Land im Zustand der Gärung
Es gibt Stimmen, die behaupten, daß die besten Weine Amerikas eines Tages aus anderen Bundesstaaten als Kalifornien kommen werden – Oregon etwa. Im Schatten seines großen südlichen Nachbarn hat sich Oregon zumindest auf einem Feld zum heimlichen Herausforderer entwickelt: beim Pinot Noir.
Die Rebflächen Oregons betragen nur etwa zwei Prozent derjenigen Kaliforniens. Ernstzunehmende weinbauliche Unternehmungen wurden erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts registriert, als in Kalifornien bereits eine allgemeine Aufbruchstimmung herrschte. Das gemäßigte, fast europäische Klima mit milden Wintern und nicht zu trockenen Sommern veranlaßte einige Pioniere, sich südlich von Portland am Willamette River niederzulassen, um dort Reben anzubauen – entgegen dem Rat der kalifornischen Wein-Universität in Davis nicht amerikanische Hybridreben, sondern europäische Vinifera-Reben: Chardonnay, Riesling, Gewürztraminer und vor allem Pinot Noir.
Später Erfolg der Pinot Noir
Die rote Burgunderrebe entwickelte sich in dem milden Klima am besten und bedeckt heute fast die Hälfte der Rebfläche des Landes. Die Weine, die aus ihr gewonnen werden, sind weder schwer noch säurearm, sondern zartfruchtig, fein und daher den französischen Burgundern ähnlicher als die meisten kalifornischen Weine aus dieser Rebsorte. Der Enthusiasmus der Pinot-Noir-Pioniere war derart ansteckend, daß mehrere Flüchtlinge aus Kalifornien sich am Willamette River niederließen, um sich auf das Abenteuer mit der Sorte einzulassen, die bislang nirgendwo außerhalb Burgunds überzeugende Ergebnisse gebracht hatte. Selbst das Burgunder Handelshaus Robert Drouhin eröffnete eine Dependance in Oregon. Andere wichtige Pinot-Noir-Produzenten sind Elk Cove Vineyards, Bethel Heights Vineyard und Adels- heim Vineyard. Einen großen Teil der Trauben kaufen sie von Winzern zu, weil nur wenige der Neugründungen über ausreichend Rebland verfügen. Neben Pinot Noir ist Oregon stellenweise mit Chardonnay und Gewürztraminer erfolgreich, im Süden des Landes auch mit Cabernet Sauvignon.
Washington
Der Bundesstaat Washington im äußersten pazifischen Nordwesten Amerikas hat doppelt soviel Rebfläche wie Oregon – und ist noch unbekannter. Das liegt daran, daß der Weinbau im Vergleich zur dominierenden Getreidewirtschaft des Landes nur einen geringen Stellenwert hat. An der Qualität liegt es jedenfalls nicht. Die Cabernet Sauvignon und vor allem die Merlot, die am warmen Columbia River und im Yakima Valley wachsen, sind von beachtlicher Qualität, wenn auch nicht so herausragend, daß sie eine Konkurrenz für Kalifornien werden könnten. Es sind vollmundige, schwere Weine, denen es nie an Fülle, gelegentlich aber etwas an Feinheit fehlt. Das führende Weingut Washingtons ist Château Sainte Michelle am Columbia River, das auch bemerkenswerte Weißweine aus Sémillon- und Sauvignon-Reben erzeugt. Außerhalb Amerikas tauchen die Weine fast nie auf.
Andere Weinanbaugebiete
Arizona:
Der heiße Südwesten Amerikas ist durch gute Weiß- und Rotweine berühmt geworden, die auf den Terra-Rossa-Böden um Tuscon wachsen.
Virginia:
Aufstrebendes Weinland im Osten der USA, in dessen mildem Klima schon vor 350 Jahren Reben angebaut wurden. Inzwischen sind ein Großteil der Hybridreben gerodet und durch Chardonnay, Cabernet Sauvignon und Merlot ersetzt worden. Sie ergeben mittelschwere Weine ganz eigener Prägung.
New York:
Die Finger Lakes im Bundesstaat New York nahe dem Eriesee sind seit Jahrzehnten für exzellente edelsüße Weine berühmt – ebenso die Küsten von Long Island vor den Toren New Yorks.