daneben aber pflegen sie als eine der Letzten im Weinviertel hingebungsvoll den Roten Veltiner – eine Weißweinsorte, die zur Familie der Grünen Veltliner gehört, die aber mit einer dickeren Beerenhaut ausgestattet ist und sich daher gut für eine kurze Maischestandzeit eignet. Sie bringt hochfeine, sehr würzige Weine hervor.

Preis: 9,50 Euro
Bezug: www.karl-kerler.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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