Rumänien

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    Mit 247 000 ha Rebfläche ist Rumänien ein »schlafender Riese« in Europa. Im europäischen Vergleich liegt das Karpatenland an fünfter Stelle hinter Spanien, Frankreich, Italien und Portugal. Der weitaus größte Teil des Weins wird im eigenen Land getrunken. Nur ein kleiner Teil geht in den Export, im Gegensatz zu seinem Nachbarn Bulgarien. Dass Rumänien weinbaulich noch ein Entwicklungsland mit extensiver Weinwirtschaft ist, macht ein Vergleich mit Deutschland deutlich, wo die Rebfläche weniger als halb so groß ist, aber doppelt so viel Wein hervorgebracht wird. Für Pflanzenschutz und Agrarchemikalien ist in vielen Teilen des Landes kein Geld da. Rund 75 Prozent der Produktion besteht aus Weißwein. Die wichtigsten Sorten sind die Feteasca Regala und die Feteasca Alba, beides aromatische Sorten, aus denen meist restsüße, einfache Tafelweine hergestellt werden. Es folgen in der Anbaustatistik Welschriesling, Aligoté, Muskat-Ottonel, Sauvignon Blanc, Pinot Gris und Chardonnay. Bei den Rotweinen ist die Vorherrschaft der einheimischen Sorten nicht ganz so deutlich wie bei den Weißweinen. Die häufigste Sorte ist die Babeasca Neagra (zu deutsch: Großmuttertraube), dicht gefolgt von der Merlot. Danach kommen mit deutlichem Abstand Cabernet Sauvignon, Feteasca Neagra und Pinot Noir. Das Land ist in zehn verschiedene Weinanbaugebiete unterteilt. Davon ist die Moldau mit mehr als einem Drittel der nationalen Rebfläche die größte Zone. Sie liegt an der Grenze zu Moldawien und erzeugt größtenteils unkomplizierte Weiß- und Rotweine, vornehmlich aus den einheimischen Sorten. Eine Spezialität ist der weiße Süßwein Cotnari, der im 19. Jahrhundert an den europäischen Höfen mit dem Tokajer konkurrierte. Das zweitgrößte Anbaugebiet ist die Walachei, die südlich der Karpaten liegt. Sie teilt sich in zwei Großzonen: Oltenien und Muntenien. Beide zusammen produzieren mehr als ein Viertel des rumänischen Weins. Die Weinberge liegen am Fuß der Karpaten und ziehen sich bis auf eine Höhe von 700 Meter. Angebaut werden Feteasca Neagra, Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir und Burgund Mare (Blaufränkisch). Die Weißweine werden dort aus den Sorten Feteasca Alba, Feteasca Regala, Welschriesling, Muskat-Ottonel, Sauvignon Blanc und Tamaîioasa Romaneasca (Weihrauchtraube) erzeugt. Eine bedeutende Unterzone befindet sich in Munetien. Sie heißt Dealu Mare, erstreckt sich über 60 Kilometer von Poiesti nach Buzau und liefert die wohl besten Rotweine des Landes. Das Weinbauzentrum der Gegend ist die Stadt Valea Calugareasta. Das Anbaugebiet Dobrodscha liegt zwischen der Donaumündung und der Schwarzmeerküste. In dem warmen, von frischen Meeresbrisen gekühlten Klima entstehen milde Rotweine und Weißweine im mediterranen Stil. Viele werden lieblich ausgebaut. An der westlichen Grenze zu Ungarn mischen sich slawische mit alt-österreichischen Einflüssen. In diesem Gebiet, das Banat genannt wird, werden sowohl die einheimischen Feteasca-Reben in all ihren Spielarten sowie die Lokalsorte Creata (auch der »Riesling des Banats« genannt) als auch Blaufränkisch, Muskat-Ottonel, Furmint, Welschriesling, Kadarka und Portugieser angebaut. Auf dem Vormarsch sind allerdings auch hier Cabernet Sauvignon und Merlot. Die weiter nördlich, aber ebenfalls an der ungarischen Grenze gelegene Crisana mit ihrenSandböden liefert einfache Weine, über wiegend aus weißen, im Süden bei Minis jedoch auch aus roten Trauben (Kadarka). Auch Siebenbürgen stellt ein ausgesprochen interessantes Anbaugebiet dar: Die Hochebene im Karpatenbogen wird wegen ihres kontinentalen Klimas und der herb-schönen Hügellandschaft auch als das Piemont Rumäniens bezeichnet. Allerdings wird dort fast ausschließlich Weißwein produziert (aus den Sorten Feteasca Regala, Welschriesling, Sauvignon Blanc, Pinot Gris, Muskat-Ottonel, Gewürztraminer). In seinen besten Qualitäten sind die Weißweine frisch, säurebetont und fruchtig.

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    Jens Priewe
    Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.