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Weinprobe mit Gustavo A. Gonzalez: Wo ist Robert Mondavi?

Gustavo A. Gonzalez  – der Mann mit dem spanischem Namen, dem mexikanischen Aussehen und der kalifornischen Seele trägt Verantwortung für die Rotweine von Robert Mondavi. Für Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Zinfandel. Also für die wichtigsten Weine des vielleicht wichtigsten Weinguts im ganzen Napa Valley. „Wir sind keine Boutique Winery“, scherzt er. „Allein von unserem Cabernet Sauvignon produzieren wir 1,2 Millionen Flaschen. In Top-Qualität! Darauf bin ich stolz.“

Die Weine von Robert Mondavi gehörten in Deutschland zu den ersten Kaliforniern, die man bedenkenlos in eine große Bordeaux-Probe stellen konnte. Sie haben Schule gemacht und sind noch heute, da Robert Mondavi tot ist und sein Imperium den Besitzer gewechselt hat, auf Weinkarten und in Weinfachgeschäften in Deutschland gut vertreten.

Unter Weinkennern ist unstrittig, dass kalifornische Cabernets die weltweit einzigen Weine sind, die großen Bordeaux’ Paroli bieten können. Sie besitzen Struktur, Tiefe, Langlebigkeit und – wenn sie gut sind – Eleganz. „Robert Mondavi ist es nie darum gegangen, die schwersten und opulentesten Weine zu erzeugen, sondern darum, das kalifornische Element so zu interpretieren, dass am Ende ein eleganter Wein entsteht, den man trotz seiner Fülle unbeschwert trinken kann.“

Robert MondaviDer einfache Cabernet Sauvignon ist das „Arbeitspferd“ des Weinguts, wie Gonzalez sagt. Ein Premium-Wein, der neben Struktur mit jener strahlenden, sauberen und unverwechselbaren Frucht brilliert, wie sie nur kalifornische Weine besitzen: Blaubeeren, Brombeeren, Maulbeeren und vor allem schwarze Johannisbeeren.

Die Reserve vom Cabernet Sauvignon war und ist der Ultra-Premiumwein des Gutes. Ein hoch konzentrierter, rarer Wein, der eigentlich viel zu billig ist, wie Gonzalez findet (Preis: ca. 120 Euro): „Wir sehen ihn nämlich in der Kategorie Chateau Latour.“

In manchen Jahren werden noch sogenannte Spotlight-Weine erzeugt:  Lagen-Weine wie die Cabernet Sauvignon „To Kalon“ und „Stag’s Leap District“ zum Beispiel – halb so teuer wie die Reserve und teilweise ähnlich grandios, wie Kalifornien-Liebhaber aus früheren Zeiten wissen. „Benchmark-Weine“ nennt Gonzalez sie. Sie werden ebenfalls in die Schlacht geworfen, wenn es gilt, sich mit anderen Weinen zu messen. Und: „Natürlich muss der Weinmacher sich selbst an ihnen messen lassen.“

Gonzalez ist 46 Jahre alt. Er spricht Spanisch, Italienisch, Französisch und Deutsch, hat die Welt bereist, schätzt Deutschland sehr – „vor allem Max Planck, Friedrich Nietzsche, BMW“. Wein war ihm nicht in die Wiege gelegt. Er hat an der University of California in Berkeley und Davis Physik und Wirtschaft studiert. Sein Talent, die feinen Unterschiede zwischen Weinen herausschmecken zu können, hat ihn bewogen, noch ein Önologiestudium dranzuhängen. Es sollte die Eintrittskarte für die große Bühne des Weins werden.

Inzwischen ist Gonzalez seit 21Jahren bei Robert Mondavi. Er hat den Aufstieg Mondavis erlebt. Hat die Zeiten genossen, in denen die Öffentlichkeit erstmals gewahr wurde, dass die kalifornischen Weine sich auf Augenhöhe mit den großen europäischen Weinen befinden. Hat das Glück ausgekostet, dass ein Wein, für den er Mitverantwortung trug, mit 100/100 Punkten bewertet wurde. Und hat die Krise durchlitten, die 2004 mit dem Verkauf des Mondavi-Imperiums an den Getränkemulti Constellation endete. „Aber der neue Eigentümer lässt uns völlige Freiheit, was das Winemaking angeht“, warnt er vor falschen Schlussfolgerungen. „Niemand redet uns rein. Das einzige, was uns fehlt, ist die Inspiration, die ‚Bob’ uns täglich gab.“

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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